Ein Sommernachtstraum... oder so!

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Quietschend vor Freude stürmte ein Junge mit blauen Haaren in das Klassenzimmer. Es waren nur wenige Schüler darin, da gerade große Pause war.
„Was geht denn bei dir ab?"
Der Junge fiel dem Mädchen mit den kurzen schwarzen Haaren um den Hals.
„Hast du es noch nicht gelesen?"
„Was...?! Alexy... ich kriege keine Luft..." Das Mädchen japste und versuchte, sich von dem zappelnden Jungen zu befreien.
„Der Aushang in Nathaniels Schaukasten."
„Mann, spucks aus, du Knallerbse!" Sie lachte.
„Ein Theaterstück! Die Oberstufe spielt vor den Sommerferien ein Theaterstück!"
Die Schule hatte vor vier Monaten in ein neues Schuljahr gestartet, Weihnachten war gerade vorbei, das neue Jahr war da und man freute sich schon auf die nächsten Ferien.
„Ama!! Hörst du mir zu!! Wir sollen ein Theaterstück aufführen. WIR! Haha... oh Mann... wäre das nicht megageil, wenn wir beide die Kostüme machen könnten? Und du dann noch das Makeup? Whoa..."
Der Junge mit dem Namen Alexy hüpfte, zog seine giftgrünen Kopfhörer auf die Ohren und groovte durch den Klassenraum.
„Mann, Alex. Geht das auch leiser? Ich kann mich nicht konzentrieren!"
Ein schwarzhaariger Junge, der frappierende Ähnlichkeit zu dem Aufgekratzten hatte, nörgelte und hackte auf einer PSP in seinen Fingern herum.
„Komm mal aus deinem Schneckenhaus, Armin. Mann... und du bist mein Bruder! Ich würde es nicht glauben, wenn ich ohne meine Kontaktlinsen und die Haarfarbe nicht genauso aussehen würde wie du!"
Das Mädchen mit den schwarzen Haaren lachte leise.
Die Zwillinge kabbelten sich immer, liebten einander aber mehr als jeden anderen. Und sie machten auch kein Geheimnis daraus.
„Ama, wir beide rocken das Ding!"
Ama, die mit vollem Namen Amalee hieß und ihre Eltern dafür immer noch hasste, stand auf und groovte mit dem Blauhaarigen durch das Klassenzimmer.
Die beiden merkten nicht, dass die ozeanblauen Augen von Alexys Zwillingsbruder die Bewegungen des Mädchens verfolgten und das ein leichtes Lächeln seine Lippen zucken ließ.
„Wo müssen wir denn hin, um uns für das Theaterstück als Hilfe anzumelden?"
Alexy zog die Headphones wieder von den Ohren.
„Na bei Boris. Wo denn sonst?"
„Und welches Stück?"
„Warte... wie war das?... Äh... ich glaube am Freitag ist die Besprechung für unseren Jahrgang. Da können die Leute sich dann als Schauspieler, Bühnenbildner, Maskenbildner und Kostümmenschen bewerben und wir stimmen über das Stück ab. Whoa... ich kann es kaum noch erwarten..."
Alexy war so flippig und stand so unter Strom, dass er niemals stillsitzen konnte und seine zuckersüße Schnute war auch nie ruhig.
Als sie ihn kennenlernte, vor einem Jahr, war sie anfangs ziemlich in ihn verschossen.
Doch Alexy stand der Damenwelt nicht zur Verfügung. Er liebte Jungs. Eine Tatsache, die Ama, wie sie sich heute eingestand, eigentlich sofort hätte merken müssen. Kein Junge, der Mädchen bevorzugte, kleidete sich wie ein Bonbonautomat und war so aufgekratzt, hibbelig und... ja, mädchenhaft.
Die Gefühle verblassten sehr schnell wieder und er wurde ihr bester Freund. Seit einem halben Jahr oder so kribbelte es nun in ihrem Bauch, wenn sein Zwilling Armin anwesend war.
Doch der war so ein Zockertyp und PSP-besessen, dass sie bezweifelte, dass er sie überhaupt bemerkte.
Schade eigentlich.
Denn sie wusste von Alexy, das Armin in Sachen Liebe und Mädchen ziemlich unerfahren war und es gab kaum etwas, das sie mehr reizte, als ein Junge, dem sie noch was beibringen konnte. Man konnte von ihr halten, was man wollte, aber sie genoß die Liebe und auch den Sex, den sie hatte, in vollen Zügen.
Warum war man eine Schlampe, nur weil man Spaß hatte? Sie trieb es ja nicht mit jedem!
Aber sie war ein kommunikativer Mensch, sie liebte es, zu reden, konnte auf Leute zugehen und fand überall recht schnell Anschluss.
Doch das, was sie noch mehr begeisterte als schüchterne männliche Jungfrauen, das war Make up Art.
Alexy hatte Recht.
Sie würde sich tierisch freuen, wenn sie bei der Theaterproduktion das Make up für die Darsteller machen dürfte. Und wenn Alexy für die Kostüme eingeteilt werden würde, würden sie alle wunderbar aussehen. Er selber kleidete sich vielleicht wie ein Regenbogen, aber er hatte ein gutes Verständnis für Farben und Formen.
Kein Wunder, dass er der Klassenbeste in Kunst war.
Ihr Blick wanderte von dem Blauhaarigen zu seinem Bruder. Der saß an seinem Tisch ganz hinten, hatte die Füße auf dem Tisch und das flackernde Licht der PSP ließ seine schönen Augen funkeln. Seine Stirn war krausgezogen und seine Zungenspitze klemmte zwischen seinen Lippen.
Er war so süß!
Kaum vorzustellen, das Alexy normalerweise auch so aussehen würde.
Sie seufzte und erhob sich.
„Ich geh mal aufs Klo. Es klingelt ja gleich wieder."

Kleine Worte [AS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt