21. Training - Aiko

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Kurz sah Sayuri verwirrt aus.
„Dunkle Magie?"
Sie sah mich an und ihr schien ein Licht aufzugehen.
Sie lächelte.
„Oh Aiko, das ist doch keine dunkle Magie."
„Was soll es denn sonst sein?"
„Die Magie des Todes."
„Hört sich für mich stark nach dunkler Magie an."
„Ist es aber nicht. Wie du schon gut erkannt hast, ist der Tod auch nur ein Teil des Lebens. Nichts am Tod oder deiner Magie ist böse."

Ich schwieg für eine Weile.

„Wirklich?"
„Ja. Vielleicht war es auch ein kleiner Fehler deines Vaters."
„Was war ein Fehler meines Vaters?"
„Dir beizubringen, dass deine Magie böse ist."
„Er...hat mir das nicht beigebracht..."
Sayuri sag etwas verwirrt aus.
„Er hat oft versucht, mich zu überzeugen, dass meine Magie völlig normal ist. Aber ich habe ihm nicht geglaubt. Ich dachte...er würde mich anlügen...", gestand ich.
„Oh..."
Ich hatte es geschafft. Sayuri hatte es die Sprache verschlagen.

„Es war schon seine Schuld", sagte jemand neben mir.
Überrascht drehte ich mich zu dieser Person.

Vor mir stand eine Frau, die - genau wie Sayuri - aussah wie 18. Ich schätzte sie allerdings eher auf über 1.000. Sie war der perfekte Kontrast zu meinem Aussehen. Ihre schwarzen Haare zu meinen weißen. Ihre blauen Augen zu meinen lilanen. Und ihre weißen Hörner zu meinen schwarzen.

„Warum sagst du das, Shuka?", fragte meine Tante.
Ihr Name war also Shuka. Gut zu wissen.
„Wenn Ayame sich nicht in den König - damals noch Prinz - des Zauberwaldes verliebt hätte, wäre Aiko hier aufgewachsen und Ayame wäre noch am Leben."
„Es war nicht seine Schuld."
„Hätte er sie nicht mit seinen wunderschönen silbernen Augen um seinen Finger gewickelt, wäre unsere Schwester noch am Leben."
Natürlich. Ich hätte mir denken können, dass auch Shuka meine Tante war.
„Ich erinnere mich noch gut daran wie Ayame über seine Augen geschwärmt hat. Oder seine goldblonden Haare", sagte Sayuri mit einem traurigen Lächeln.
„Ja. Und ohne ihn, wären wir nicht in diesem Schlamassel", blaffte die Schwarzhaarige.

Ich konnte nur mit offenem Mund zuhören.

„Liebe kann man nicht kontrollieren."
Liebe."
Sie spuckte das Wort aus, als wäre es ein Schimpfwort.

„Shuka."
Sayuris Stimme wurde strenger.

Die angesprochene schaute nun mich an und ihr Blick wurde weicher.
„Du bist das Ebenbild deiner Mutter."
Ich lächelte.

Shuka sah wieder ihre Schwester an.
„Wir müssen sie trainieren."
„Da hast du wohl recht."
Fragend schaute ich zwischen den beiden hin und her.
„Wenn du nicht weißt wie du deine Magie kontrollieren kannst, könnte sie außer Kontrolle geraten."

Ich erinnerte mich nur zu gut an die Unfälle mit meiner Magie.
„Das ist schon längst passiert", sagte ich nüchtern.
Meine Tanten sahen nicht allzu überrascht, dennoch besorgt aus.
„Ich kann's kaum erwarten."
Ich war mir selbst nicht sicher ob ich das ernst oder sarkastisch meinte.

Wenig später standen wir, in engen Anzügen mit viel Bewegungsfreiheit, in einem großen Raum. In diesem Raum waren zwei Kampfplätze, eine Reihe von Zielscheiben, ein großer Waffenschrank, eine Laufbahn und seltsame Ringe, die in der Luft schwebten. Ich fragte mich wofür die wohl waren, hatte jedoch nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn Shuka fing an, mir den Trainingsplan zu erklären.

„Wir fangen mit fünf Bahnen Joggen an. Zum Aufwärmen. Dann machen wir weiter mit Schwertkampf. Hast du schon mal mit einem Schwert gekämpft?"
Ich nickte.
„Ich dachte eigentlich ihr wollt meine Magie trainieren. Warum machen wir Schwertkampf?"
„Um deine Magie ordentlich kontrollieren zu können, musst du ihr vertrauen. Dazu musst du erstmal dir selbst vertrauen."
„Mir selbst vertrauen..."
„Lass uns anfangen."

Shuka joggte los und ich joggte ihr hinterher.

Nach den fünf Bahnen holte Shuka ein Schwert aus dem Waffenschrank. Der Griff war mit einer Narzisse verziert.
Mir gab sie eines, das mit einer Rose verziert war.

„Es ist wunderschön."
„Es gehörte deiner Mutter."
Die Trauer in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

Wir begaben uns zu einem der Kampfplätze und stellten uns gegenüber voneinander auf. Auch wenn ich immer schon gut gewesen war beim Schwertkampf, war ich nervös. Schließlich würde ich gegen meine Tante kämpfen, die 1. stärker und mächtiger war als ich und 2. ein paar hundert Jahre mehr Übung gehabt hatte.

Das Schwert in meiner Hand fühlte sich plötzlich sehr schwer an. In der Halle war es still, zu still. Diese Stille machte mich nur noch nervöser.

Wir nahmen die Grundstellung ein und ließen uns gegenseitig nicht aus den Augen.

Ohne Vorwarnung stürmte Shuka auf mich zu. Das Klirren unserer aufeinander treffenden Klingen hallte von den Wänden wider. Meine Tante war stark, doch ich schaffte es ihren Angriff abzuwehren. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, machte jedoch dem ernsten Ausdruck schnell wieder Platz. Ich führte einen schnellen Hieb von der Seite aus, doch sie parierte diesen mit Leichtigkeit. Wir kämpften weiter und Shuka gewann schnell die Oberhand. Sie zwang mich weiter zurück. Ich spürte den Druck auf meiner Klinge, als Shukas mit voller Wucht darauf stieß. Schritt für Schritt wich ich zurück, bis ich am Rand des Platzes stand.

Mein Atem ging stoßweise und meine Arme zitterten unter der Wucht von Shukas Angriff.

Ihre Worte von vor dem Training schossen mir durch den Kopf.
Du musst dir selbst vertrauen.

Ich atmete tief durch und schaltete meinen Kopf aus.
‚Nicht zu viel drüber nachdenken', dachte ich.

Ich überließ meinem Instinkt die Kontrolle. Ich hörte auf gegen das Schwert meines Gegenüber zu drücken und rollte mich zur Seite. Shukas Schwert schlug dort auf den Boden auf wo ich eben noch gestanden hatte.

Ich sprang auf die Füße und nutzte den Moment der Überraschung. Mit einem schnellen, gezielten Hieb schlug ich auf ihre Schwerthand. Das Schwert meiner Tante flog durch die Luft und landete mit einem lauten Klirren auf dem Boden. Shukas Augen weiteten sich vor Überraschung, sie lächelte jedoch anerkennend.
„Genau wie deine Mutter."

Ich lächelte zurück.

„Das reicht für heute", sagte Shuka.
„Moment mal."
Ich schaute mich um. Bis eben hatte ich noch gar nicht bemerkt, dass Sayuri gegangen war.
„Wo ist Sayuri?"
„Oh, die musste noch was erledigen. Jetzt komm. Zeit fürs Abendessen."

Wie auf Kommando knurrte mein Magen, was meine Tante zum lachen brachte.
„Na los. Lassen wir deinen Magen nicht länger warten."

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Tut mir leid, dass es gestern nicht gekommen ist. Ich hab's heute leider erst beendet. Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen 🫶🏻
Schöne Woche euch noch 🩵

Die falsche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt