„Also? Kommst du, kommst du??"
Mein Bruder sprang herum und das Mädchen vor ihm schien ganz überfordert zu sein. Sie war noch nicht so lange an der Schule, erst ein paar Monate und scheinbar hatte sie sich an Alexys Lebendigkeit noch nicht gewöhnt.
„Aber... ich... ich weiß noch nicht, ob ich nicht doch zum Job muss..."
„Na wenn du arbeiten musst, dann nicht, aber wenn du frei hast, kommst du doch zu uns, oder? Wir machen so eine richtige Übernachtungsparty mit Knabberkram und Horrorfilmen..."
Mika wischte sich den blonden Pony aus der Stirn.
„H-Horrorfilme?"
Alexy machte große Augen und nickte, als würde es daneben nichts anderes geben.
„Aber... die sind gruselig."
Ich musste losprusten und Alexy sah sie an, als wäre sie nicht ganz dicht.
„Ja... deswegen nennt man sie Horrorfilme... Aber wir können auch lustige von Disney oder so gucken, wenn dir das lieber ist? Aber dafür musst du zu uns kommen...!"
Schließlich nickte sie und meine Blaubeere von Bruder hüpfte zum nächsten Opfer, mit dem er sich gut verstand.
Kentin war leichter zu überzeugen und ich grinste etwas.
Den lud er exklusiv für sich ein. Sie mochten den anderen etwas vorspielen können, aber ich wusste, was zwischen den beiden lief. Und das war nicht jugendfrei!
Aber ich würde ihm schon beibringen, bei unserer „Übernachtungsparty" einen Schwulenporno vorzuspielen!
„Gucken wir dann wirklich Horrorfilme?"
Mika wandte sich an mich und ihre Augen sahen irgendwie unsicher aus.
Ich lächelte.
„Nein. Obwohl ich so manchen Disney-Klassiker eindeutig dazuzählen würde. Du kannst dich ja dann hinter mir verstecken, wenns zu schlimm wird."
Sie nickte mit einem Lächeln und machte sich nun daran, ihre Pausenbrote zu verspeisen.
Mika war schon eine Erscheinung.
Irgendwie war sie winzig. Also zumindest um einiges kleiner als ich. Ihre blonden Haare reichten ihr bis auf den Rücken und ihre rötlichen Augen waren schon selten. Ich hatte einmal ihre Geschwister gesehen und war seitdem felsenfest überzeugt, dass sie nur Halbgeschwister waren. Denn ihr Bruder und ihre jüngere Schwester waren brünett mit blauen Augen. Nichts Außergewöhnliches.
Ihre italienischen Wurzeln bemerkte man nur an ihrem Namen – Mika Lou Ventura – und an ihrem zeitweilig aufbrausenden Temperament.
Sie hatte mal gesagt, dass sie hart arbeiten würde neben der Schule, genauso wie ihr Bruder, denn ihre Eltern waren abgehauen, erlebten einen egoistischen zweiten Frühling oder was auch immer und ihre Kinder hatten ihnen im Weg gestanden.
Sie waren seit einem Jahr verschollen, meldeten sich nur hin und wieder mit einer banalen Postkarte. Geld hatten sie ihren Kindern zur Unterstützung nicht dagelassen, aber zum Glück auch keine Schulden.
Es war selten, dass Mika mal ein freies Wochenende hatte und als Alexy davon Wind bekam, war er eben sofort zur Stelle, um sie einzuladen.
Ich versprach mir davon nicht soviel. Ich würde das Wochenende lieber mit Zocken verbringen, aber da nahm er keine Rücksicht drauf. Entweder er nervte mich dann die ganze Zeit oder er schleifte mich zum Shoppen.
Denn im Gegensatz zu anderen Menschen konnte mein Bruder auf seinem Hintern nicht stillsitzen!Es war kurz vor Acht, als es an der Tür klingelte und Mika davorstand. Ihr Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und die kleine Sporttasche, die sie dabeihatte, enthielt sicher ihren Pyjama und Kram, ohne den Mädchen das Haus nicht verließen.
Ihr wisst schon, die ganzen peinlichen Einhörner mit den glitzernden Mähnen, Tampons, fluffige Hausschuhe und so. Ha Ha Ha.
Ich öffnete mit einem Löffel im Mund.
„Oh komm rein. Kentin ist schon da. Gut, dass du da bist, ich dachte schon, ich müsste den beiden beim Rummachen zugucken..."
Mikas Blick war etwas verwirrt, aber ok, sie wusste auch nicht über die beiden, was ich wusste.
„Heeey... alle da. Jetzt kann der Filmmarathon anfangen. Schau, Mika. Ich hab extra ein paar Filme auch für Mädchen rausgesucht, aber wer heult, fliegt raus. Ich hasse es, wenn Filme traurig werden!"
Die ausgewählten Filme setzten sich mehr aus Naturkatastrophenfilmen und Komödien zusammen. So lag 2012 neben Der gestiefelte Kater, aber das machte nichts.
Sie setzte sich neben Kentin, den Alexy bereits ziemlich zerzaust hatte und kicherte.
„Schlafen wir dann alle hier in diesem Kreis?"
Unsere Eltern hatten uns das große Wohnzimmer mit dem Flatscreen überlassen und sahen bei sich im Schlafzimmer fern.
Alexy sah Mika an. Ihm war die Idee offenbar noch nicht gekommen.
„Nein... eigentlich war es so gedacht, dass du bei Armin auf dem Besuchersofa pennst und Kentin auf meinem."
Ich konnte mir nicht verkneifen, bei seinen Worten zu grinsen. Klar, wir würden Ken bestimmt auf dem Sofa wiederfinden am nächsten Morgen, sicher...!!
„Oh, ok. Ich dachte nur, weil es gerade so kuschelig hier wirkt und alles. So viele Kissen. Irgendwie... man hat nicht das Gefühl, dass Jungs diese Party ausgerichtet haben."
Alexy grinste und ich schüttelte den Kopf.
„Alex ist kein Junge, sondern ein Mädchen. Du hast also Unterstützung."
Die beiden lachten los und ich schüttelte den Kopf. Ich war der einzig Vernünftige hier.
„Mädchen können einfach alles tun und werden trotzdem noch beschützt. Da ist es doch nicht verwunderlich, dass ich mich wie eins benehme..."
„Ja, aber ein Mädchen gilt auch als Schlampe, wenn sie mit mehr als einem Jungen geschlafen hat und soviele Schwänze, wie du schon gesammelt hast, Bruderherz..."
„Jetzt übertreibst du aber!" Alexy wirkte pikiert und beleidigt und ich hob beschwichtigend die Hände.
Mika lachte wie doof und Kentin saß daneben, nicht wissend, ob er lachen oder im Boden versinken sollte.
Mein Bruder schob den ersten Film in den Player und das Gekabbel hörte auf.
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Kleine Worte [AS]
Hayran KurguEine Sammlung von Oneshots zu diversen Charakteren aus Sweet Amoris (Vieles davon sind Auftragsarbeiten zu diversen Genres - Romantik, Drama, Science Fiction, School Life etc. - Wenn ihr auch einen Oneshot von mir wollt ---> SCHAUT INS ERSTE KAP...