24. Aufgeflogen - Hina

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„Ruf doch deinen geliebten Sohn um Hilfe. Ich würde euch beide besiegen."
Ichiros Stimme klang ruhig, doch ich hörte auch ein wenig Wut heraus. Währenddessen schwirrten mir erneut Fragen durch den Kopf. Seinen Sohn um Hilfe rufen? Wie hatte er bitte Takumi um Hilfe gerufen?

Einige Sekunden später erschien Takumi in einer Wolke aus grünem Rauch neben seinem Vater. Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

Takumi sah seinen Bruder herablassend an.
„Ich sehe warum du mich gerufen hast, Vater."
„Weil er zu schwach ist, um es alleine mit mir aufzunehmen", sagte Ichiro.
„Wie kannst du es wagen?!", schrie Takeshi.
Ichiro lächelte auf ihn herab.
„Was tust du hier, Missgeburt?", fragte Takumi.

Kurz darauf landete ein Schlag in seinem Gesicht. Mit aufgerissenen Augen hielt er seine blutende Nase zu. Ich hatte endgültig genug.

„Nenne ihn nicht Missgeburt, denn wenn hier jemand eine Missgeburt ist, dann du."
„Wer bist du, dass du mir sowas unterstellen kannst?"
„Willst du das wirklich wissen?"
„Hätte ich sonst gefragt, Miststück?"
Ich setzte meine Kapuze ab und ihm klappte die Kinnlade herunter.

„Was? Das kann nicht sein! Du bist tot!"
„Ich fühle mich noch ziemlich lebendig."
„Aber- Er.."
Er schaute zu meinem Freund.
„Dachtest du wirklich ich bringe jemanden um, der so liebenswert ist wie Hina? Du bist noch hohler als ich dachte."

Ich starrte meinen Ex wütend an, doch irgendwann spürte ich die Angst in mir hochsteigen. Dieses Gesicht brachte schlechte Erinnerungen mit sich.

Ich zwang mich stark zu bleiben.
„Du bist wirklich das aller letzte", sagte ich.
„Er hat nie in seinem Leben einen Fehler gemacht! Im Gegenteil zu dieser Missgeburt hier!", brüllte Takeshi.
„Ach ja? Was ist dann das?"
Ich zeigte auf die Narbe über meinem Auge.
„Das war nie im Leben Takumi!"

„Oh doch. Genau wie das hier."
Ich zog den Umhang von meiner rechten Schulter und präsentierte die Narbe.
„Und noch mehr."

Ich sah Ichiro an, dass er Takumi am liebsten die Kehle aufgeschlitzt hätte und mir ging es ähnlich, doch das wäre nicht gerade schlau.
„Dann hast du dich wohl nicht benommen", sagte Takeshi.

Innerhalb von Sekunden lag er am Boden. Ichiro hatte ihn mit einer roten Kugel aus purer Magie getroffen.

Takumi griff nun mit so einer Kugel an, doch diese war grün. Mein Freund wich mit Leichtigkeit aus und setzte zum Gegenangriff an.

„Stopp!"

Die Stimme des Mannes hallte über den Schlosshof. König Masahiro eilte auf uns zu.
„Was geht hier vor sich?"

Scheiße, dachte ich. Wir waren aufgeflogen.

Hayato ging auf den König zu.
„Euer Majestät-"
„Nein, Hayato. Du."
Er zeigte auf Ichiro.
„Du bist doch der Magier, von dem Taishi mir erzählt hat. Du tyrannisierst diese Stadt."
„Majestät", ergriff ich das Wort.
„Er hat absolut nichts böses im Sinn."
Er schaute zu mir.
„Es steht dein Wort gegen das Wort deines Königs. Ihr wart die ganze Zeit in der Nähe meiner Tochter und jetzt ist sie spurlos verschwunden. Ich kann nicht darauf vertrauen, dass er das nicht war."
„Was?"

Panik machte sich in mir breit. König Masahiro dachte Ichiro hatte Aiko entführt.

Dann traf mich die Erkenntnis. Ichiro war nur wegen mir hier. Wenn er verhaftet oder sogar verletzt werden würde, wäre das meine Schuld.

„Nein!", rief ich.
„Er würde sowas nie tun!"

Wachen, die wohl den Lärm gehört hatten, kamen angerannt. Ich fragte mich warum sie so lange gebraucht hatten, doch ich hatte wichtigeres zu tun.

„Nehmt ihn fest!"
„Euer Majestät, wartet!"
„Hayato, es geht um die Sicherheit meiner Tochter. Ich bin sicher du verstehst das."
„Natürlich, aber-"
Aikos Vater brachte Hayato mit einer Geste seiner Hand zum Schweigen.

Die Wachen näherten sich Ichiro. Ich musste irgendwas tun!
Doch dann schoss Ichiro rote Magiebälle auf sie und packte mich am Arm. Ich sah noch wie die Wachen sich wieder aufrichteten, bevor wir uns in roten Rauch auflösten.

Kurz darauf standen wir in unserem Wohnzimmer und Ichiro fiel rücklings auf die Couch. Ich setzte mich neben ihn und schaute ihn besorgt an.

„Mir geht's gut, Hina. Ich hab nur lange keine andere Person mehr teleportiert."
„Es tut mir so leid."

Er zog mich in eine feste Umarmung.
„Was tut dir leid, Süße?"
„Das was passiert ist!"
„Es ist doch nicht deine Schuld. Außerdem werde ich doch mit ein paar menschlichen Wachen fertig."
„Aber auch das mit deinem Vater! Wenn ich nicht so unbedingt zum Schloss gewollt hätte, hättest du ihn nicht wiedersehen müssen."

Er küsste meine Stirn.
„Hina. Ohne dich hätte ich meine Mutter nicht wiedergesehen. Ja, ich wollte ihn eigentlich nie wieder sehen, aber sowas passiert. Du konntest das nicht wissen."
„Aber-"

Mein Freund unterbrach mich mit einem Kuss.
„Alles okay. Hör auf dir sorgen zu machen."
Ich seufzte, was ihn zum Lächeln brachte. Erneut küsste er mich und blickte mich liebevoll an. Ich lehnte mich an ihn.
„Wie habe ich dich nur verdient?", fragte ich.
„Indem du so bist wie du bist."

Ich schloss die Augen.
Diese ganze Sache war völlig umsonst gewesen. Ich hatte absolut nichts über meine Großmutter herausgefunden und jetzt wurde meine einzige Freundin vermisst. Und obendrauf dachte ihr Vater auch noch mein Freund hätte sie entführt. Es war ein einziges Disaster.

Ichiro strich mir über den Rücken und ich begann mich zu entspannen.

Nachdem wir einige Zeit so dagesessen hatten, blickte ich zu Ichiro auf.

Er lächelte mich an und schlug vor: „Wie wäre es mit schlafen?"
Ich nickte und wie auf Befehl gähnte ich. Der Größere lachte und wir standen auf.

Wir gingen Hand in Hand ins Schlafzimmer, zogen uns um und legten uns ins Bett.

„Gute Nacht, Hina."
„Gute Nacht."

Kaum war das Licht aus, schlief ich schon ein.

„Ich warte auf dich, Hina."

Die falsche WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt