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Gino
Ich kam gerade vom Joggen zurück und schob den Kinderwagen, den ich extra fürs Joggen besorgt hatte zurück in die Garage, als mir eine Gestalt auf der Treppenstufe vor meiner Haustür auffiel. Ich hob Macy aus dem Kinderwagen, die erstaunlich gut in diesem Ding schlafen kann, während ich jogge, und lief hoch zur Haustür. Nova lehnte mit dem Kopf an der Steinmauer und bemerkte mich erst, als ich direkt in ihr Sichtfeld lief.
„Hi." begrüßte ich sie und bekam nur ein müdes Lächeln als Antwort. „Was ist los?"
„Ich bin dir aus dem Weg gegangen." erklärte sie und stand auf.
„Das ist mir aufgefallen." die letzten drei Tage habe ich sie so gut wie garnicht zu Gesicht bekommen, mit der Begründung, sie habe zu viel zum Lernen und lesen. Da sie aber bei den zusammentreffen in der Mensa beispielsweise immer normal zu mir war, wusste ich dass es nicht an mir liegen wird. „Was war los?"
„Meine Familie überlegt das Gasthaus zu verkaufen. Die Buchungen gehen zurück. Ich habe mir vorgenommen das zu ändern, musste die letzten Tage aber erstmal überlegen, ob ich es überhaupt ändern könnte."
„Und?"
Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Komm her." ich zog sie in eine Umarmung ließ aber recht schnell wieder los, als mir einfiel wie sehr ich stinken musste in der Sportkleidung. „Sollen wir rein gehen, ich bringe sie ins Bett..." ich deutete auf Macy. „Und gehe einmal schnell duschen?"
„Das wäre wahrscheinlich ganz gut." ein Mundwinkel hob sich. Nach wenigen Minuten lief ich in frisch geduscht und in gewaschener Kleidung die Treppe runter. Nova saß auf der Couch und ich warf mich neben sie.
„Also... was hast du vor?"
„Ich fahre Freitag hin und werde mir mal ein Überblick verschaffen. Den Bewertungen nach zu urteilen fehlt der Charakter und das Leben. Andrea verwaltet das Haus zwar, es kommt auch ab und zu jemand vorbei um zu putzen, aber da steckt nicht viel Liebe drin."
„Darf ich mitkommen?"
„Zum Evergreen?" sie schien überrascht zu sein.
„Ehm Ja. Ich kann dir wahrscheinlich nicht helfen bei den Überlegungen, was du verändern möchtest, aber ein Wochenende mit dir... in einem Einsamen Gasthaus... Macy würde es wahrscheinlich auch gefallen und... naja ich habe ein Auto."
„Das Auto ist tatsächlich ziemlich praktisch." sie grinste und ich zog sie auf meinen Schoß.
„Also... bist du nur hier um mir davon zu erzählen oder..."
„Nein!" sagte sie sofort. „Ich bin eigentlich nur hergekommen, weil ich in deinem Bett schlafen möchte. Torry hat Besuch und ich habe es nicht mehr ausgehalten vor der Zimmertür zu warten bis sie endlich mal fertig sind." sie verdrehte grinsend die Augen.
„Dann werde ich mein bestes tun um dich hier zu... bespaßen." Wir wirbelten herum, bis sie zwischen mir und dem Sofa lag und ich sie küsste, bis ich das Gefühl hatte, dass sie alles andere vergessen hat.

„Hier musst du rechts. Und dann davonreiten zwischen den Bäumen in die Einfahrt rein." leitete Nova mich durch die kleinen bergigen Straßen. Zwischen den hohen grünen Bäumen bog ich in eine Kieseinfahrt ein. Vor uns lag ein langer Kiesweg, umrahmt von Laubbäumen und einem Haus am Ende. Es war mit seiner alten Steinfassade, den salbeigrünen Fensterläden und den Pflanzen die etwas wild an der Fassade entlang wuchsen wunderschön und das komplette Gegenteil der Harmony Hotels meiner Familie. Ich parkte den Jeep neben einem Holzschild, auf dem mit grüner Farbe Evergreen Guesthouse stand. Die Farbe blätterte an einigen Stellen schon ab und das Holz bräuchte auch mal wieder etwas Pflege. Ich hob Macy aus dem Auto und ließ Nova vorlaufen. Sie ließ ihren Blick im Gehen durch die gesamte Fläche des Grundstücks schweifen, über die Beete, die langsam ihre Formen verloren und sich in eine Art wilde Wiese verwandelten, die Fenster, die definitiv einen neuen Anstrich bräuchten oder die Holzbank an der Hauswand, welche schief stand, weil eines der Beine gebrochen war.
Nova schloss auf und wir wurden von einem holzigen Geruch empfangen. Die alten Dielen knarzten unter meinem Gewicht. Wir gingen schweigend durch den Flur, die Küche, das Esszimmer und ein großes Wohnzimmer. Man wurde von diesem Haus sofort in seinen Bann gezogen, auch wenn alles etwas verwahrlost rüber kam. Alte Möbel, bevorzugt aus Holz, warme Farben und helle große Fenster.
„Ich wusste nicht das es so schlimm ist." raunte Niva leise und sah in den Garten hinaus. „Es wirkt so als hätte sich seit Jahren niemand mehr hier aufgehalten. Als wäre das Evergreen mit meinem Vater zusammen gestorben, obwohl ich es hätte aufhalten können."
„Wie oft wart ihr seitdem hier?"
„Ich könnte es an einer Hand abzählen. Meine Schwestern finden es komisch hier zu sein und meine Mutter... sie war seitdem nie wieder hier. Und allein... fühlst du dich hier auch wirklich allein. Die nächsten Häuser sind Kilometer entfernt. Autos kommen hier eigentlich auch nie vorbei, höchstens ein paar Wanderer, die sich verirrt haben." sie lächelt minimal. „Aber früher da... da war es alles für mich... es war... es ist der schönste Ort. Egal ob es im Frühling im Garten in allen Farben beginnt zu blühen, wir alle zusammen in den Bergsee gesprungen sind, im Herbst alles in schönen roten Blättern ertrinkt oder wir im Winter Wegen zufiel Schnee tagelang hier festsaßen und die besten Schneeballschlachten veranstaltet haben. Jedes freie Wochenende bin ich mit Dad hergefahren. Es war mir egal das meine Freunde im Sommer nach Italien oder Hawaii geflogen sind, ich wollte immer nur hier her. Und jetzt ist es... tot."
„Es ist nicht tot. Es ist nur in einen tiefen Schlaf gefallen, aus dem Du es wieder aufwecken kannst." ich setzte Macy auf dem Boden ab und trat hinter Nova. „Dieses Haus ist wunderschön und absolut nicht verloren. Es braucht nur etwas Liebe und Zeit."

That goddamn smile Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt