15(Olivia)

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Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Nacht durch gemacht habe. Vielleicht, als Mark mir eröffnet hatte, dass es in unserer monogamen Beziehung noch ein paar Menschen gibt und ich vor Wut eine ganze Nacht gekocht hatte. Heute war es anders. Emma und ich saßen in ihrem Wohnzimmer und starrten beide ins Leere. Mein Vater hatte mir angeboten, mich und dann sogar uns mitzunehmen, aber das hatte sich nicht richtig angefühlt. Ich sah Emma an, dass es in ihr arbeitete. Immer wieder flüsterte sie gedankenabwesend „er ist nicht tot", doch er war es. Unerwartet und plötzlich.

Doch wenn man den Gedanken weiter spannte, so wie es mein Vater nannte, dann konnte man zu einem viel schlimmeren Schluss kommen. "Was ist mit dem Gemälde?", gab Emma im selben Moment indem ich das dachte von sich, „Ist es gestohlen?" Natürlich konnte auch etwas oder jemand anderes dahinterstecken, aber die Tatsache, dass wir erst vor Kurzem durch die Zeit gefallen waren, machte das Ganze sehr absonderlich. „Vielleicht hatte er Feinde, wir wissen es nicht", gab ich zu bedenken, um mich von der Sache mit dem Kunstwerk abzulenken, „Er war nicht immer ein angenehmer Zeitgenosse" Emma schenkte mir keine Beachtung und spielte nervös mit ihren schönen, dunklen Haaren. „Komm her", sagte ich und zog sie an mich, so dass sie nicht mehr neben mir saß, sondern auf mir, mit dem Gesicht zu mir. Ich nahm ihren Kopf in beide Hände und hielt sie einige Centimeter vor mir fest. „Es wird alles gut werden", ich fixierte ihre Augen und versuchte sie unter ihrer ganzen Nervosität zu erreichen, „Selbst, wenn es um das Gemälde geht... sie haben es... keiner weiß von uns" Ich glaubte meine Worte selbst nicht, denn tief in mir schlummerte dieselbe Sorge, die ich in ihren Augen sehen glaubte. Wir wussten Dinge über ein Gemälde, dessen Besitzer gestorben war. „Ich habe Angst", gestand sie mir und beugte sich noch etwas näher an mich. Ihr Atem strich über mein Gesicht. Sanft und angenehm, fast wie eine warme Briese. Meine Haut kribbelte und hätte sie mich nicht so voller furcht angesehen, hätte ich mich vorgebeugt. Ich verstand selbst nicht warum. Vielleicht wegen all dem Chaos, vielleicht um ein Anker zu haben, vielleicht, weil ich seit Monaten keine Küsse auf meiner Haut gespürt hatte. Ich wusste es nicht. „Was brauchst du damit es dir besser geht?", fragte ich sie stattdessen. Für einen Moment starrte sie mich irritiert an. „Emma", versuchte ich es anders," Wir können heute Nacht nichts mehr machen. Kaffeino ist tot. Es ist schrecklich, uns beiden geht es nicht gut damit. Dir wahrscheinlich schlechte, weil du ihn besser kanntest. ... Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass wir nichts daran ändern können" Eine Strähne ihres blonden Haars fiel ihr ins Gesicht und ich strich sie ihr vorsichtig hinter das Ohr. „Wir sollten uns eigentlich ausruhen... versuchen zu schlafen.. sowas", fuhr ich fort, „Also was brauchst du, um zu Ruhe zu kommen?"

Sie blieb still, ihre braunen Augen senkten sich und sie starrte auf meine Lippen. Dann hob sie den Blick und sah mich direkt an. Ich nickte. Ihr Gesicht näherte sich meinen, unglaublich langsam, als wolle sie mir noch eine Chance geben, meinen Kopf zu drehen. Aber ich tat es nicht. Stattdessen lehnte ich mich vor, ihr entgegen und vergrub meine Hand, noch bevor unsere Lippen sich trafen in ihrem Haar. Ich schmeckte sie, ich fühlte ihre warme, weiche Haut auf meiner, spürte, wie ihre Finger meinen Hals unglaublich zart entlang strichen. Schauer jagten über meinen Körper und es war, als würden tausend Blitze meinen Rücken hinab rennen. Mein Kopf drehte sich und instinktiv hielt ich sie noch ein klein wenig fester mit meinem anderen Arm, der mittlerweile um sie geschlungen war.

Irgendwann später löste sie sich atemlos von mir und musterte mich: „Du hast recht, wir sollten zumindest versuchen zu schlafen. Musst du morgen Arbeiten?" „Ich habe bis jetzt noch keine Fehltage, ich werde mich wahrscheinlich krankmelden", gab ich zu," Total übermüdet werde ich eh nichts schaffen" Also schrieb ich meine Krankmeldung und setzte eine Uhrzeit, zu der diese an meine Arbeitsstelle gesendet werden sollte. Dann machten wir uns Bett fertig. Wir redeten nicht über den Kuss, aber ich konnte mich nicht davon abhalten sie immer wieder von der Seite zu bewundern. Am meisten blieb mein Blick an ihrem Mund und den schön geschwungenen Lippen hängen. „Ich bin froh, dass du da bist", murmelte Emma wenig später in mein Haar. Wir lagen gemeinsam unter der Decke und ihr Arm war um mich geschlungen. „Ich auch", gab ich zu und drückte mich ein wenig mehr wieder an sie.

Immer duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt