Kapitel 4 - Er wird darum betteln

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„Bin ich hübsch?", fragte Louis, während er sich selbst im Spiegel musterte. Zayn legte sein Buch beiseite und sah aufmerksam zu Louis. „Was ist los?", fragte er. „Wärst du an Männern interessiert, würdest du mich dann flachlegen wollen?", fragte Louis, den Blick noch immer auf den Spiegel gerichtet. „Selbstverständlich. Du bist hübsch und liebenswert. Verrätst du mir jetzt, was mit dir los ist?", fragte er. „Warum meldet sich Harry dann nicht bei mir, wenn ich so hübsch und liebenswert bin?", fragte Louis. Es war mittlerweile vier Wochen her, dass sie sich getroffen haben. Sämtliche Nachrichten blieben unbeantwortet, was Louis langsam aber sicher zum Verzweifeln brachte.

„Hast du ihm etwa schon wieder geschrieben?", fragte Zayn. „Nur eine Nachricht, vielleicht hat er die letzte nicht bekommen", verteidigte sich Louis. „Stimmt. Die letzte Nachricht ist sicher nicht durchgegangen. Oder die davor. Oder die davor. Lou, wie oft hast du ihm geschrieben?", fragte Louis' bester Freund. „Ein paar Mal. Nicht der Rede wert. Zayn, ich werde nie wieder Sex mit jemand anderem haben können", sagte Louis mit heruntergezogenen Mundwinkeln. „Du hattest doch gestern erst Sex?", fragte Zayn mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ja, das zählt aber nicht", sagte Louis und ließ sich theatralisch zu Boden fallen.

Louis rollte sich zu Zayn und sah ihn mit einem äußerst übertriebenen Hundeblick an. „Hast du eigentlich keinen Unterricht heute?", fragte Zayn, der sich zu Louis auf den Boden legte und ihn in seine Arme zog. „Hab bis Mittag Selbststudium", sagte Louis, der Grindr auf seinem Telefon öffnete. Er wollte die App löschen, das wollte er wirklich, doch es war die einzige Möglichkeit, Harry zu erreichen. „Selbststudium also. Du solltest die App löschen, Harry wird sich nicht mehr melden", sagte Zayn. Louis wusste, dass er recht hatte. Aber er hasste es, denn es kratzte sehr an seinem Selbstbewusstsein. Louis war es, der entschied, wann eine zwischenmenschliche Beziehung eingegangen und wann diese wieder beendet wird. Nicht sein Gegenüber. Verfluchter Harry, dessen Profil er überhaupt nicht mehr finden konnte.

„Sein Profil ist weg", sagte Louis. „Guter Zeitpunkt, um aufzugeben", sagte Zayn. Warum eigentlich nicht, dachte sich Louis. Harry hatte ihn runtergezogen, hatte an seinem mühselig aufgebauten Selbstwertgefühl gekratzt. Louis wusste nicht, warum sich die Situation so entwickelt hat, denn er hatte noch nie besseren Sex. Vielleicht sah Harry das anders. Vielleicht wollte er deswegen nichts mehr mit Louis zu tun haben. „Was, wenn ich eine Niete im Bett bin und es einfach nicht weiß?", fragte Louis, den der Kontaktabbruch auch nach vier Wochen nicht vollständig kalt zu lassen schien. „Das werde ich dir definitiv niemals beantworten können", sagte Zayn und richtete sich vom Boden auf.

Sie spielten gemeinsam eine Runde FIFA, die Louis für sich entscheiden konnte. Das konnte er immer, denn er war ein Profi. Zayn seufzte genervt. „Wenn du so gut ficken kannst, wie du FIFA spielst, bist du definitiv keine Niete im Bett", scherzte Zayn. „Willst du es testen?", fragte Louis und wackelte mit seinen Augenbrauen, während er sich auf den Schoß seines besten Freundes setzte. „Lieber sterbe ich unwissend", sagte Zayn, der Louis unsanft von seinem Schoß stieß. „Sowas nennt sich bester Freund", murmelte Louis, gefolgt von einem kleinen Lachen.

Nach einer ausgiebigen Mittagspause begab Louis sich in Richtung des Vorlesungssaals. Er nahm seinen üblichen Platz ein und wurde zum wiederholten Male von seiner Banknachbarin gemustert. „Du siehst ziemlich durch den Wind aus, ist was passiert?", fragte Liz, warf währenddessen ihre langen roten Locken über die Schulter. „Nein, nichts passiert. Hast du die Aufgaben fertig?", fragte Louis. Er wusste, dass Liz Interesse an ihm hatte. Auch wenn sie wusste, dass es auf Einseitigkeit beruhte, nutzte Louis ihren Fleiß hin und wieder für seine Zwecke. Liz zog ihre Unterlagen hervor und Louis begann sofort, sie abzuschreiben.

Politische Bildung fiel in den letzten Wochen aus, da der Professor einen kleinen Sportunfall hatte und sich das Kreuzband gerissen hat. Die Universität hatte sich um einen Ersatz bemüht und Louis wollte nicht der sein, der bereits am ersten Tag negativ auffiel, nur weil er die Aufgaben nicht erledigt hat. Vollkommen in seinen Unterlagen vertieft, bemerkte er das Eintreten des Professors nicht.

„Guten Tag. Wie ihr wisst, wird Professor Payne vorübergehend keine Vorlesungen abhalten können. Aus diesem Grunde werde ich in den kommenden Wochen für ihn einspringen", sagte er. Louis ließ vor Schreck seinen Stift fallen, als er den Klang der Stimme wahrnahm. Er blickte von seinen Unterlagen auf und konnte Harry dabei beobachten, wie dieser seinen Namen an die Tafel schrieb. „Ich bin Professor Styles und freue mich, bei Ihnen sein zu dürfen", sagte er und blickte in die Gesichter der Studenten. Louis' gesamte Haut wurde vollständig mit einer unangenehmen Gänsehaut überzogen. „Fuck", murmelte er vor sich hin. „Was ist los?", fragte Liz.

Louis war nicht fähig zu sprechen, sein Blick vollständig auf Harry fixiert, bis dieser in seine Richtung schaute. Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor Harry's Blick weiter durch die Studenten glitt. Schlagartig erstarrte Harry in seinen Bewegungen und sah erneut zu Louis. Sein Blick war beinahe emotionslos, als würde er nicht einmal mehr wissen, dass sie Sex hatten. Dreimal. Harry schien derart unbeeindruckt, dass es Louis' Selbstbewusstsein erneut einen Stich versetzte. Er nahm sich noch während der Vorlesung vor, seine vergangenen Geschlechtspartner um eine Bewertung ihrer gemeinsamen Zeit zu bitten.

Die Vorlesung war schnell vorbei. Harry war hochgradig professionell und wirkte deutlich kompetenter als Liam Payne. Die Vorlesung wäre unter Umständen extrem aufschlussreich gewesen, wenn Louis ihr wenigstens für einen Moment hätte folgen könnte. Doch Harry's gesamte Präsenz machte dies nahezu unmöglich. Louis war gerade im Begriff, den Vorlesungssaal zu verlassen, blickte währenddessen nicht einmal zu Harry. Er wollte drüber stehen, wollte Harry nicht zeigen, dass er Zweifel in ihm gesät hat.

„Mr. Tomlinson, könnte ich Sie kurz in meinem Büro sprechen?"

Louis blieb vor Harry's Schreibtisch stehen und drehte sich zu ihm. Mit einem kurzen Nicken bestätigte Louis seine Gesprächsbereitschaft und folgte Harry in das kleine angrenzende Zimmer. Louis war nervös, als sich die Tür hinter ihnen schloss. „Seit wann weißt du, dass du hier unterrichten wirst?", fragte Louis sogleich. „Ich habe den Anruf bekommen, als Sie meine Wohnung verlassen haben", sagte Harry. Louis zog seine Augenbrauen zusammen. „Sie? Wir sind allein hier, wieso siezt du mich?", fragte Louis.

„Weil Sie, Mr. Tomlinson, mein Student sind", sagte Harry. Er blieb vor Louis stehen und musterte ihn. Es war kein Verlangen in seinem Blick, vielmehr hinterließen seine Blicke bei Louis ein unangenehmes Gefühl. „Klar, dann ignorieren wir einfach, dass wir gevögelt haben", sagte Louis mir vor dem Körper verschränkten Armen. „Ein Fakt, den ich definitiv ignorieren werde. Und es wäre in meinem Interesse, wenn Sie dies ebenso tun würden", sagte Harry viel zu förmlich für Louis' Geschmack. „Harry...", begann Louis. „Professor Styles", korrigierte dieser jedoch unvermittelt. „Okay. Professor Styles", sagte Louis und formte bei der Betonung des Namens kleine Gänsefüßchen mit seinen Fingern.

„Hast du dich deswegen nicht gemeldet?", fragte Louis. „Entschuldige bitte die Umstände, aber in der Tat ist dies der Grund gewesen. Niall hat mir erzählt, dass du in dieser Universität studierst. Wenn wir die Nacht also bitte vergessen könnten, könnte ich mich etwas besser auf den Vorlesungsinhalt konzentrieren", sagte Harry weit weniger förmlich als zuvor. „Hat dir die Nacht gefallen?", fragte Louis weiter und brachte Harry sichtlich aus dem Konzept. „Was? Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich habe dir eine Frage gestellt", sagte Louis. „Ja, Louis. Die Nacht hat mir gefallen. Aber sie wird unter keinen Umständen wiederholt werden", sagte Harry. „Das werden wir noch sehen", sagte Louis und verließ mit dieser Aussage das Büro und ließ den verwirrten Lockenkopf nach Luft japsend stehen.

„Zayn?", rief Louis, als er mit Schwung die Tür zu ihrem gemeinsamen Zimmer aufschlug. Zayn spielte gerade allein FIFA und ließ den Controller sinken, als er seinen aufgeregten Mitbewohner sah. „Was ist denn mit dir passiert?", fragte er. „Harry ist passiert. Er ist mein Gast - Professor", sagte Louis. „Nicht dein Ernst?", fragte Zayn mit hochgezogenen Augenbrauen. „Und wie das mein Ernst ist. Und er will die Nacht nicht wiederholen", beschwerte sich Louis. „Und du willst es nicht akzeptieren?", fragte Zayn, der Louis besser als jeder Mensch kannte. „Natürlich nicht. Scheiß auf seine Prinzipien. Wenn ich mit ihm fertig bin, wird er darum betteln", sagte Louis fest entschlossen.

Fuck Me, Prof. | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt