Wie geht's weiter?

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Die Tür des Aufenthaltsraums schließt sich sanft hinter den Polizisten, und Toni bleibt mit einem dumpfen Gefühl der Erschöpfung auf dem Sofa sitzen. Es fühlt sich an, als wäre ein schwerer Stein von ihrem Herzen gefallen, doch gleichzeitig macht die Leere, die jetzt in ihr zurückbleibt, ihr Angst. Die Realität, dass sie alles erzählt hat, trifft sie langsam. Sie hat das ausgesprochen, wovor sie sich so lange gefürchtet hat.

Phil sitzt noch immer neben ihr, seine Augen voller Mitgefühl. „Du hast wirklich unglaublichen Mut gezeigt, Toni. Ich weiß, dass es schwer ist, aber du hast den richtigen Schritt gemacht.“

Toni nickt schwach, sie weiß, dass er recht hat, aber in ihrem Kopf wirbeln weiterhin Fragen. Was passiert jetzt? Was, wenn die Betreuer es doch herausfinden? Was, wenn sie zurück ins Heim muss?

„Was wird jetzt passieren?“ flüstert sie schließlich und schaut unsicher zu Phil. „Wohin muss ich?“

Phil wirft Alex einen Blick zu, der sich von der anderen Seite des Raumes nähert. Alex setzt sich auf die Armlehne des Sofas und spricht beruhigend: „Zuerst einmal sorgen wir dafür, dass du heute nicht zurück ins Heim musst. Es wird alles geprüft, und die Polizei wird sich um die nächsten Schritte kümmern. Du bist sicher, und wir lassen dich nicht allein.“

Florian, der bisher still zugehört hat, tritt ebenfalls näher. „Wir arbeiten mit dem Jugendamt und anderen Behörden zusammen. Wir finden eine Lösung, die für dich sicher ist. Du musst dir keine Sorgen machen, dass du allein gelassen wirst.“

Toni fühlt eine leichte Erleichterung, aber die Unsicherheit bleibt. „Aber… was, wenn sie es herausfinden? Wenn ich zurück muss? Sie werden wütend sein…“

Alex schüttelt bestimmt den Kopf. „Wir lassen das nicht zu. Die Polizei und das Jugendamt werden sich um den Schutz kümmern. Und solange du dich hier bei uns befindest, bist du sicher.“

Es vergeht ein Moment der Stille, während die Männer ihre Worte wirken lassen. Toni hat so viel Angst davor, zurück in die gewohnte Dunkelheit zu müssen. Doch zum ersten Mal spürt sie einen Funken Hoffnung, dass es auch anders sein könnte.

Plötzlich öffnet sich die Tür, und Paula Martinson, eine der Notärztinnen der Wache, tritt ein. Sie wirft den Männern einen fragenden Blick zu, bevor sie sich sanft zu Toni hinunterbeugt. „Hey, ich habe gerade gehört, was los ist. Wie fühlst du dich?“

Toni zuckt mit den Schultern. Es fällt ihr schwer, Worte für das zu finden, was in ihrem Inneren vorgeht.

Paula lächelt sie sanft an. „Das hier ist eine schwierige Zeit, ich verstehe das. Aber wir werden das gemeinsam durchstehen, okay?“ Sie schaut kurz zu Phil, der dankbar nickt. „Ich werde mit den Behörden in Kontakt bleiben und sicherstellen, dass du die Hilfe bekommst, die du brauchst.“

Langsam hebt Toni den Kopf und sieht Paula an. „Wirklich? Ihr lasst mich nicht allein?“

„Ganz bestimmt nicht“, sagt Paula und nimmt sanft Tonis Hand. „Du bist hier nicht mehr alleine.“

Toni spürt, wie ihre Augen erneut feucht werden, aber dieses Mal sind es keine Tränen der Angst oder Verzweiflung, sondern ein seltsames Gefühl von Erleichterung. Sie hatte so lange alles in sich hineingefressen, geglaubt, dass niemand ihr helfen könnte. Jetzt, umgeben von diesen Menschen, die für sie da sind, beginnt sie zu verstehen, dass es vielleicht doch einen Ausweg gibt.

Phil steht auf und bietet Toni seine Hand an. „Komm, Toni. Wir holen dir etwas zu essen und dann setzen wir uns in Ruhe zusammen. Alles Weitere besprechen wir, wenn die Polizei sich bei uns meldet.“

Zögerlich nimmt Toni seine Hand und erhebt sich. Sie ist erschöpft, körperlich und emotional, aber es fühlt sich gut an, nicht mehr ganz allein zu sein. Sie weiß, dass der Weg noch lange nicht vorbei ist, aber mit jedem Schritt, den sie aus dem Schatten macht, spürt sie ein wenig mehr Licht auf sich scheinen.

Als sie gemeinsam den Raum verlassen, weiß Toni tief in ihrem Inneren, dass dies der erste Tag eines neuen Kapitels in ihrem Leben ist. Ein Kapitel, in dem sie sich nicht mehr schuldig fühlen muss für das, was ihr angetan wurde. Ein Kapitel, in dem sie endlich Unterstützung bekommt – und vielleicht auch ein bisschen Hoffnung.

Mut im Schatten (ASDS FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt