Schweigen ist Gold/ Etwas wunderbar Neues

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PoV Ethien

Manchmal war es besser, wenn man gewisse Dinge unausgesprochen lässt, um andere nicht zu verletzen und sich zu entschuldigen, wenn man das einmal nicht tun kann.

So ging es mir mit Castiel.
Er war ein Heißsporn, das wusste ich immer, aber er war auch so stur wie ein Ochse und wenn er der Meinung war, er war im Recht, konnte ihn nichts vom Gegenteil überzeugen.
Dieser Idiot.
Aber das machte mir nichts. Denn ich war trotzdem heimlich in ihn verliebt.
Er war der coolste Typ an der Amoris und sah nebenbei auch noch unverschämt gut aus. Ich war nicht die Einzige, die ihm verfallen war, aber ich gehörte zu den wenigen, die sich mit ihm verstanden.
Bis zu diesem Tag.
Es begann mit einer Banalität, eigentlich.
Damals kam mir das allerdings alles viel tragischer vor.
So wie man alles Schmerzhafte dramatisiert, wenn es noch frisch ist.
Aber ich fange lieber von vorne an.

Es war ein ganz normaler Freitag Nachmittag im Herbst und alle, ich eingeschlossen, freuten sich auf das Wochenende.
Ich hatte vor, mit meinen Eltern schick essen und anschließend ins Kino zu gehen, weil mein Vater befördert worden war.
Alles ganz normal. Vielleicht war ich eine Mustertochter, aber ich hatte meinen Eltern noch nie Schwierigkeiten gemacht und vielleicht war ich auch ein bisschen verwöhnt, denn weil ich so vorbildlich war, bekam ich fast alles, was ich wollte.
So wie ich vor fünf Jahren, zu meinem 12. Geburtstag, meinen Heilige Birma-Kater Erasmus geschenkt bekommen habe.
Ich liebe ihn mehr als alles und er liebte mich.
Aber er war auch ein Tier mit einem starken Freiheitsdrang, weswegen mein Vater irgendwann eine Katzenklappe in die Hintertür eingebaut hatte, damit er rein und raus konnte, wenn er das wollte.
Und bis zu diesem Wochenende kam er auch immer wieder.
Doch an diesem Tag nicht und als mein Vater mir sagte, dass er ihn gefunden hatte, brach alles in mir zusammen.
Ich heulte die ganze Nacht durch, bekam Fieber und wurde von meinem Arzt drei Tage krankgeschrieben.
Als ich am Donnerstag dann wieder in die Schule ging, wurde ich gleich von meinen Mädels Rosalia und Iris bestürmt.
„Was hattest du denn?"
„Auch eine dieser Erkältungen, die gerade rumgehen?"
Ich schüttelte nur den Kopf und folgte ihnen zu den Jungs, die wie immer an der Turnhalle standen.
Castiel lachte gerade einmal wieder sein wieherndes Lachen. Eigentlich liebte ich es, wenn er das tat, aber irgendwas störte mich diesmal.
Es war mir irgendwie alles zu laut. Ich wollte wieder unter meine Bettdecke und einfach nur heulen.
„Ich sag's dir, Lys. Demon ist wie ein Bekloppter hinter dem Katzenvieh hinterher und wenn ich ihn nicht noch eingefangen hätte, hätte er das Vieh zerlegt. Blöde Katze. Was läuft die mir auch über den Weg, wenn ich Demon von der Leine nehme?!"
Mir stieg das Wasser hoch.
Mein Kater wurde nicht von einem Hund getötet, aber seine Worte taten mir weh, auch wenn er das wahrscheinlich gar nicht bemerkte.
Ich schluchzte los und alle sahen mich plötzlich an.
„Aber was hast du denn, Ethien?" Rosa und Iris standen um mich rum und auch Castiel und Lysander sahen ganz überrascht aus.
Ich weinte normalerweise nicht vor anderen, das war mir peinlich.
Lysaner, Gentleman wie immer, reichte mir eines seiner eleganten seidenen Taschentücher, mit dem ich versuchte, meine Augen zu trocknen. Aber es brachte nichts. Ich konnte nicht aufhören.
„Mann, was ist denn? Das ist ja unheimlich." Castiel legte mir seine Hand auf die Schulter und sah in mein Gesicht runter.
Ich zog die Nase hoch und wischte mir noch mal über die Augen.
„Mein Kater wurde am Wochenende überfahren..." murmelte ich.
Iris und Rosa machten bestürzte Geräusche, wussten sie doch, wie sehr ich Erasmus geliebt habe.
„Das tut mir leid." kam es von Lysander.
Doch Castiel benahm sich mal wieder wie ein Holzfäller. Er schnaubte und lachte spöttisch auf.
„Und deswegen heulst du jetzt? Das ist doch nur eine Katze!"
Iris und Rosa fauchten ihn an und Lysander schüttelte den Kopf.
Castiel war unsensibel und er hasste Katzen, weil er schwer allergisch auf sie war, aber dass er so einen Spruch bringen würde, hätte ich nie von ihm erwartet.
Meine Trauer schlug in Wut um und ich schlug ihm ins Gesicht.
„Du bist ein Idiot! Wie würde es dir gehen, wenn du deinen Demon von einem Auto plattgefahren auf der Straße liegend finden würdest? Dann wärst du doch auch total am Ende, oder? Weil du ihn liebst? Aber weißt du was? Ich glaube, so ein selbstverliebtes Arschloch wie du weiß gar nicht, wie man Liebe überhaupt schreibt!"
Ich drehte mich um und ließ ihn stehen. Iris und Rosa folgten mir, nicht ohne den Rothaarigen noch einmal anzufunkeln.

Kleine Worte [AS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt