32. Vollmond - Hina

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Nachdem wir Hayato, mit einem weiteren Schlag ins Gesicht, aufgeweckt hatten, packten wir unsere wichtigsten Sachen in zwei Rucksäcke und machten uns aus dem Staub.

Keine Minute zu früh. Denn kurz nachdem wir das Haus verlassen hatten, hörten wir Hufgeklapper hinter uns.

Ichiro und ich trugen wieder unsere Mäntel und Hayato hatte sich in eine Taube verwandelt und flog uns unauffällig hinterher.

„Wohin gehen wir eigentlich?", fragte ich.
„Du

Rth ja wirst schon sehen."
Ok?, dachte ich und vertraute ihm einfach.

Nach einer Weile blieb Ichiro vor einem Haus stehen und klingelte. Kurz darauf öffnete Kaito die Tür und schaute uns überrascht an. Ichiro nahm seine Kapuze ab.
„Kommt rein", forderte Kaito uns auf.
Hayato landete neben uns und verwandelte sich zurück, was Kaito erschreckte.
„Sie sind..."
Richtig. Er wusste noch gar nicht, dass wir uns mit Aiko und Hayato angefreundet hatten.
„Wir erklären es dir gleich", sagte Ichiro.
Kaito nickte perplex und ließ uns rein.

Wir ließen unsere Schuhe und Mäntel an der Tür und Kaito führte uns ins Wohnzimmer. Das Wohnzimmer war recht klein, aber gemütlich eingerichtet. Der Boden bestand aus dunkelbraunem Laminat, die Wände waren weiß gestrichen, an der einen Wand stand ein gelbes Sofa, an der anderen ein Fernseher auf einem Fernsehtisch, unter dem Sofa lag ein flauschiger weißer Teppich und überall im Raum standen Pflanzen in Töpfen.

„Setzt euch", forderte Kaito uns auf.
Wir setzten uns auf das Sofa und Ichiro zog mich auf seinen Schoß - um Platz für Kaito zu machen, wie er behauptete -. Dieser setzte sich zu uns.

„Also", begann er, „Warum seid ihr hier? Warum wurde im Fernsehen gesagt, dass ihr beim Schloss wart und Prinzessin Aiko Kurayami entführt habt? Und warum ist ihr Freund bei euch?"
Wow. Das waren ziemlich viele Fragen auf einmal.
Ich setzte zu einer Antwort an, doch Ichiro kam mir zuvor.
„Wir wurden gefunden."
„Was?"
„Dieser Idiot von Held hat unser Haus gefunden."
Er spuckte das Wort Held aus, wie eine Beleidigung.
Kaitos Augen weiteten sich.

Er und Takumi hatten einst zusammen gearbeitet. Bevor er Ichiros Schüler wurde, war er Takumis Assistent. Ich kannte die Geschichte nicht, doch ich konnte mir denken, was passiert war. Basierend auf dem Groll, den Kaito gegen den Mann hegte, wurde er auch nicht gerade gut von ihm behandelt.

„Um deine anderen Fragen zu beantworten", setzte ich an. „Wir waren tatsächlich beim Schloss, haben Aiko aber nicht entführt. Und jetzt versuchen wir, sie zu finden." 
„Hmm... Ich verstehe. Aber was habt ihr überhaupt mit ihr zu tun?"
„Wir haben uns mit ihr und Hayato angefreundet, als wir beim Schloss waren."
„Und warum wart ihr beim Schloss?"
Ich zögerte für einen Moment. Sollte ich es ihm erzählen?

Ich entschied mich schließlich dafür. Im letzten  Jahr hatte ich ihn besser kennen gelernt und ich würde uns schon als Freunde bezeichnen.
„Ich wollte etwas über meine Großmutter herausfinden."
„Deine Großmutter?"
„Das ist eine Geschichte für ein anderes Mal."
Kaito nickte.

„Also wollt ihr jetzt erstmal hier bleiben?", fragte er.
Ichiro nickte.
„Wenn das für dich okay ist."
„Na klar. Ich habe allerdings nur ein Gästezimmer."
„Das ist kein Problem", meinte Hayato. „Ihr beide könnt ins Gästezimmer."
„Sicher?", fragte ich.
„Ja. Ganz sicher."
„Gut", sagte Kaito, „dann wäre das ja geklärt."

„Ja. Sollen wir dann jetzt weiter an unserem Plan arbeiten?", schlug ich vor.
Ichiro und Hayato stimmten mir zu und Kaito verließ das Zimmer mit den Worten: „Ich muss noch was erledigen.

Abends lag ich mit Ichiro im Bett in Kaitos Gästezimmer. Er hatte die Arme um mich geschlungen und die Augen geschlossen - ich konnte nicht genau sagen, ob er schlief oder nicht -. Ich betrachtete sein friedliches Gesicht und dachte über den heutigen Tag nach.

Wir hatten einen Stadtplan ausgedruckt und alle Orte, an denen Aiko sein könnte, mit einem Kreis und alle Orte, an denen sie nicht sein könnte, mit einem X markiert. Das war schonmal ein Anfang, fand ich.

„Es ist spät, Hina", sagte Ichiro plötzlich - also schlief er offensichtlich nicht -. „Hör auf so viel nachzudenken und schlaf."
Ich seufzte, konnte aber ein Gähnen nicht unterdrücken, was mein Freund mit einem Lächeln quittierte.
„Siehst du? Zeit zum schlafen."
„Na gut", gab ich nach.

Ichiro lächelte mich zufrieden an und zog mich näher zu sich. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust und atmete den vertrauten Geruch ein.

Nach einer Weile fielen mir die Augen zu und ich schlief ein.

Ich fand mich in einem Thronsaal wieder und ich hatte noch nie so etwas prachtvolles zu Gesicht bekommen. Hinter mir war eine große Doppeltür aus dunklem Holz, die Wände waren dunkelblau gestrichen und der Boden bestand aus dunklem Laminat. Die Wände waren mit Gemälden behangen. Darauf waren viele Leute zu sehen, die ich nicht kannte. Auf einem Gemälde waren eine Frau und ein Mann abgebildet.

Die Frau saß auf einem Stuhl und der Mann hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt. Es war das größte Gemälde im Raum. Sie beide schauten ernst und ich fühlte mich ein wenig beobachtet.

Die Frau trug ein silbernes Kleid, ihre schwarzen Haare fielen offen über ihre Schultern und ihre goldenen Augen sahen den meinen verdammt ähnlich. Insgesamt sah sie meiner Mutter sehr ähnlich, aber ihre Gesichtszüge waren anders.

Der Mann trug einen Anzug in demselben Silber wie das Kleid der Frau. Seine braunen Haare waren kurz geschnitten und seine Augen waren weiß. Wow, das war eine sehr seltene Augenfarbe.

Ich blickte zu dem großen Fenster am anderen Ende des Raumes. Draußen sah ich den Vollmond und spendete das einzige Licht im Raum - war es eine Vollmondnacht? Das war mir noch gar nicht aufgefallen -. Vor dem Fenster stand ein prachtvoller, silberner Thron, auf dessen Lehne eine Skulptur des Mondes angebracht war.

Ich schaute mich weiter um und mein Blick blieb an einem Gemälde mit einem Mädchen - vermutlich 15 oder 16 Jahre alt -, das schwarze Haare und goldene Augen hatte. Es war meine Mutter. Da war ich mir sicher. Ihr Gesicht sah genauso aus wie das meiner Mutter, nur jünger. Moment. Das musste ja heißen...

Ich drehte mich wieder zu dem Gemälde von der Frau und dem Mann. Ja. Natürlich sah die Frau aus wie meine Mutter. Es musste sich um meine Großmutter handeln. Alles andere würde keinen Sinn ergeben. Diese Frau war Kaguya, die Göttin des Mondes.

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Tut mir leid, dass das Kapitel erst so spät kommt. Gestern hab ich noch dran  gedacht und heute hab ich's einfach vergessen 💀.
Ich glaube, mein Gehirn hat heute insgesamt nicht so funktioniert wie es sollte 😅🥲.
Tut mir leid. Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen.

Die falsche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt