Kapitel 20 - Du tust mir gut

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„Los jetzt, steh auf", sagte Zayn zum wiederholten Male und zog Louis die Decke vom Körper. „Lass mich im Selbstmitleid baden!", fuhr Louis ihn an. „Du hast gleich eine Vorlesung bei Harry", sagte Zayn, der sich neben Louis auf das Bett setzte und durch seine Haare streichelte. „Ich will Harry nicht sehen. Ich kann doch schlecht mitten in der Vorlesung anfangen zu heulen wie ein kleiner Junge", gab Louis zu bedenken. „Es gibt zwei Varianten. Du lässt dich hängen und gibst auf oder du reißt dich zusammen und du holst dir deinen Mann wieder", sagte Zayn leise. „Er will mich nicht mehr sehen. Er hasst mich", sagte Louis und kletterte aus dem Bett, um sich seine Decke zurückzuholen und sich wieder in diese einzuwickeln.

Zayn zog die Decke sofort wieder von seinem Körper. „Zieh dich jetzt an und geh zur Vorlesung!", forderte Zayn ihn auf. Louis kam der Aufforderung nur zögerlich nach. Er brauchte eine halbe Ewigkeit, um sich seine Kleidung anzuziehen, doch ehe er sich versah, saß er neben Liz im Vorlesungssaal. Mit verquollenen Augen und tiefen Augenringen schweifte sein Blick zu Boden. „Was ist passiert? Du siehst scheiße aus", sagte Liz. „Mir geht es nicht gut", flüsterte Louis. „Hast du scheiße gebaut?", fragte sie weiter. Louis nickte zögerlich. Ja, das hatte er. Er hatte ziemlich große Scheiße gebaut.

„Guten Morgen, liebe Studenten", hörte er seinen ehemaligen Professor Liam Payne sagen. Sein Kopf schellte nach oben. Wo war Harry? Seine Hand schoss nach oben. „Mr. Tomlinson?", fragte Professor Payne. „Entschuldigen Sie, es ist natürlich schön Sie wiederzusehen, aber wo ist Professor Styles?", fragte Louis. „Professor Styles wird künftig nicht mehr an dieser Universität unterrichten", sagte er kurz und knapp, widmete sich sofort wieder seinem Tafelbild. „Oh, du hast so große Scheiße gebaut?", fragte Liz leise. „Fuck!", rief Louis und sprang von seinem Platz auf. „Mr. Tomlinson?", fragte der Professor erneut. „Ich muss was erledigen. Sorry", entschuldigte Louis sich halbherzig und stürmte nach draußen.

Er lief direkt in die Arme des vor dem Saal wartenden Dekan. „Mr. Tomlinson, begleiten Sie mich bitte in mein Büro", sagte er ernst und deutete Louis, ihm zu folgen. Louis' Herz schlug schnell, seine Atmung war unkontrolliert und das Schlucken blieb ihm beinahe im Hals stecken. Er hatte doch lediglich ein paar Vorlesungen geschwänzt, niemals hätte das für ein Gespräch beim Dekan reichen dürfen. Was sollte seine Mutter denken? Seine Noten waren abgesehen davon hervorragend. „Sir, worum geht es?", fragte er den Dekan auf dem Weg in dessen Büro, erhielt jedoch keine Antwort.

Louis setzte sich mit zitternden Gliedmaßen auf den Stuhl vor dem viel zu großen Schreibtisch im Büro des Dekan. „Mr. Tomlinson. Sie waren Student bei Professor Styles?", begann er. Louis nickte, während sich eine unangenehme Gänsehaut auf seinem Körper verbreitete. „Uns wurde ein Bild zugesendet, welches wir unmöglich ignorieren können", fuhr der Dekan fort und schob Louis ein weißes Papier zu. Louis nahm es und drehte es zögerlich um.

Das Bild zeigte ihn und Harry vor der Abreise nach Doncaster. Sie küssten sich auf dem Bild und beide Personen waren zweifelsfrei identifizierbar. „Es geht um den Vorwurf des sexuellen Übergriffes zu Lasten von Professor Styles", sagte er. Louis sprang sofort vom Stuhl auf. „Nein! Es war kein Übergriff!", sagte Louis mit erhobener Stimme. „Mr. Tomlinson, setzen Sie sich sofort wieder hin", sagte der Dekan ernst. „Professor Styles hat sich falsch verhalten. Unter Ausnutzung seiner Stellung an dieser Universität ist er eine Bindung mit einem Studenten eingegangen. Er wurde mit sofortiger Wirkung suspendiert. Über eine Entlassung wird im Rahmen eines Disziplinarverfahrens entschieden", sagte der Dekan ruhig, als würde er nicht gerade über das Schicksal eines Lebens reden.

„Sir, bei allem Respekt. Ich habe Professor Styles kennengelernt, bevor er an dieser Universität eingesprungen ist. Zudem bin ich volljährig. Mich allein trifft die Schuld, denn er wollte unser Verhältnis umgehend beenden", versuchte Louis sich zu rechtfertigen. „Das bringt mich zum nächsten Punkt der Tagesordnung. Bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens sind Sie ebenso suspendiert. In Begleitung des Sicherheitsdienstes werden Sie Ihre Tasche packen. Bis auf weiteres haben Sie Hausverbot", sprach er weiter. „Aber ich wohne hier. Ich habe keine eigene Wohnung. Was ist mit dem Studium? Ich habe nächste Woche Prüfungen", sagte Louis. „Dann müssen Sie sich um eine andere Unterkunft bemühen. Das Hausverbot gilt mit sofortiger Wirkung. Die Prüfungen werden Sie nachholen, sofern zu Ihren Gunsten entschieden werden sollte", sagte der Dekan und stand auf.

Alle Versuche von Louis, noch etwas zu sagen, schlugen fehl. Das Gespräch war beendet und Louis' Leben lief gerade den Bach hinunter. An der Seite eines Sicherheitsmitarbeiters betrat er sein Unterkunftszimmer und packte das Nötigste zusammen. Er schrieb Zayn eine Nachricht, bevor er die Universität verließ. „Fuck!", schrie Louis so laut, dass sich alle unbeteiligten Personen zu ihm drehten. Ohne wirklich über den nächsten Schritt nachzudenken, nahm er seine Tasche und stieg in die Bahn zur Tower Bridge. Er musste unbedingt zu Harry, ob der es nun wollte oder nicht.

Er klingelte Sturm an der Wohnungstür, bis diese erst nach mehreren Minuten aufgerissen wurde. „Was!", fuhr Harry ihn an. Harry's Augenringe waren tief, die Augen ebenso gerötet wie die von Louis. Der einzige Unterschied war die halbgeleerte Flasche Schnaps in Harry's Hand und der deutliche Alkoholgeruch aus seinem Mund. „Was tust du?", fragte Louis irritiert. Es war gerade 10:00 Uhr morgens und Harry war sichtlich alkoholisiert. Er stützte sich am Türrahmen ab, nur um nicht umzufallen. „Das geht dich nichts an. Verschwinde hier, in Doncaster gibt es bestimmt einige Menschen, die sich über dich freuen werden", lallte Harry.

Louis ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen, schob Harry zur Seite und betrat seine Wohnung. „Louis, was willst du hier?", fragte Harry aufgebracht. Louis nahm sich eine Flasche Wasser aus der Küche und ging zu Harry, um ihn auf dem Weg zur Couch zu stützen. „Louis, ich will dich nicht hier haben", sagte er, doch erreichten diese Worte Louis nur akustisch. Er setzte sich auf die Couch und zog Harry mit sich. Die ernste Miene verschwand und er brach in Tränen aus, ließ seinen Körper sinken und wurde von Louis in seine Arme gezogen.

„Es tut mir so leid, Harry. Ich will nur dich. Ich will niemand anderen. Du bist der erste Mensch, der mich wirklich interessiert. Nur du", sagte Louis, dem die Tränen ebenso unaufhörlich durch das Gesicht liefen. „Louis, mir wird sexueller Missbrauch vorgeworfen", schluchzte Harry. „Wir kannten uns vorher. Ich bin volljährig. Du hast nie etwas gemacht, was ich nicht wollte", sagte Louis aufgeregt. „Ich verliere meinen Job, Lou", lallte er, während sein Tränenfluss kein Ende nahm. „Harry, wir schaffen das. Zusammen schaffen wir das", sagte Louis. „Was machst du überhaupt hier? Liam ist wieder da, du hast Vorlesung", sagte Harry.

Louis atmete tief durch. „Ich wurde suspendiert", gestand er. Augenblicklich richtete Harry sich auf. „Du bist was? Louis, das geht nicht. Du darfst dein Studium nicht wegen mir aufs Spiel setzen. Wir müssen das richtigstellen und sofort beenden", sagte Harry. „Nein!", fuhr er Harry an. „Ich bin zum ersten Mal wirklich glücklich. Ich genieße jeden Augenblick mit dir. Du kannst das jetzt nicht wegwerfen", stammelte Louis mit zitternder Stimme. „Das tut uns beiden nicht gut, Lou", sagte Harry, der sanft über Louis' Wange streichelte. „Es tut mir sogar sehr gut. Du tust mir gut", flüsterte Louis.

„Das ist falsch", flüsterte nun Harry, der sich Louis immer mehr entgegen lehnte. „Dafür fühlt es sich aber ziemlich richtig an", erwiderte Louis und presste seine Lippen auf die von Harry. „Bitte verzeih mir das mit den Nummern. Du bist der einzige wichtige Mann in meinem Leben", sagte Louis selbstsicher. „Lass das bloß nicht Zayn hören", sagte Harry, dessen Mundwinkel etwas nach oben gingen. Louis zog ihn in seine Arme und so weinten sie sich mehrere Minuten beieinander aus.

Nachdem sie sich etwas beruhigen konnten, richtete sich Harry wieder auf. „Und was machen wir jetzt?", fragte er. „Wir müssen sie davon überzeugen, dass es nicht das ist, wonach es aussieht", sagte Louis. „Und wie willst du das anstellen?", fragte Harry weiter. „Wir haben noch viel Zeit, das herauszufinden, denn wir haben schließlich beide erstmal nichts zu tun. Ich wohne jetzt hier", legte Louis fest. „Du wohnst jetzt hier?", fragte Harry. „Entweder das oder ich bin obdachlos", sagte Louis mit vor dem Körper verschränkten Armen und lachte leise. „Das ist zwar emotionale Erpressung, aber Willkommen in deiner neuen Wohnung", sagte Harry, der ihre Lippen miteinander verband.

„Schaffen wir das wirklich?", fragte Harry irgendwann, denn ihre Zukunft war momentan absolut ungewiss. „Ich hoffe es", sagte Louis. „Danke, dass du hier bist. Noch ein Schluck Schnaps und ich hätte mich vermutlich den Rest des Tages übergeben", sagte Harry, seinen Kopf in Louis' Halsbeuge vergraben.

Fuck Me, Prof. | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt