Kapitel 7

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Ice

Was zur Hölle ist los mit mir? Ich fühle mich heute Morgen, als wäre ich unter Betonplatten begraben. Als würde auf mich ein Gegner einschlagen, den ich nicht sehen kann. Etwas reißt an mir, zerrt an meinen Gefühlen. Das Tier wütet in mir und kratzt an meinem Verstand. Raven zu riechen, sie zu spüren, zu sehen überreizt meine Sinne. Ich war zu lange nicht mehr laufen. Ich muss raus, muss rennen, bis jeder Muskel brennt und dieses Zerren endlich schweigt.

Mit einem abfälligen Schnauben wende ich mich ab und ziehe Raven hinter mir her in die Küche, wo ich ihre Handschelle löse und sie wortlos auffordere, sich an den Tisch zu setzen. Es riecht nach Toast, Eiern und Speck, aber am dankbarsten bin ich Sam für die große Kanne Kaffee, die er gekocht hat, denn in der vergangenen Nacht habe ich mehr mit dem Chaos in meinen Gedanken und Gefühlen gekämpft als geschlafen. Ich fühle mich erschöpft, was nicht nur an Raven und meinen Schuldgefühlen ihr gegenüber liegt, sondern vor allem an den Wochen, in denen Sam und ich jetzt schon auf der Flucht sind und um sein Leben kämpfen. Und ich fühle mich, als wäre in mir alles außer Kontrolle geraten. In der einen Sekunde denke ich darüber nach, die Frau neben mir unter meinem Körper zu begraben und nicht aufzuhören, bis sie sich mir völlig unterwirft und meinen Namen schreit. Und in der nächsten zittert jeder Muskel in mir vor Wut und ich will sie umbringen. Im einen Augenblick kann ich ihr nicht nahe genug sein. Und im nächsten kann ich nicht weit genug fort sein. Und bei all dem Chaos darf ich nicht vergessen, dass sie nur wegen Sherwood hier ist. Dass sie seine Tochter ist.

Eins muss man über Sherwood wissen: Er verlangt absoluten Gehorsam. Zuwiderhandlung wird hart bestraft. Immer. Das gilt für jeden, weswegen er auch keine Ausnahme bei unserer Mutter, seiner Partnerin, gemacht hat. Weil sie Sams Betrug gedeckt hat, musste sie sterben. Gerade deswegen ist Sherwood zuverlässig. Jeder im Clan weiß zu jeder Zeit genau, dass er sich auf seinen Anführer verlassen kann. Die Gesetze werden durchgesetzt. Dass Sam und ich geflohen sind, dürfte einiges an Chaos verursacht haben. Und für Sherwood ist es umso wichtiger, zu zeigen, dass er noch immer die Kontrolle hat, indem er Sam seiner Strafe zuführt. Und mich meiner. Weil ich meinem Bruder zur Flucht verholfen habe. Er lässt uns also jagen. Aber was ich brauche, was ich unbedingt will, ist, dass er mich jagt. Dass er sich mir stellt. Damit ich es beenden kann.

»Hast du das Frühstück allein zubereitet?«, will Raven von Sam wissen und sieht ihn bewundernd an, als er Teller mit Ei und Speck vor uns auf den Tisch stellt.

Sam ist in dem Alter, in dem einen jegliches Lob noch peinlich ist. Er verzieht verschämt das Gesicht, presst die Lippen aufeinander und brummt leise zur Bestätigung. »Hat Ma mir beigebracht.« Sams Blick wandert über Raven, seine Augen verengen sich misstrauisch und er tritt einen Schritt von ihr zurück, als brauche er dringend Abstand zwischen sich und ihr.

Dieser Abstand würde mir auch guttun, denn ich halte es in ihrer Nähe kaum noch aus. Meine Gedanken kreisen um das Gefühl, sie in den Armen gehalten zu haben, gemeinsam mit ihr aufgewacht zu sein, und wie sehr mich alles zu ihr hinzieht. Ich erwische mich dabei, wie ich auf ihre vollen Lippen starre, die Biegung ihres Halses mustere und den Klang ihrer Stimme in mich aufsauge.

Erschöpft reibe ich über mein Gesicht. Vielleicht war ich schon zu lange nicht mehr mit einer Frau zusammen. Ich habe mich seit Wochen ausschließlich auf Sam und Sherwood konzentriert. Da war keine Zeit dafür, meinen Trieben nachzugeben und mir ein kurzes Abenteuer zu suchen. Normalerweise ist meine Lust auf Frauen ausgeprägt, aber ich habe dem Druck kaum nachgegeben. Sams Schutz steht vor allem anderen. Aber jetzt mit Raven in der Nähe, scheint mein Körper auf seinem Recht zur Befriedigung zu bestehen. Was für ein Bullshit, fluche ich innerlich über meine eigenen Gedanken. Ich fühle mich, als würde ich außer Kontrolle geraten. Als würde der Teil in mir, den ich mühsam versuche, zu unterdrücken, jeden Augenblick explodieren. Aber das darf ich nicht zulassen. Ich brauche jetzt meinen Verstand.

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