Kapitel 18

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Raven 

Sein Geschmack füllt noch immer meinen Mund, ich fühle noch immer seine Klauen auf meiner Haut, höre seinen schweren Atem und spüre ihn zwischen meinen Beinen. Ich spanne meine Oberschenkel an, um die Hitze zu vertreiben, die noch immer in mir pulsiert. Ich reibe über meine Arme, lecke über meine Lippen. Es fühlt sich viel zu gut an, wenn er mir so nahe ist. Ich verstehe nicht, was da mit uns passiert. Aber es ist so viel mehr, als ich ertragen kann, wenn all diese Emotionen und Bilder in meinem Kopf auftauchen, während er in mir ist.

Ich mustere Ice von der Seite und spüre den Nachwehen von dem nach, was wir eben getan haben. Ich hatte schon intensiven Sex, aber was Ice und ich erleben, ist damit nicht zu vergleichen. Als würden unsere Wolfsinstinkte alles noch viel stärker machen. Noch viel besser. Und das macht mir Angst. Diese Gefühle machen mir Angst. Ich habe Männer schon für deutlich weniger als das weggeschickt. Ich strecke eine Hand nach ihm aus und berühre seine Hand, die auf der Gangschaltung liegt. Er verschränkt seine Finger mit meinen und ich genieße diese Berührung. »Wir sind beide nicht für eine Beziehung geschaffen, von daher ist es in Ordnung, wenn du gehst, sobald du mich abgeliefert hast.«

Er sieht mich an, auf sein Gesicht tritt ein Lächeln und er schüttelt den Kopf. »Abliefern ... das klingt so ... Das ist es nicht, was ich vorhabe. Du sollst einfach nur sicher sein«, sagt er und konzentriert sich wieder auf die schmale Straße, die meilenweit durch Nichts führt. »Ich könnte nicht damit leben, zu wissen, dass er dich noch einmal in seine Hände bekommt. Mein Großvater wird dich besser beschützen können, als ich es jemals könnte.«

»Das ist nicht deine Verantwortung. Du kannst nichts für seine Pläne. Es wäre so oder so dazu gekommen«, entgegne ich schnaubend. »Lass uns einfach nicht mehr darüber reden.«

Ice schweigt, seine einzige Reaktion ist ein tiefes Ausatmen.

»Sag es schon«, fordere ich ihn auf, weil ich das Gefühl habe, er will mir noch etwas mitteilen. Auch wenn ich es nicht hören will.

»Ich werd es in Ordnung bringen. Versprochen.«

Ich sehe ihn traurig an und nicke. Ich weiß, dass er daran glaubt und es unbedingt schaffen will. Aber mir wäre wohler, er wäre auch in Sicherheit. »Mir wäre es lieber, du würdest auch bleiben. Wenn wir dort wirklich sicher sind, wozu willst du noch das Risiko eingehen und Sherwood dich jagen lassen?«

»Weil es erst zu Ende ist, wenn es zu Ende ist«, sagt er fast schon trotzig, den Blick stur auf die Straße gerichtet. »Die Gefahr ist einfach zu hoch, dass, wenn ich auch nur einen Tag zu lange irgendwo bleibe, er mich finden wird. Und wenn ich hier bleibe, wird er dich finden. Solange ich mich bewege und er mir folgt, bist du außer Gefahr. Ich muss jede Chance nutzen, ihn von dir fernzuhalten.« Er klingt fast schon bitter.

Ich entziehe ihm meine Hand. Wir waren uns eben so nahe. Ich rieche ihn noch an mir. Und jetzt streiten wir uns schon wieder, ohne dass ich wirklich weiß, warum ich mit ihm streite. Ich weiß doch auch nicht, was ich eigentlich will, wohin mein Leben mich führen wird. »Du willst dich selbst bestrafen, das ist der wahre Grund. Du willst, dass Sherwood dich tötet, weil du glaubst, das hättest du verdient.«

»Dort vorne ist Thunder Valley«, sagt Ice, ohne auf meine Worte einzugehen, und deutet auf mehrere Lichter, die am Horizont auftauchen. Wir fahren auf eine Stadt zu, die inmitten dieser unendlichen Ebene liegt.

Seufzend reibe ich mir über das Gesicht und verdränge die Gedanken, die mich noch immer quälen. Im Moment sollte ich dieses Gespräch verschieben, Ice wird ohnehin nicht zulassen, dass ich ihn von seinen Plänen abhalte. »Es sieht gar nicht so winzig aus, wie ich erwartet hatte«, sage ich und wechsle ergeben das Thema, als ich immer mehr Lichter am Horizont auftauchen sehe.

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