Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett sinken und streckte die Beine aus.
Das war ein harter Tag gewesen und ich wollte nur noch pennen. Meine Kameraden, mit denen ich mir die Baracke teilte, erzählten sich Witze, redeten über Fußball oder andere dusslige Sportarten oder über Mädchen.
Etwas, wofür mir die Energie fehlte.
Diese Ausbildung war die Hölle.
Mein Vater, ein hochrangiger General der Streitkräfte, hielt es für sinnvoll, mich dieser Tortur zu unterziehen, denn es war eine Schande, sich als Mann wie eine Memme aufzuführen und sich wie ein Opfer behandeln zu lassen. Das sagte er.
Und so kam ich von meinem Gymnasium direkt hier an die Militärakademie. Vor zwei Jahren habe ich hier mein Abitur bestanden und bin seitdem in der Offiziersausbildung.
Auch etwas, was ich nicht will und wofür ich keinen Nerv habe!
Aber wir schrieben das Jahr 2094 und mein Vater war der Meinung, dass nur das Militär in unserer kriselnden Gesellschaft eine Institution mit Zukunft sei. Dass die Soldaten, die draufgingen, keine Zukunft hatten, ließ er unter den Tisch fallen.
Idiot!
Ich sah hoch über meinen Kopf und blickte an den Kalender an der Wand. Mit einem roten Stift hatte ich den Tag markiert, an dem meine Ausbildung endete.
Noch sechs Monate und dann war ich weg hier, das versprach ich mir selbst.
Ich war 21 und wollte etwas anderes machen, als mit Bajonetten und Plasmawaffen auf Puppen und bewegliche Ziele schießen.
Um 22 Uhr ertönte das Signal zum Zapfenstreich und das Licht in der Baracke ging automatisch aus.
Endlich verstummte das Gequatsche und ich konnte schlafen.Der Alltag in der Kaserne war ziemlich eintönig. Man machte im Grunde jeden Tag dasselbe.
Um 5 Uhr ging das Licht an und das Signal zum Wecken ertönte so ohrenbetäubend, dass man gar keine Chance hatte, es zu überhören.
15 Minuten später war der Morgenappell und dann ging es zum Frühsport.
Frühstück, Kampfübungen, Mittagessen, Sport, Theorie, Abendessen, Schlafen.
Und das jeden verdammten Tag außer dem Wochenende, wo es den Rekruten erlaubt war, in die Stadt zu gehen und sich – mit angemessenem Verhalten, versteht sich – zu amüsieren.
Soldaten waren bei den Damen sehr beliebt, immerhin verdienten sie gutes Geld, waren rundum versichert und kassierten eine stolze Abfindung bei Invalidität oder Tod.
Ich hatte manchmal das Gefühl, man sah uns als (noch) lebende Versorgungseinheiten, die man heiratete, um den Anspruch auf das Geld zu haben.
Und Geld spielte heute mehr eine Rolle als in den Jahrzehnten zuvor.
Man konnte alles für Geld haben.
Frauen, Liebe, neue Organe – einfach alles.
Doch die Armut war ebenfalls ausgeprägter als zuvor. Es gab keine Mittelschicht mehr. Entweder man hatte Geld oder man hatte keins. Und wer keines hatte, lebte in einem der zahlreichen „Unterstädte", dunklen und unsauberen Randgebieten der Großstädte und versuchte, zu überleben.
Meine Familie stand seit Generationen im Dienste des Militärs und das hatte ihr zu Reichtum verholfen. Niemand redete darüber, wie viele meiner Großväter, Großmütter, Onkel und Tanten dafür ihr Leben lassen mussten. Ich sage nur, die Ahnengalerie in dem Anwesen meiner Eltern war groß.
So stand ich auch an diesem Morgen mit dem Wecksignal auf, machte Morgentoilette, schlüpfte in meine Trainingsklamotten und ging zum Morgenappell.
Ich ging davon aus, dass dieser Tag genauso langweilig werden würde wie die vorangegangenen 1.095 Tage in den drei Jahren, die ich seit meinem Schulwechsel bereits hier war.
Doch etwas war anders als sonst.
Der Morgenappell wurde durchgeführt, wir wurden gezählt und auf Anwesenheit geprüft. Doch dann setzte der diensthabende Oberfeldwebel eine ungeplante Feldübung an, was bedeutete, dass wir in voller Kampfmontur mit einem 40-Kilo-Rucksack und einer Waffe mit Farbmunition durch den Wald rennen mussten.
Eigentlich könnte man meinen, dass das sogar ein bisschen Spaß machte, weil es ja nur eine spielerische Übung war, aber die Patronen taten weh, es würde ein heißer Tag werden und man schwitzte wie ein Schwein. Jeder, der an empfindlichen Stellen wie Bauch, Schultern oder Kopf getroffen wurde, galt als „Gefallen" und musste die Übung verlassen. Viele ließen sich absichtlich abschießen, um nicht mehr mitmachen zu müssen, aber andere waren ehrgeizig und wollten als letzte übrig bleiben.
Der „Gewinner" bekam meistens eine Vergünstigung oder eine andere Belohnung, wie mal ein richtig gutes Essen oder einen Besuch in einem Amüsierhaus.
Der Besuch im Freudenhaus war nämlich normalerweise streng verboten.
Ein Seufzen und Murren ging durch die Rekruten um mich herum und ich war ebenfalls genervt.
Warum machte man das ausgerechnet am heißesten Tag des Jahres?
Normalerweise wurden diese Übungen Wochen vorher angekündigt, weil oft Generäle zusahen, um sich von der Qualität der Einheit zu überzeugen.
Beim Rückmarsch in die Baracke bemerkte ich einen unauffälligen Transporter, der neben der Offiziersbaracke geparkt war. Vor und hinter ihm standen ebenfalls Fahrzeuge.
Schwarze mit verdunkelten Scheiben.
Die Autos von denen, die wichtig waren. Mein Vater fuhr auch in so einem Ding umher.
Irgendwas ging hier ab, von dem die Rekruten scheinbar nichts mitbekommen sollten...
20 Minuten später fuhr der Konvoi zur Übung davon und als wir 8 Stunden später wieder zurückkamen, waren alle erledigt.
Mein Hintern tat weh, mein Rücken auch und ich hatte einen Brummschädel, weil ich einen „Kopfschuss" kassiert hatte, der auf meinem Helm ganz schön gezwiebelt hatte.
Der diensthabende Offizier gab uns Rekruten den Rest des Tages frei und ich verkrümelte mich unter die heiße Dusche.
Ich würde blaue Flecken bekommen überall dort, wo ich getroffen wurde. Aber ich hatte mich gut gehalten, war immer einer der letzten, die man erwischt hatte.
Mit einer Handvoll Kekse, die meine Mutter jede Woche in die Kaserne schickte und einem Buch machte ich es mir unter einem Baum in dem kleinen Park gemütlich.
Die schwarzen Autos waren verschwunden, der Transporter auch, aber jetzt stand eine Wache an der Tür zum Lagerraum der Offiziersbaracke, was sonst nicht der Fall war.
Was hatten die da drin, dass es jemand bewachen musste?
Meine Neugier hatte mich schon oft in Schwierigkeiten gebracht, aber ich konnte sie nicht abstellen. Dennoch versuchte ich, mich auf das Buch in meiner Hand zu konzentrieren.
Der Abend brach an und ich genoss das Nichtstun.
Es war zwar immer langweilig hier, aber man hatte eigentlich immer zu tun. Wenn man nicht trainierte, wurde man zum Küchendienst eingeteilt, musste die Fahrzeuge waschen oder – wenn man Scheiße gebaut hatte – man putzte die Toiletten.
Und eine Kaserne, die aus 2.000 Männern bestand, hatte irrsinnig dreckige Toiletten, das kann ich euch sagen!
Als das Signal um Abendessen ertönte, erhob ich mich und wollte mich auf den Weg in den Speisesaal machen. Plötzlich stutzte ich.
Hatte sich da hinter dem Lagerraumfenster nicht gerade etwas bewegt? Etwas ziemlich kleines, was kein Mann gewesen sein konnte?
Ich sah mich um, doch die Wache hatte mich im Blick, weswegen ich meine Neugier runterschluckte und einfach weiterging.
Es quälte mich die ganze Zeit und ich konnte an nichts anderes denken.
Neugier war eine Sünde, ich wusste das und eigentlich war das ja mehr etwas für Mädchen, aber ich konnte einfach nicht anders.
Als das Signal zum Zapfenstreich ertönte und alle sich bettfertig machten, lag ich wach und mein Kopf ratterte. Ich wartete, bis alle schliefen und schlüpfte in meine Schuhe. In meinem Morgenmantel, den die Kaserne an alle Rekruten austeilte, huschte ich aus der Baracke und sah mich um.
Es war stockfinster, doch vor der Lagerraumtür brannte eine Lampe. Die Wache war da, saß auf einem Stuhl und... pennte.
Klar, was sonst?!
Ich huschte weiter und blickte durch das Fenster in das Innere des Raumes, sah aber nichts, es war zu dunkel.
Seufzend stand ich da.
Ich wollte schon wieder zurückgehen, als ich merkte, dass das Fenster des Lagerraumes ein Stück geöffnet war.
Tolle Sicherheitsvorkehrungen, wenn sie nicht mal das Fenster verriegelten.
Ich schob es leise nach oben und schlüpfte hinein.
Hier standen hauptsächlich Regale mit Papier, Bürokram, aber auch Munitionskisten mit Pistolenkugeln und Plasmaröhren. Ich schlich durch die Reihen und bemerkte irgendwann eine Treppe, die nach unten führte.
Der Lagerraum hatte einen Keller?
Ich schluckte und stieg diese hinab. Hier traute ich mich, das Licht einzuschalten und eine einsame Funzel an der Decke bemühte sich, die Dunkelheit zu durchbrechen.
Es war ziemlich leer hier.
Ein Regal mit alten Ordnern an der einen Wand, ein alter PC und ein defekter Drucker dort. Meine Aufmerksamkeit wurde von der großen Holzkiste angezogen. Sie war etwas kleiner als ich. Man hatte den Deckel scheinbar abgenommen, denn er stand an die Wand gelehnt daneben. Ein Tuch verhüllte einen Teil der Kiste.
Ich spürte mein Herz klopfen.
Wenn dort jetzt irgendein Monster drin saß, war ich so gut wie tot. Und man wusste in der heutigen Zeit im Militär nie, was es alles gab und was nicht.
Ich ging um die Kiste herum und konnte eine Beschriftung in dem Schummerlicht ausmachen.
Sie wurde mit einem Brandzeichen darauf angebracht.
L-I-oT 3.06c
Was auch immer das heißen sollte...
Ich schluckte wieder, straffte die Schultern und schob das Tuch beiseite, um etwas Licht in den Kasten zu lassen.
Doch was ich sah, überraschte mich wirklich!
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Kleine Worte [AS]
FanficEine Sammlung von Oneshots zu diversen Charakteren aus Sweet Amoris (Vieles davon sind Auftragsarbeiten zu diversen Genres - Romantik, Drama, Science Fiction, School Life etc. - Wenn ihr auch einen Oneshot von mir wollt ---> SCHAUT INS ERSTE KAP...