Mit einem Brummen kniff der hochgewachsene Junge seine Augen zusammen, als er aus dem Bus stieg und die Sonne sein Gesicht in grelles Licht tauchte.
Genervt sah er sich am Busbahnhof um. Es war typisch, dass seine Eltern nicht gekommen waren, um ihn abzuholen.
Er war ja auch nur 11 Monate in der Akademie, 11 Monate von Zuhause weg, um ein Mann zu werden, wie sein Vater es genannt hatte. Mit der Tasche über die Schulter machte er sich auf den Heimweg.
Es war nicht weit und ein sonderbares Gefühl überkam ihn. Er war wieder zuhause. In der Stadt seiner Geburt. Hier war er aufgewachsen. Es fühlte sich gut an, nach einem Jahr die vertrauten Straßen wiederzusehen.
Seine Mutter kam ihm ganz aufgebracht entgegen, als er die Tür zum Garten aufstieß.
„Kenny... Schatz, du bist ja schon da?!"
Der Junge sah die Frau vor sich mit hochgezogenen Brauen an.
„Ich hatte Bescheid gesagt, dass mein Bus um 14 Uhr ankommt. Jetzt ist es fast Drei. Ihr habt mich vergessen, oder?"
Die Frau schüttelte den Kopf und versuchte, den Jungen vor sich in ihre Arme zu ziehen. Doch es gelang nicht wirklich. Denn erstens war er über einen Kopf größer als sie und zweitens machte er sich steif. Er hatte es nach wie vor nicht verwunden, dass sie nichts getan hatte, um ihn vor der Akademie zu bewahren. Sie merkte es und zog ihn mit enttäuschtem Gesicht ins Haus.
Sein Vater trat in den Flur und betrachtete ihn mit einem abschätzenden Blick.
„Du bist also wieder da, Kentin. Na wenigstens bist du nicht mehr so ein Zwerg!"
Der Junge ballte die Hand unbemerkt zur Faust.
„Ja... ich freu mich auch. Ich geh auf mein Zimmer. Von der Fahrt habe ich Rückenschmerzen bekommen."
Seine Eltern sahen ihm nach. Seine Mutter schien froh zu sein, dass ihr einziger Sohn wieder da war, der Blick seines Vater war nicht zu deuten.Der Wecker klingelte und riss das rotblonde Mädchen aus dem Schlaf. Sie schreckte hoch und stieß sich den Kopf an der Kante ihres Hochbettes.
„Oh Mann, ist schon wieder Montag?"
Murrend stand sie auf und streckte sich. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass ihre kurzen Haare kreuz und quer zu Berge standen. Sie stieg unter die Dusche, machte sich zurecht und schaffte es gerade noch, sich einen gebutterten Toast in den Mund zu schieben, bevor sie losrannte, um den Bus noch zu erwischen.
„Puuuhh..." Ächzend ließ sie sich neben ihrer Freundin Iris auf einen Sitz fallen.
„Na, Viviena? Lange Nacht gehabt?"
„Zu kurz... unsere Nachbarn... ich weiß nicht... aber die treiben es die ganze Nacht oder hüpfen auf ihrem Bett rum. Mir ja egal, aber wenn ich nicht schlafen kann, muss es aufhören..."
Viviena gähnte ausgiebig und starrte aus dem Fenster. Das Wetter war schön, sonnig und warm, dabei war es noch nicht mal halb 8.
Sie liebte den Sommer und war schon jetzt traurig, dass er bald vorbei sein würde. Als der Bus an der Amoris High hielt, wurde es unruhig, weil plötzlich alle aufstanden. Viviena und Iris blieben sitzen, bis der große Andrang vorbei war und standen dann ebenfalls auf.
„Gehst du schon mal vor, Viv? Ich muss mal eben Castiel in den Arsch treten gehen."
Diese lachte und sah ihrer Freundin nach.
„Viel Spaß."
„Werde ich haben."
Viviena ging ohne ihre Freundin weiter und kicherte vor sich hin. Iris und Castiel standen aufeinander, da konnten sie es abstreiten, soviel sie wollten!
In dem Rucksack nach ihrem Spindschlüssel kramend, sah sie nicht, dass sie sich schnurstraks auf einen brünetten Jungen zubewegte, der sie ebenfalls nicht zu bemerken schien.
Es kam, wie es kommen musste. Sie rempelte in ihn hinein und ließ ihren Schlüssel fallen.
„Oh sor..." setzte sie an.
„Mann, kannst du nicht aufpassen, du dusselige Triene?!"
Vivienas Mund klappte auf, doch der Junge schob sie einfach zur Seite und ging in das Schulgebäude.
Was war das denn? Wer war das?
Irgendwas kam ihr an der Art und Weise, wie er sich bewegte, bekannt vor. Aber einen solchen Jungen hatte sie an der Schule noch nie gesehen.
Er war groß, ein ganzes Ende mehr als sie, trug sein nussbraunes Haar in einem modischen und zerzausten Schnitt und trug eine Armyhose, ein weißes Hemd und einen Armeerucksack. Nein, einen Armeefreak hatten sie hier noch nie...
Er war sicher ein Neuer. Aber dafür benahm er sich wirklich fürchterlich. Sie hatte sich nicht mal entschuldigen können. Blödmann.
Sie seufzte.
Es konnte eben nicht jeder Junge so nett und süß sein wie Ken, ihr Exfreund, den sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Er hatte die Schule gewechselt und deswegen mit ihr Schluss gemacht.
Oder sagen wir, er hatte sich einfach immer seltener gemeldet. Mit der Begründung, dass die Briefe und Telefonate sein Heimweh nur noch schlimmer machen würden.
In ihn war Viviena wirklich verliebt gewesen.
Auch wenn das niemand so recht verstehen wollte, denn Ken war klein, gerade mal so groß wie sie, etwas über 1,70, trug eine altmodische Kassengestellbrille, hatte einen peinlichen Pilzkopf-Haarschnitt und zog immer so komische Wollpullis an.
Aber er war zuckersüß, konnte gut zuhören, roch immer nach Schokolade und hatte immer Kekse dabei.
Und – niemand wollte das Viviena glauben – Ken konnte echt gut küssen!
Sie biss sich auf die Unterlippe und zog die Nase hoch. Aber das hatte sich eh erledigt. Ken würde bis zum Abitur auf der komischen Schule bleiben und sie würde ihn so schnell nicht wiedersehen. Warum also sollte sie noch weiter daran festhalten?
Sie wandte ihr Gesicht der Sonne zu.
Ihr Kopf wusste, dass sie aufhören sollte, an ihn zu denken, aber ihr Herz hielt an ihm fest.
Ebenso wie an dem Foto, dass sie noch immer unter ihrem Kopfkissen versteckte, weil sie nicht wollte, dass ihre Mutter sah, dass sie ihn noch immer liebte und sich damit quälte.
Energisch warf sie ihre kurzen Strähnen aus dem Gesicht und zwang sich zu einem Lächeln. Traurigkeit würde sie doch eh nicht weiterbringen.
Und Iris gab sich beste Mühe, sie mit einem der anderen Jungs zu verkuppeln. Sie setzte alles daran, Interesse für einen von ihnen in ihr zu wecken. Aber da war nichts bei ihr. Sie konnte an keinem etwas finden. Mit einem letzten Blick machte sie sich auf in das Schulgebäude, um einen Blick an den Vertretungsplan zu werfen.
Nathaniel hing gerade die aktuellen aus und begrüßte sie mit seinem typischen netten Lächeln und einem „Guten Morgen."
Sie lächelte zurück und sah auf den Zettel.
Das... konnte doch nicht wahr sein!? Sie hatte in der ersten Stunde Ausfall?? Sie hatte frei? Leise fluchend setzte sie sich an einen Stuhl. Sie hätte im Bett bleiben können. So eine Kacke...
Die Pausenhalle füllte und leerte sich wieder und zum Schluss blieb sie beinahe ganz allein sitzen. Iris hatte Physik und Viola war offenbar krank.
Warum hatte sie ausgerechnet Informatik gewählt? Wo sie bis auf Armin ganz allein war. Aber der hockte vermutlich in einem leeren Klassenzimmer über seiner PSP. Resignierend blieb sie sitzen und starrte Löcher in die Luft. Schon fast eingepennt, erregte ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit, dass ihren Nervpegel gleich etwas in die Höhe trieb.
Ein dummes, unechtes Lachen. Es gehörte Amber, ganz sicher. Sie kam gerade in die Pausenhalle, doch Viviena bemerkte, dass sie ohne ihre Schatten Charlotte und Li unterwegs war.
Stattdessen war der Junge bei ihr. Der von heute morgen. In den sie reingerannt war und sich nicht mal entschuldigen konnte. Amber benahm sich merkwürdig und lächelte gekünstelt. War dieser Junge denn ihr Freund?
Irgendetwas an ihm kam ihr bekannt vor, aber sie konnte es nicht einordnen...
Er lächelte das blonde Mädchen an und zog sie plötzlich an sich. Viviena machte überrascht die Augen auf, als er sie mitten in der Pausenhalle vor allen, die da noch rumsaßen, küsste.
Richtig. Mit Zunge!
Aus irgendeinem Grund musste das Mädchen mit den rotblonden Haaren schlucken. Seit Ken weg war, konnte sie sowas nicht mehr ertragen und das die beiden direkt vor ihrem Tisch standen, machte es nicht besser.
Sie stand auf, nahm ihre Tasche und wollte an den beiden vorbei, was aber nicht ging. Sie standen im Weg, wohlgemerkt!
„Entschuldigt, kann ich mal vorbei?"
Amber löste sich von dem attraktiven Fremden und sah sie höhnisch an.
„Merkst du nicht, dass du störst? Kannst du nicht woanders lang?"
Viviena zog die Brauen hoch.
„Oh entschuldige, Prinzessin, aber ich dachte, du stehst drauf, wenn alle um dich herumlaufen?"
Amber lachte hochnäsig und wollte nach der Hand des Jungen greifen, doch der zog sie weg und hatte einen ziemlich arroganten Blick im Gesicht. Passte zu diesem blonden Gift...
Viviena sah ihre Chance gekommen, sich für den Rempler zu entschuldigen, auch wenn er sie danach so angepflaumt hatte. Sie hasste es, wenn sie noch eine Schuld offen hatte.
„Äh... entschuldige wegen Vorhin. Wegen dem Anrempeln. Ich hab nicht aufgepasst."
Der Junge sah sie nur von der Seite an und nickte. Sein Gesichtsausdruck hatte sich kein Stück verändert.
„Mann, jetzt verzieh dich doch endlich mal. Den hier bekommst du nicht. Diesmal nicht..." zickte Amber weiter und das rotblonde Mädchen sah sie überrascht an.
„Was meinst du bitte?"
„Immer, wenn mal ein süßer Typ an die Schule kommt, schmeißt du dich ihm gleich an den Hals. Das hast du bei Dajan gemacht, bei Alexy und bei Armin. Aber diesmal war ich schneller als du!"
Viviena sah Amber an, als würde diese Suaheli mit ihr sprechen. Sie hatte sich den Jungs an den Hals geworfen? Wie das denn, bitte? Sie mochte Dajan überhaupt nicht, Alexy stand auf Jungs und Armin kannte den Unterschied zwischen seiner PSP und einem Mädchen nicht mal.
Wie sollte sie sich da bitte an den Hals werfen?
Sie sah überrascht zwischen der blonden Amber und dem Jungen hin und her und sein Blick wurde immer herablassender.
„Ich habe niemanden angemacht. Ich kann ja nichts dafür, dass die Jungs dir lieber aus dem Weg gehen..."
Amber schnaubte und griff wieder nach dem Arm des Fremden. Der jedoch schubste sie weg.
„Fass mich nicht an, du doofe Tussi."
Die beiden Mädchen sahen ihn überrascht an. Viviena war verwirrt. Was war das denn? Sie hatte gedacht, die beiden würden sich schon ein Weilchen kennen.
„Du bist neu hier, oder? Wie heißt du denn?" versuchte sie, ihre Überraschung zu überwinden. Amber nickte.
„Ja... ja, das wollte ich dich auch fragen...?" Viviena sah Amber an, als wäre diese nicht ganz dicht.
„Du hast mit einem Jungen geknutscht, von dem du nicht mal den Namen kennst?"
Das blonde Mädchen machte ein schmollendes Gesicht und sah zur Seite. Plötzlich lachte der Junge und zog die Aufmerksamkeit der beiden Mädchen wieder auf sich. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und sein Gesichtsausdruck drückte tiefe Verachtung aus.
„Ihr Weiber seid beide echt blöd. Amber, du hast keine Ahnung, wer ich bin, oder?"
Das Gesicht des Mädchens war irgendwie... leer. Sie wusste es offenbar nicht. Viviena betrachtete ihn erstmals genauer. Wenn Amber ihn kennen musste, war er vielleicht schon einmal auf der Amoris.
„Denk mal drüber nach. Du hast eben mit einem Typen geknutscht, den du vor nicht allzu langer Zeit gerne als hässlich und schwächlich und als Loser bezeichnet hast..."
Ambers Gesicht sah aus wie ein Mondgesicht. Große Augen und fragend geöffneter Mund.
„Und du hast mir regelmäßig mein Geld geklaut... wie fühlt sich das an? Dass du mich jetzt geil findest? Echt übel..."
Er schob die Hände in die Taschen und wandte sich zum Gehen.
„Ach ja, übrigens. Du küsst wie ein toter Fisch. Echt eklig."
Mit einem hochmütigen Lachen ging er in den Gang zu den Bio-Räumen und die beiden Mädchen sahen ihm verwirrt hinterher. Amber schien nicht darüber nachzudenken, wer er war, sondern ärgerte sich scheinbar viel mehr über seine Worte. Es war schon eine üble Abfuhr, mit einem Fisch verglichen zu werden.
Viviena hingegen zermarterte sich das Hirn. Ein leiser, schleichender Verdacht bildete sich in ihrem Hirn. Aber das konnte nicht sein... Oder?
„Toll. Das ist wieder nur wegen dir passiert, du wandelnder Misserfolg!" motzte Amber nun das rotblonde Mädchen an, doch die hörte kaum zu.
„Spar dir den Atem, Amber." sagte sie deswegen nur, nahm ihren Rucksack und ging in die selbe Richtung davon, in der er verschwunden war. Ihr Herz begann zu rasen und sie wusste nicht einmal, warum. Ihre Neugier war geweckt.
Fast ein bisschen gehetzt sah sie sich in dem leeren Gang um und schrak zusammen, als sie um die Ecke ging und wieder direkt in ihn reinrannte.
„Verfolgst du mich?" Er lehnte an der Wand.
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
„Nein... eigentlich nicht... aber... du hast dich nicht vorgestellt."
„Du dich auch nicht."
„Ich heiße Viviena."
Der Kopf des Jungen ruckte herum und seine Augen wurden groß. Sein Mund stand vor Überraschung offen.
„Vi... Viviena? D-Deine Haare sind kürzer..."
Das Mädchen erschrak.
„Ja... wo-woher weißt du das? Wer bist du?"
Das Lächeln des Jungen schien traurig zu werden und seine türkisen Augen gingen ihr ganz tief ins Herz.
„Du erkennst mich also auch nicht?"
Viviena schüttelte den Kopf und spürte, dass sie rot wurde. Er seufzte leise.
„Schade. Ich hatte gehofft, du würdest dich an mich erinnern. Der Gedanke an dich hat mir die letzten Monate viel geholfen. Auch wenn ich mich nicht gemeldet habe..."
Er stieß sich von der Wand ab.
„Aber scheinbar bist du wirklich so, wie Amber gesagt hat. Dass du dir sofort jemand Neues gesucht hast, nachdem ich weg war... ziemlich arm..."
Schon wieder dieser herablassende Blick. Er ging ein paar Schritte und bei Viviena fiel der Groschen.
„Ken?!" Ihre Stimme zitterte und überschlug sich.
„Hat lange genug gedauert... und ich heiße Kentin!"
Viviena lief ihm hinterher und griff nach seinem Arm. Erschrocken, schockiert sah sie den Jungen von oben bis unten an.
„Was ist denn mit dir passiert? Und seit wann bist du so ein Arsch?"
Er machte sich von dem Mädchen los.
„Ich bin nur das, was andere aus mir gemacht haben. Ich lasse mich nicht mehr herumschubsen."
„Hast du deswegen mit Amber geknutscht?"
Ihre Stimmte zitterte.
„Pff... sie war die erste, die da war. Ich hatte nicht geplant, das gezielt mit ihr zu machen. Aber sie ist schließlich die Oberzicke. Wenn ich dich erkannt hätte, hätte ich das vielleicht mit dir gemacht..."
Er wandte den Blick ab und vermied es, ihr in die Augen zu sehen. Viviena ließ den leicht nach ihm ausgestreckten Arm sinken.
„So ist das... erst meldest du dich nicht mehr und jetzt hättest du dein Exempel an denen, die dich gemobbt haben früher, auch an mir statuiert? Ich frage mich, wer hier arm ist..."
Sie wandte sich ab und fluchte leise, weil ihre Augen feucht wurden.
Ken war wieder da!!
Ein Jahr lang hatte sie auf ihn gewartet. Was war mit ihm geschehen? Er sah fantastisch aus, war groß und athletisch, aber was war mit dem Jungen passiert, den sie noch immer liebte?
„Offenbar hast du mich gar nicht vermisst... wenn du nicht mal mehr mein Gesicht wiedererkennst. Ich habe nur meine Haarlänge verändert... Du scheinbar gleich deinen kompletten Charakter."
Er schnaubte.
„Das flennende Weichei von damals gibt es nicht mehr und das ist auch gut so."
Viviena sah ihm nun doch ins Gesicht und ihre lavendelfarbenen Augen standen im Wasser.
„Dieses flennende Weichei war der Junge, auf den ich die ganze Zeit gewartet habe!" kreischte sie fast, schluchzte und rannte einfach weg.Kentin sah dem Mädchen hinterher. Er fühlte sich schlecht.
Warum war er so ein Arsch? Sie hatte ihm nichts getan. Und warum hatte er sie denn nicht sofort erkannt? Sie hatte Recht, bis auf ihre Haare hatte sie sich nicht verändert.
Und er hatte doch die ganze Zeit in der Akademie von ihr geträumt und an sie gedacht, um nicht verrückt zu werden. Er wollte sie damals nicht verlassen. Das war ein weiterer Grund für ihn, seinen Vater zu hassen. Dieser zwang ihn, sein Heim und das einzige Mädchen zu verlassen, das ihn ehrlich mochte. Das in ihm einen richtigen Menschen und keinen komischen Nerd gesehen hatte. Das es liebte, ihn zu küssen.
Er seufzte und fuhr sich durch die Haare.
Als seine Zeit in der Akademie sich dem Ende näherte, freute er sich darauf, wieder zurückzukommen an die Amoris.
Freute er sich besonders darauf, seine Vivi wiederzusehen und sie auf den Knien um Vergebung zu bitten. Sie zu bitten, wieder sein Mädchen zu werden.
Jetzt, wo er optisch zu einem hübschen Mädchen wie ihr passte. Und nachdem er einfach den Kontakt zu ihr eingestellt hatte. Doch was tat er stattdessen??
Er kam hier an, motzte sie auf dem Schulhof an, weil er sie nicht erkannt hatte, knutschte mit der größten Bitch der Schule, nur um der eins auszuwischen und beleidigte Viviena auch noch, als sie vor ihm stand und ihm sagte, dass sie ihn noch immer liebte!
„Dämlicher Idiot..." murmelte er und sah sich um.
Es klingelte und zwang ihn, in den Unterricht zu gehen. Alle Mitschüler reagierten überrascht auf Kentins neues Erscheinungsbild, doch er hielt sich bedeckt. Viele von denen, die jetzt nett zu ihm waren, hatten ihn vor einem Jahr noch ausgelacht.
Viviena, die viele Stunden mit ihm zusammen hatte, sah ihn nicht mal mehr an. Sie war scheinbar echt sauer und verletzt. Kentin sehnte sich nach dem Ende des Unterrichts. Er musste einfach mit ihr reden.
Er hatte sie schrecklich vermisst und wollte doch nichts mehr, als ihre Erdbeerlippen wieder küssen zu dürfen, die so viel wunderbarer, weicher und süßer waren wie der Fischmund von Amber.
Ergeben seufzte er, als es endlich klingelte.
Auf dem Schulhof hielt er Ausschau nach dem rotblonden Mädchen und schluckte schwer, als er sie kommen sah.
„Viviena...?"
Sie sah ihn ausdruckslos an.
„Was willst du?"
„Ich... ich will mit dir reden... ich... ich muss mich entschuldigen. Ich... alles, was ich vorhin gesagt habe, war dämlich."
Er zog sie an die Seite zu der Birke und hielt ihre Hand. Sie sah ihn nicht an.
„Ich... das letzte Jahr war die Hölle für mich. Als ich hier weg musste. Weg von dir."
„Warum hast du dich dann irgendwann einfach nicht mehr gemeldet? War es wirklich nur das Heimweh?"
Kentin nickte.
„Immer, wenn ein neuer Brief kam oder ein Anruf, war ich einen kurzen Moment glücklich, um danach noch tiefer zu fallen. Ich habe dich so schrecklich vermisst und gehofft, dass es weggehen würde, wenn ich nichts mehr von dir sehe oder höre. Das heißt nicht, dass ich... ich dich nicht mehr... also..."
Er wurde knallrot.
Er und Viviena waren vor seiner Abreise vielleicht 4 Monate ein Paar gewesen. Zu kurz, als das er jemals den Mut gehabt hätte, ihr zu sagen, dass er verliebt in sie war.
Das Mädchen hob ihre lavendelfarbenen Augen.
„Ja?"
Kentin schluckte.
„Ich liebe dich. Ich habe nie aufgehört damit und ich hab in der Akademie nur deswegen durchgehalten und so hart an mir gearbeitet, weil ich dir gefallen wollte. Ich wollte endlich richtig zu dir passen. Ein Typ sein, für den man sich nicht schämen muss, weil er wie ein Trekki aussieht... Doch ich habe mich wie der letzte Arsch benommen."
Seine türkisfarbenen Augen sahen hoffend in ihre.
„Kannst du mir verzeihen? Ich möchte nicht noch länger getrennt sein von dir... Ich habe auf diesen Tag hingefiebert, damit ich dich wiedersehen kann... und dann erkenne ich Idiot dich nicht einmal!"
Viviena schmunzelte, fing an zu lächeln und lachte schließlich laut.
Kentin sah sie fragend an, doch sie fiel ihm um den Hals, was nun viel schwerer war als früher. Er war jetzt fast einen Kopf größer als sie.
„Ich verzeihe dir. Denn schließlich habe ich auf dich gewartet und hätte dich auch zurückgenommen, wenn du noch immer der süße kleine Trekki wärst. Denn in diesen Jungen habe ich mich verliebt. Und ich tue es noch. Küss mich endlich, Soldat!"
Spaßhaft salutierend und mit einem glücklichen Lächeln erfüllte er ihren Wunsch.~~~ ENDE ~~~
DU LIEST GERADE
Kleine Worte [AS]
FanfictionEine Sammlung von Oneshots zu diversen Charakteren aus Sweet Amoris (Vieles davon sind Auftragsarbeiten zu diversen Genres - Romantik, Drama, Science Fiction, School Life etc. - Wenn ihr auch einen Oneshot von mir wollt ---> SCHAUT INS ERSTE KAP...