Kapitel 4

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Gemeinsam betraten wir den Kunstraum. Zum Glück hatten wir noch einen Abstecher zu den Toiletten eingelegt, so hatte ich die Möglichkeit, mein Gesicht wieder halbwegs normal aussehen zu lassen und wir konnten uns umziehen. Und es war immer noch vollkommen verrückt uns anzusehen. Das Kleid, das ich anhatte, war wunderschön und passte mit den verschiedenen Blautönen perfekt zu meinen langen goldbraunen Haaren. Es sah fast aus wie im Märchen. Die vielen kunstvollen Details und Muster ließen es magisch wirken. Das Korsett zwickte zwar hier und da, betonte meinen Körper aber perfekt. Es war mir schon fast ein wenig unangenehm so rumzulaufen, obwohl ich ja genau so aussehen sollte. Trotzdem versteckte ich mich ein wenig hinter Kian, auch wenn das ziemlich Albern war, schließlich war mein Rock eh viel zu breit ausgefächert, als dass ich mich hätte verstecken können. Wenigstens lief ich nicht als einzige so rum. Kian vor mir trug einen schwarzen Anzug und als ich ihn eben ansah, kamen mir fast die Tränen vor Lachen. Auch wenn ich zugeben musste, dass er verdammt gut in dem Ding aussah. Ich wendete schnell den Blick ab. Miss Morsen hatte uns grade entdeckt und kam erleichtert auf uns zu. „Auf in die Höhle des Löwen, Darling.", flüsterte Kian dicht an meinem Ohr. Trotz allem konnte ich nicht verhindern, dass mir ein Schauer den Rücken runter lief. Reiß dich zusammen, er ist ein Arsch. Zum Glück erschien in dem Moment Miss Morsen vor uns: „Sage Austen, Kian Thomsen, ich fordere eine Erklärung!" Vielleicht war es also doch kein Glück. Ich wollte grade etwas erwidern, doch Kian kam mir zuvor: „Entschuldigen Sie, wir wollten uns nur kurz frisch machen und uns umziehen. Außerdem mussten wir noch kurz was klären, kommt nicht wieder vor, Miss Morsen." „Das will ich hoffen. In meinem Kurs kann nicht einfach jeder machen, was er will. Außerdem müssen wir uns jetzt überlegen, wie wir das mit deinem Gesicht wieder hinbekommen, Junge." Augenblicklich lief ich, immer noch halb hinter Kian versteckt, knallrot an. Warum hatte ich ihn auch schlagen müssen? Zumindest erschien in dem Moment Sarah, sodass ich nicht antworten musste. Sie reichte mir ein in Tücher eingewickeltes Kühlpack und sah mich bittend an: ,,Da ihr euch ja wieder vertragen habt, kannst du ja für Kian das Kühlpack halten, während wir und überlegen, wie er stehen muss, damit man deinen Handabdruck nicht sieht." Will sie mich verarschen? Ich soll ihm ein Kühlpack ins Gesicht halten? Ich starrte sie einen Moment wortlos an, bevor ich mich fing. „Natürlich.", murmelte ich. Auf gar keinen Fall würde ich jetzt ausflippen. Die Genugtuung würde ich niemandem geben.

Die nächste halbe Stunde kam mir vor wie tausend Jahre. Kian saß auf einer Bank, auf der wir fürs Foto posieren sollten und ich hielt ihm daneben ein Kühlpack an die Wange, obwohl meine Hände schon halb taub waren. Um uns herum liefen die anderen Schüler und versuchten eine halbe Ewigkeit den Richtigen Winkel zu finden, bei dem wir beide möglichst natürlich auf der Bank sitzen konnten ohne, dass man den Abdruck auf Kians Wange sah. „Ich finde wir sehen aus wie ein wundervolles Pärchen!" sagte er grade zu mir und klimperte mit den Wimpern. „Verarsch mich nicht. Bis heute haben wir so gut wie nie auch nur ein Wort miteinander gewechselt.", gab ich augenrollend zurück. „Aber du hast mich die ganze Zeit über schon angeschmachtet." Ich konnte nicht verhindern das meine Mundwinkel nach oben zuckten: „Angeschmachtet? In welchem Jahrhundert sind wir?", gab ich zurück. „Momentan im 19. Darling.", antwortete er mit amüsiertem Blick. Ich rollte erneut mit den Augen. „Hör auf mich dauernd Darling zu nennen. Ich fühle mich ja schon wie eine über vierzigjährige Ehefrau." „Ich konnte ja nicht wissen, dass du in deinen Träumen schon unsere Hochzeit planst, Darling.", gab Kian grinsend zurück. „Tut mir leid, selbst in meinen Träumen habe ich besseres zu tun" Genervt sah ich mich um. Wie lange dauerte das denn noch? Wie als hätte Gott mich erhört erklang ein Klingeln. Doch anders als in meinen Träumen war es nicht der Schulgong, sondern Kians Handy. Er warf einen kurzen Blick aufs Handy, allerdings konnte ich nicht erkennen welcher Name auf dem Display erschien. Es war aber scheinbar wichtig, denn in diesem Moment erstarrte Kian neben mir. Er saß ein paar Sekunden reglos da, bevor er ruckartig aufstand und Richtung Tür lief, das Handy schon halb am Ohr. Durch sein plötzliches aufspringen war mir das Kühlpack aus der Hand gefallen und ich bückte mich, um es aufzuheben, während Miss Morsen und ein paar andere Schüler auf mich zukamen und mich verwirrt und auch ein wenig genervt ansahen. „Entschuldigt der Anruf war sehr wichtig, Kian kommt gleich zurück." Damit schienen sie sich zufrieden zu geben und widmeten sich anderen Aufgaben, bis er wieder kam und wir fortfahren konnten. Ich hörte Miss Morsen noch was murmeln, dass sich verdächtig nach: „So werden wir doch nie fertig" und „Die denken auch sie können sich alles erlauben" anhörte. Ich hoffte inständig, dass Kian bald zurückkehren würde.

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