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Gino
„Du siehst so hübsch aus Macy." sagte Nova, als ich mit Macy aus dem Bad kam. Macy drehte sich im Kreis, und ließ ihr blass rosafarbenes Kleid im Wind drehen.
„Ihr seht beide sehr hübsch aus." ich betrachtete Nova. Sie trug das mintgrüne Kleid welches ich ihr besorgt hatte und sah darin wirklich atemberaubend aus. „Sollen wir?" ich streckte meine Hand nach Nova aus. Mit Novas Hand in meiner und Macy auf dem Arm verließen wir unser Hotelzimmer. Im Flur warteten bereits die Jungs auf uns. Die ganze Gruppe zusammen in schicken Anzügen zusehen ist ein ziemlich seltener Anblick.
„Denkst du wir kriegen deine Mutter irgendwann dazu überredet eine Veranstaltung ohne so einen affigen Dresscode zumachen?"
„Ajax für meine Mutter ist das hier schon fast Alltagskleidung." gab ich zurück.
„Glaubt ihr wir passen da alle rein? Der andere eiert irgendwo im zweiten Stock rum und braucht wahrscheinlich noch Stunden." Brix deutete auf den Fahrstuhl, der bereits auf uns wartete.
„Wenn wir zu schwer sind, bleiben wir stecken und haben eine Ausrede, weshalb wir nicht kommen konnten." ich setzte Macy auf meine Schultern, damit sie nicht zwischen uns zerquetscht wird und stieg mit allen zusammen in den Fahrstuhl. Leider blieben wir nicht stecken, sondern kamen pünktlich unten an, wurden sofort von dem Personal in Empfang genommen und zum Eingangsbereich geführt, wo neben der Fotowand und den Fotografen, auch die meisten Gäste und meine Eltern waren.
„Giuliano!" meine Mutter eierte auf uns zu. Bereits im gehen schien sie jedes unserer Outfits abzuchecken, um ja keinen mit einer schiefen Krawatte oder einer Falte vor die Kamera zu lassen. Aber scheinbar war an uns alles akzeptabel, zumindest sagte sie nichts dazu. Meine Mutter war der Typ Mensch der entweder die Kritik aussprach oder nichts sagte. Ein Lob bekam man nur selten zuhören.
„Ich dachte wir hatten gesagt, dass Macy den Abend bei Marys Freundin verbringt?"
„Wir haben gesagt, dass Marys Freundin eventuell später auf Macy aufpasst, wenn diese schläft. Und jetzt gerade schläft sie noch nicht, also ist sie bei mir."
„Gib sie bitte an jemand anderen ab, du sollst vor die Kameras. Und das Team kann gleich mitkommen ihr könnt nach der Session mit der Familie auch ein paar Team Fotos machen lassen." befahl sie und lief davon.
„Ich nehm sie." Nova nahm mir Macy ab und ich lief wenig motiviert meiner Mutter nach. Zusammen mit ihr, meinem Stiefvater und meinem Bruder betrat ich den affigen roten Teppich und brachte mich in Position, so wie es mir von klein auf beigebracht wurde. Schultern zurück, Kinn nach oben, Hände irgendwie halten das es locker aussieht, aber nicht zu locker und jetzt in die Kamera schauen und die Maske aufsetzen. Eine Maske aus Arroganz, Selbstsicherheit und trotzdem diesem besonderen charmanten Lächeln, welches die Öffentlichkeit an mir gerne sieht. Niemand von diesen Menschen kennt mich, und trotzdem haben sie alle eine genaue Vorstellung von mir. Wenn die nur wüssten... nach einigen Fotos machte ich Platz, damit auch Mary mit drauf kann und sich zwischen mir und Sandro in Position bringen kann.
„Geh darüber und hol das Team dazu." befahl meine Mutter und lächelte mit Henry zusammen in die Kamera. Sie sahen wunderbar aus. Während Henry in einem dunkelblauen Anzug steckte, trug meine Mutter ein weinrotes Kleid, welches glaube ich genau für ihren Körper angepasst wurde und höchstwahrscheinlich nur für heute Abend ist und danach gibt es wieder ein neues...
Ich winkte das Team zu mir, um zusammen mit ihnen einige Fotos zu machen. Mit den Jungs fühlte ich mich auf eindeutig wohler, keine steife Haltung, stattdessen lehnte Ajax halb auf mir und grinste in die Kamera, genauso wie es meine Mutter nicht gerne sah.
„Mary kannst du kurz Macy nehmen?" fragte ich sie im Vorbeigehen und deutete auf Effie und Nova, die mit Macy am Rand warten.
„Klar!" antwortete die Verlobte meines Bruders und nahm strahlend Macy auf den Arm. Wir winkte Effie und Nova dazu und mit einem etwas unsicheren Lächeln traten sie zu uns. Ich legte meinen Arm um Novas Taille und hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe.
„Du siehst heiß aus." raunte ich und sie schmunzelte leise.

„Mr Martinelli!" ertönte eine tiefe kratzige Stimme. Lächelnd trat ich an meinen Highschool Coach heran, der gerade mit Ajax in ein Gespräch vertieft war.
„Coach Duffing Hi." ich grinste den alten Mann an. Ich glaube ich war einer der letzten Jahrgänge die er im Basketball an der Schule gecoacht hat, bevor er in Rente gegangen ist.
„Was machen sie denn hier?"
„Ach... nach einem Jahr Ruhestand habe ich Langeweile bekommen und... seitdem unterstütze ich den Sportverein in Calgary und trainiere dort mit einigen Kindern, die es nicht in die großen Teams geschafft haben. Ihr Mutter unterstützt uns großzügig und hat einige von uns hierher eingeladen."
„Als was haben sie denn vorher gearbeitet?" fragte Ajax.
„Ich war Baskestball Coach an einer Highschool und habe Talente wie Mr Martinelli trainiert." stolz sah er mich an. „Waren sie auch mit Mr Martinelli auf der Highschool Mr Chambers?"
„Nein. Gino und ich kennen uns erst seit ein paar Jahren. Ich bin in New York aufgewachsen und auch dort zur Schule gegangen. Nachdem ich an einem Abend Gino auf einem der Sportplätze getroffen habe, war es wie... liebe auf den ersten Blick..." Ajax lächelte mich süßlich an.
„Oh!" machte Coach Duffing und seine Augen wurden groß.
„Naja... Freundschaft auf den ersten Blick..." Ajax grinste. „Irgendwie landeten wir dann zusammen in einer Uni WG und ich bin ihn einfach bisher nicht wieder losgeworden."
„Ajax ist der Kapitän des Teams der Silverbrook University." erklärte Ich.
„Ich muss einmal ins Bad." Mary kam angerauscht, drückte mir hastig Macy in den Arm und eilte davon.
„Daddy." quietschte Macy erfreut. „Ajax!"
„Na kleine." Ajax gab ihr ein Highfive.
„Eine Tochter? Du bist doch erst..."
„22." nahm ich ihm die Rechnerei ab und grinste Macy an.
„War das dann ihre Frau?"
„Nein." lachte ich. „Das war die Verlobte meines Bruders. Meine Freundin steht..." ich sah mich im Saal um. „Da vorne. Orangenes Haar und ein hellgrünes Kleid."
„Was habe ich dir früher auf dem Spielfeld immer zu der Zeit gesagt. Du darfst den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen um zu werfen, sonst kommt ein anderer und schnappt sich den Ball. Und bei so einer schönen Frau und einem Kind... wo bleibt der Ring?" der Coach sah mich tadelnd an und Ajax verschluckte sich an einem unterdrückten lachen.
„Das Kind gehört zwar zu mir. Und die schöne Frau auch... aber das Kind gehört nicht zur schönen Frau..." erklärte ich und hörte ein leises Oh. Hinter mir wurde es immer unruhiger und ich fragte mich bereits was da los war. Eigentlich herrschte auf diesen Veranstaltungen immer eine höfliche ruhige Atmosphäre, vorallem zu diesem Zeitpunkt, wo noch nicht sehr viele betrunken waren. Sandro trat an mich heran.
„Ich soll dir von Mary sagen, dass es ihr leid tut. Aber sie kann nichts dagegen machen, weil sie mit dieser wütenden Furie nicht umgehen kann..." flüstert er in mein Ohr.
„Was?" völlig verwirrt sah ich ihn an.
„Keine Ahnung! Dass hat sie mir gesagt und ist dann verschwunden." er zuckte mit den Schultern.
„Wirklich wie kann man nur! Es ist eine... verdammt!" höre ich aus der Unruhe hinter mir eine wütende Frau meckern.
„Verdammtes Kind!"
„Macy..." mein Blick wandert zu Macy, die völlig unschuldig die Lippen zusammenpresst und meinem Blick ausweicht. „Was ist passiert?"
„Nichts." sagte sie sofort.
„Keine Lügen." ermahnte ich sie.
„Tante Mary und ich haben gespielt und ich wollte fangen spielen. Mary wollte nicht, aber ich bin trotzdem gerannt." murmelt sie leise.
„Und dann?"
„Ich bin gegen eine Frau gelaufen und sie hat ihr Trinken verschüttet glaube ich..."
„Hast du dich entschuldigt?"
„Nein... sie hat so böse geguckt und..."
„Wo ist dieses verdammte Mädchen?" wütet die Frau hinter uns weiter. In dem Moment in dem ich beschließe mich umzudrehen, stehen nicht nur die Jungs plötzlich hinter mir, sondern auch Effie und Nova sind rüber gekommen. Als hätte es ein Hilferuf gegeben und alle sind hier um Macy zu schützen. Ich trete durch die Menge hindurch und entdecke eine Frau in einem hellblauen Kleid mit einem Handflächen großen etwas dunkleren Fleck auf dem Bauch.
„Welcher Idiot bringt denn schon ein kleines Kind mit zu so einer Veranstaltung? So jemand sollte gar nicht erst auf die Gästeliste kommen, wer sich so etwas erlaubt." meckert sie herum und starrt wütend die Gäste um sich herum an. „Und dann auch noch so unerzogen. Wahrscheinlich eines der Spendenkinder oder so!"
Ajax nahm mir Macy ab und ich trat hervor. „Wenn sie so über die Kinder denken, die wir mit dieser Veranstaltung unterstützen wollen, sollten sie vielleicht nicht hier sein Mrs Bloomsbury."
„Oh nein Ehm..." stottert sie, scheinbar nicht drauf vorbereitet, dass sie jemand in ihrer kleinen Vorstellung unterbricht. Ich mein ja nur..." sie entdeckte hinter mir Macy. „Wenn einer ihrer Gäste, ihrer Teamkollegen eingeladen ist... vielleicht sollten sie ihm dann das nächste mal eine Art Babysitter zur Verfügung stellen wenn..."
Ich nahm Macy Ajax wieder ab und sie klammerte sich an meinem Hemd fest.
„Auf so einer Veranstaltung... sollte ja kein Kind herum rennen und Leute umrempeln."
„Erstens brauche ich keinen Babysitter, wenn ich mich nicht gerade völlig betrinke und nicht mehr auf sie aufpassen könnte. Zweitens sind sie auf einer Veranstaltung FÜR Kinder. Da sollte es doch okay sein, wenn ein Kind hier ist. Drittens gehört dieses Hotel und die ganze Veranstaltung meiner Familie! Ich denke ich habe das Recht zu entscheiden ob meine Tochter hier sein darf oder nicht richtig?"
„Giuliano ich wollte nicht..."
„Mr Martinelli!" ich funkelte die Frau an. Sie war Anfang 60 und hatte bereits weißes Haar und ein grimmiges Gesicht, an dass ich mich noch genau erinnern kann. Sie war früher ziemlich häufig zu Besuch bei meiner Großmutter und hat mir dort bereits riesige Angst gemacht mit ihrem grimmigen Gesicht und der faltigen Stirn.
„Bitte?"
„Mr Martinelli! Sie sind keine Freundin von mir und nennen mich daher auch nicht bei meinem Vornamen!"
„Sie können... ich..."
„Meine Tochter entschuldigt sich dafür, dass sie ausversehen gegen sie gelaufen ist. Und jetzt hören sie auf hier so ein Stress zu machen, wegen einem beschissenen Sektfleck auf dem Kleid. Geben sie es hier später in die Reinigung und stellen sie sich nicht so an, ziehen sie sich ein anderes Kleid an oder verlassen sie am besten diese Veranstaltung, denn ein Herz für Kinder haben sie ja wohl kaum." ich warf ihr noch einen abschätzigen Blick zu und verschwand mit der ganzen Truppe wieder. Wir zogen uns in den Wintergarten zurück, indem nie etwas stattfand, sondern immer nur Raum für die Familie bietet um sich zurück zuziehen.
„Glaubt ihr ich kann nach einer angestellten rufen, damit sie uns alles vom Buffet herbringt, ohne dass wir da jetzt sofort wieder rein müssen?" Jasper lag auf einem der Sofas und starrt gegen die Decke.
„Um uns alle zu versorgen, sollten sie vielleicht einfach ein zweites Buffet hier aufbauen, das würde das rumgelaufen sparen." schlug Romeo vor.
„Oder wir setzen uns in ein Zimmer und rufen den Roomservice. Eier mit Speck. Oder Pfannkuchen..." träumte Kenji leise.
„Das ist Frühstück Du Idiot." bemerkte Gibby lachend.
Ich lag auf einem der Sofas, mein Kopf ruhte auf Novas Schoß und ich sah ihr und die Augen. Sie streichelte ununterbrochen über meine Haare, strich an meinem Kiefer entlang, fuhr die Linien meiner Lippen nach. Macy schlief auf meinem Bauch, völlig fertig von den ganzen Eindrücken die sie heute gesammelt hat. Ich weiß das Marys Freundin oben in unserem Zimmer sitzt, ihre Arbeit dort macht und nur darauf wartet, dass ich Macy hoch bringe, aber gerade ist es so entspannend hier...
Die Tür schwang auf.
„Psst!" machte jeder von uns und meine Mutter starrte uns völlig außer sich an. Trotzdem bemerkte sie Macy und stimmte ein wütendes leises Fauchen an.
„Giuliano Martinelli!"
Ich machte mir nicht mal die Mühe mich aufzurichten. Ich blieb einfach liegen, blinzelte weiter in diese wunderschönen grünen Augen, auch wenn Nova meine Mutter anstarrte.
„Was hast du dir dabei gedacht?"
„Bei was denn? Ich habe soviele Denkprozesse in meinem Kopf laufen, welchen willst du hören?" brummte ich leise, um Macy nicht zu wecken.
„Wieso schnauzt du vor unseren Gästen Mrs Bloomsbruy an?"
„Wieso nicht? Sie hat sich völlig ohne Grund aufgeregt. Wegen so einem Mini Fleck also wirklich..."
„Giuliano!" wütend stampfte sie auf den Boden. „Wenn du Marceline unbedingt mitnehmen musst, dann lass sie nicht aus den Augen, damit sie keinen unserer Gäste stört."
„Macy würde niemanden stören, wenn du mir endlich erlaubst diesen kleinen Mini Kindertisch zu erschaffen, an dem sie Malen und spielen dürfte. Außerdem habe ich sie nicht unbeaufsichtigt gelassen. Mary war bei ihr! Weil ich meinen Job gemacht habe und mit den Leuten gesprochen habe, so wie du es wolltest." knurrte ich genervt.
„Jetzt hör auf dich so beleidigt zu benehmen. Setz dich auf und guck mich an wenn ich mit dir rede!"
„Ich kann mich nicht hinsetzen, Macy schläft." ich deutete auf den kleinen schlaffen Körper auf mir drauf.
„Du gehst jetzt da raus und entschuldigst dich bei Mrs Bloomsbury!"
„Nein." murmelte ich.
„Giuliano!"
„Mrs Bloomsbury hatte es verdient. Die Frau nervt bei jeder Veranstaltung rum. Hier ist den Wein zu fruchtig, da das Fleisch nicht blumig genug... ich kriege jedes Mal das kotzen wenn ich sie sehe. Definitiv werde ich mich nicht entschuldigen. Sie war frech und unhöflich und du solltest echt drüber nachdenken, sie von der Gästeliste zu streichen. Sie ist ja nicht mal sonderlich reich. Da würde kein großer Unterschied sein, wenn sie nicht spendet."
„Weißt du eigentlich was du gemacht hast Giuliano? Du hast vor allen Gästen Macy als deine Tochter betitelt. Vor ALLEN!"
„Ja MUM!" ruckartig stand ich auf und vergaß für eine Sekunde Macy. Natürlich wachte sie auf und quengelte leise.
„Komm her." Nova nahm sie in den Arm und sie wurde prompt ruhiger.
„Ich habe sie vor allen Gästen als meine Tochter betitelt, weil sie es ist!" knurrte ich mit zusammen gebissenen Zähnen. „Und es ist für die meisten eh keine Überraschung mehr gewesen. Ich sage es jedem, der mich danach fragt. Zudem haben die Menschen Augen. Jeder kann sehen, dass Macy nur da ist, wo ich bin. Dass ich sie den halben Abend auf dem Arm habe und mit ihr verschwinde, wenn sie quengelt. Jeder Idiot kann sehen, dass sie aus dieser Familie kommt. Also akzeptier es doch bitte endlich. Es fuckt mich ab! In der einen Sekunde existiert sie nicht für dich und in der anderen möchtest du dass ihr zwei ein tolles Oma Enkelin Wochenende habt. Entscheid dich endlich! Und wenn wir schon dabei sind, kannst du dich auch gleich mit entscheiden ob du auch deinen Sohn langsam mal akzeptieren könntest. Denn wie ich mitbekommen habe erzählst du jedem, dass ich mich gerade noch finden muss, aber du ganz fest dran glaubst dass ich bald mit in die Firma einsteige. Ich könnte mir diesen ganzen scheiß hier nämlich auch sparen und zuhause in Ruhe Basketball gucken."
„Gino!" ertönte Henry strenge aber auch ruhige Stimme hinter meiner Mutter. Langsam schüttelte er den Kopf. Oh wow... so einen Gefühlsausbruch hatte ich lange nicht mehr vor meiner Mutter. In der Regel stecke ich alles zurück und ignoriere es einfach. Nur selten entlädt sich all die angestaute Wut... so wie heute...
„Bring Macy ins Bett und misch dich wieder unter die Gäste. Die Auktion beginnt bald im großen Wintergarten."

That goddamn smile Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt