Tränen, vom Regen verwischt

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Alle wissen, wer ich bin, doch niemand kennt mich.
Mein wahres Ich, meine Gefühle, meine Gedanken.
Niemand kennt meine Träume, meine Hoffnungen.
Für alle bin ich da, doch niemand ist es für mich.
Man nimmt es so hin, es ist meine Pflicht.
Ich bin Schulsprecher.

Mein einziger Freund ist der Regen.
Der leise flüstert, dass er meine Ängste fortnimmt.
Der mich einlädt in seine Arme, in denen ich mich fallen lasse.
Niemand sonst ist da.
Meine Eltern sehen seit langem nur meine Erfolge, nicht mehr mich.
Meine Schwester benutzt und verspottet mich,
Warum ich das mit mir machen lasse?
Das frage ich mich auch.

Ein Freund aus Kindertagen ist für mich längst verloren, vertrieben, vergiftet mit Hass durch infame Lügen.
Eine Liebe gibt es nicht, obwohl ich weiß, dass da jemand ist.
Jeden Tag ist es das selbe Spiel.
Ich bin da, erfülle meine Pflicht.
Bin für jeden das Ohr, gebe Rat, gebe Trost.
Doch mich vergesse ich.
Denn ich bin perfekt. So denken sie.
Jemand wie ich ist ohne Fehl und Tadel und ohne Schmerz und Leid.
Weit gefehlt.

Denn da ist der Regen, er klopft an mein Fenster.
Ruft mich hinaus in seine kühle Erlösung.
Erlaubt mir, mich fallen zu lassen und ihm zu zeigen, was niemand sehen soll.
Meinen Schmerz, der mich zerfrisst, doch den niemand kennt.
Meine Angst, allein zu sein.
Mein falsches Lachen, das im Wasser zerfällt.
Meine Tränen, mit dem Regen vermischt.
Und meine Träume, die unbeachtet irgendwo am Horizont verbrennen...

~~ Ende ~~

Kleine Worte [AS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt