Das erste Training

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So vergingen die ersten Monate, bis sie endlich ihr erstes Training gemeinsam mit anderen Neu-Schülern und Erstklässlern haben würde.
Die meisten in der Gruppe, in der sie gerade auf einer Wiese auf dem Schulgelände stand, waren viel jünger als sie, also stellte sie sich wieder darauf ein keine Freunde zu finden.
Die Trainingsstunde wurde von Logan geleitet, zu dem Rebecca einen Einigermaßen guten Draht gefunden hatte.
Er war es gewesen, der das Kollegium davon überzeugt hatte, dass Rebecca bereit für das Kampftraining war.
Da die meisten Schüler neu waren, begann die Stunde damit, dass jeder versuchte zu zeigen wo seine Fähigkeiten lagen.
So hatte ein Mädchen Flügel, die sie sich bei Bedarf wachsen lassen konnte,
Ein anderer konnte Eis mit seine bloßen Händen hervorbringen.
Beeindruckt und etwas eingeschüchtert beobachtete Rebecca das weitere Geschehen.
Gerade versuchte ein Junge in etwa ihrem Alter eine Statue ganz in der Nähe mittels Telekinese zu bewegen.
In ihrem Alter?
Storm hatte sie auf etwa 17 Jahre geschätzt, und darauf berief sie sich jetzt jedes mal, wenn jemand fragte.
Plötzlich bewegte sich die Statue wirklich, und einen Moment lang beobachtete sie mit weit aufgerissenen Augen wie zur Salzsäule erstarrt, wie die Statue in rasantem Tempo auf den Jungen zuflog.
Der selbst hatte wohl die Kontrolle über das Objekt verloren, denn auch er stand wie angewurzelt da.
Angewurzelt, das war Rebecca's Stichwort.
Sie sprang mit übermenschlicher Geschwindigkeit zwischen den Jungen und die Statue eines großen Fischs und ließ mit einer Eichel, die sie in der Hosentasche bei sich getragen hatte, eine Eiche zwischen sie und die Statue wachsen.
Innerhalb von Sekunden wuchs der Baum in die Höhe und in die Breite, und als die Statue dagegen krachte hielt das Gewächs stand.
Pflanzen zu kontrollieren fiel ihr leicht.
Für ihr gesamtes Haus hatte sie nur ein paar Tage gebraucht,
Und sie hatte sich selbst mit selbstgewachsenen und selbstgezüchteten Pflanzen versorgt.
Geschockt starrte sie die gesamte Trainingsgruppe an, außer Wolverine, der ihre Fähigkeiten ja schon ein wenig kannte.
"Gut Leute!"
Er klatschte in die Hände.
"Das Training ist beendet! Ihr müsstet jetzt noch Unterricht haben!"
Die Starre wich von den versammelten Schülern und tuschelnd und murmelnd verschwanden sie zurück in Richtung Schulgebäude.
Rebecca wollte sich gerade der Prozession anschließen, als jemand nach ihr rief.
Verwundert drehte sie sich um.
Da standen nur der Junge mit den Telekinetischen Kräften und Logan.
Der Junge schien immer noch mit dem Schock zu kämpfen,
Er atmete schwer und Rebecca spürte seinen schnellen Herzschlag.
Das war so eine weitere Sache, die sie verwirrte:
Sie spürte jeden einzelnen Schüler stark, hörte seinen Herzschlag, wusste was er fühlte, selbst wenn dieser sich in einem anderen Stockwerk aufhielt.
Es war ungewohnt.
Zwar hatte sie die Lebewesen im Wald auch gespürt, jedoch waren die Geister der Menschen um sie herum wesentlich komplizierter und... sie würde es als lauter beschreiben.
Sie horchte wieder auf den Herzschlag des Jungen und spürte seine Aufregung als wäre es ihre.
Sie warf Logan einen Blick zu, dieser schien die Szene genau zu beobachten.
Er lächelte und nickte, in der Hoffnung Rebecca ermutigen zu können.
Natürlich hatte sie sich, beachtete man ihre Isolierung, schon wahnsinnig gut entwickelt, aber trotzdem wünschte er ihr Freunde zu finden.
"Das eben... War der absolute Wahnsinn."
Keuchte der Junge und stellte sich vor Rebecca.
"Matthew. Und du bist...?"
"Rebecca."
Plötzlich selbst sehr aufgeregt nahm sie seine Hand und drückte sie sanft, dann ließ sie schnell wieder los.
Bei Körperkontakt spürte sie jedes mal zu viel von der jeweiligen Person.
"Hi Rebecca. Du bist neu hier?"
Sie nickte.
"Und du bist nicht besonders Gesprächig."
Stellte der Junge fest und lachte.
"Tut mit leid, ich muss noch eine ganz... wichtige Hausaufgabe machen."
Mit dieser Ausrede machte sich Rebecca zerstreut auf den Weg zurück ins Schulgebäude.
Wo war Sergej wenn man ihn brauchte?
Das 'Gespräch' mit Matthew hatte sie zutiefst verunsichert, es war das längste Gespräch das sie bis jetzt mit jemandem in ungefähr ihrem Alter geführt hatte.
Sie fand Sergej endlich in einem der Gemeinschaftsräume, wo er eine ganze Couch für sich beansprucht hatte und irgendetwas in einem dieser Fernseher ansah.
Wie so vieles war ihr auch die meiste Technik fremd.
Im Gegensatz zur Schule war ihr Leben im Wald fast schon primitiv gewesen.
Sergej war sofort ganz vernarrt in die Technik gewesen, und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, so viel nur irgend möglich über Technik zu lernen.

Wie war das Training?

Seufzend quetschte sie sich neben den großen Tiger, die Blicke der anderen Anwesenden einfach nicht beachtend.
Aufgeregt zeigte sie ihm seine Erinnerungen in Bildern.

Dieser Matthew scheint nett zu sein.

Bemerkte er.

Meinst du?

Ich meine vor allem dass du mehr Kontakt zu Menschen brauchst.

Ich glaube du vergisst dass ich in einem Haus voll von ihnen lebe.

Siehst du? Das meine ich.

Hätte er ein menschliches Gesicht hätte er jetzt wohl geschmunzelt.

Du redest schon von ihnen als wärst du keiner.

Kein was?

Die Diskussion nervte Rebecca.

Kein Mensch natürlich.

Ich fühle mich ja auch nicht wie einer von denen. Schau mich mal an!

Du könntest aufhören deine Haare in diesen Farben wachsen zu lassen.

Daran wird definitiv nichts geändert!

Brummend wandte sich der Tiger wieder dem Fernseher zu.
Rebecca dachte über den Kommentar mit dem Aussehen nach.
Sie konnte ihre Haare in verschiedenen Farben und schneller als jeder andere wachsen lassen, ihre Augenfarbe ändern und auch das Wachstum ihrer Fingernägel kontrollieren.
Nichts ändern hingegen konnte sie an ihrer geringen Größe oder an ihren Gesichtszügen, in diesen Punkten hatte sie schon alles versucht, da sie weder besonders groß war, noch sich besonders hübsch im Vergleich zu diesen unglaublich schönen Mädchen auf ihrer Schule.

Der Tag endete mit einem eher nüchternen Abendessen im fast leeren Speisesaal, danach schlief Rebecca ziemlich schnell neben Sergej ein.

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