Plötzlich

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Es war eigentlich ein ganz normaler Tag. Rebecca ging in den Unterricht, aß mit ihren Matthew und verbrachte den Rest des Tages damit, auf dem Sportplatz der Schule zu trainieren.
In letzter Zeit war ihr Verlangen nach Antworten über ihre Vergangenheit immer stärker geworden.
Jedes mal, wenn Matthew von seiner Familie,  seinem Geburtstage und Zuhause sprach, wurde ihr der dichte, graue Nebel in ihrem Hirn schmerzlich bewusst.
Sie war gerade auf dem Weg in ihr Zimmer gewesen, mit Umweg am Arbeitszimmer des Professors vorbei, als sie darin jemanden streiten hörte.
Sie wusste dass sie gut im lauschen war, schon öfters hatte sie Gesprächen des Professors gelauscht, einfach aus purer Neugierde.
So hatte sie auch erfahren, dass er nach Informationen über sie suchte, und einmal mehr war sie froh in seiner Schule gelandet zu sein.
Nun, die zweifellos männliche Stimme im Büro von Professor X gehörte nicht ihm, und sie beschwerte sich laut.
Neugierig legte sie ein Ohr an die Tür.
Zusätzlich berichtete ihr noch eine Amsel, die auf dem Fensterbrett saß.
"Bei allem Respekt, Mister Xavier, ich glaube nicht dass sie sich der Bedrohung bewusst sind, die von diesem Mädchen ausgeht. Selbst Director Nick Fury..."
"Mir ist egal was Fury sagt, Captain Rogers. Erstens ist ihr Name Rebecca, und zweitens ist sie unerfahren.
Wir wissen nicht wie lange sie alleine in diesem Wald gelebt hat!"
"Und sie wissen nicht wie ausgeprägt ihre Fähigkeiten sind! Das weiß sie Dank ihrem Umfangreichen Training wahrscheinlich selbst noch nicht."
"Sie vergessen ihre Manieren, Mister Rogers."
Das erste Mal hörte Rebecca den Professor erbost.
"Ich weiß sie befolgen nur ihre Befehle."
Der andere Mann schnaubte.
"Dieses Mädchen ist ein unberechenbares Risiko. Geben sie zu, bei S.H.I.E.L.D ist sie besser bewacht."
"Zweifelsohne. Aber ich will nur das beste für meine Schüler, und eine Tatsache Interessiert mich dabei wahnsinnig: Wie wollen sie auf sie aufpassen? Sie einsperren, damit der Tiger auf sie los geht?"
An seinem Atem hörte Rebecca, dass dieser Rogers überrascht war.
So heimlich nur möglich rief sie nach Sergej, der nach einigen Minuten angeschlichen kam.

Um was geht's?

Shhht, hör zu!

Du weißt dass...

Der fremde dich nicht hören kann? Ja, aber der Professor schon.

Ertappt schwieg der riesige Tiger und begann ebenfalls zu lauschen.
"Nein. Wir trainieren sie und nehmen sie in die Avengers Initiative auf, dann ist sie bestens überwacht und kann sich selbst entfalten."
"Die Avengers also? Furys Heiligtum? Und das glauben sie selbst?"
Der Fremde schien zu bejahen.
"Das ist ja alles schön und gut Rogers, aber Rebecca selbst muss selbst entscheiden ob sie das will. Und wenn ich mich nicht recht irre, wartet sie schon sehnlichst vor der Tür darauf, hineingebeten zu werden."
Beschämt und mit gesenktem Kopf betraten Rebecca und Sergej das Arbeitszimmer.
Als sich ihr Blick jedoch mit dem des Professors traf, und dieser ihnen freundlich zunickte, fühlten sie sich gleich wohler.
Neugierig musterte Rebecca den Fremden.
Er war gekleidet wie die Männer in diesen alten Filmen, die Sergej so mochte.
Ein kariertes Hemd, darüber eine Lederjacke und eine seltsam geschnittene Hose.
Doch auch der Mann musterte Rebecca und den Tiger halb neugierig, halb misstrauisch.
Fury hatte ihm erklärt, was für ein besonderer Fall dieser hier war, aber man war ja schließlich nicht immer auf ein Tigermädchen mit Haustier vorbereitet.
Außerdem verwirrte dieses Mädchen Captain Rogers. Er konnte ihr Alter nicht einschätzen, und auch ihr Aussehen verwirrte seine Vorstellung eines normalen Mädchens.
"Also. Wohin soll ich mitkommen?"
Rebecca stellte sich selbstsicher in die Mitte des Raumes und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sergej platzierte sich neben ihr, mit dem Gesicht Rogers zugewandt.
"Ich arbeite für eine Organisation namens S.H.I.E.L.D, die meint du seist hier unterfordert und dich ausbilden will."
Schon seit Anfang ihrer Lauscherei hatte sie das Gerede des Mannes interessiert, und jetzt klang das Angebot ziemlich verlockend.
Sie sehnte sich danach, gefordert und gebraucht zu werden.
Natürlich liebte sie es hier auf der Schule, doch wollte sie einmal etwas anderes als jeden Tag nur zu trainieren und im Unterricht zu sitzen.

Du ziehst ernsthaft in Erwägung hier schon wieder weg zu gehen ?

Sergej klang Verständnislos.

Ich will dieses Training, und das weißt du.

Ja, aber wenn das nur ein Lockvogel ist?

Warum sollte diese Organisation das wollen?

Weil sie genau weiß wie mächtig du, zweifellos, bist?

Ja... Und was würde sie dann mit mir machen wollen? Illegale und moralisch verwerfliche Versuche? Bitte, das ist kein Horrorfilm, und wie gesagt, ich bin mächtig genug mich zu verteidigen.

Das bezweifle ich ja auch nicht! Ich mahne dich nur zur Vorsicht!

Während der stillen Kommunikation der beiden war es still im Raum geworden.
Der Professor hörte natürlich das Gespräch mit, und Rogers blickte fasziniert und ungeduldig zwischen Rebecca und Sergej hin und her.
"Gibt es eine Entscheidungsfrist?"
Fragte Rebecca frustriert nach einer Weile.
"Ich habe den Auftrag dich gleich mitzubringen."
"Na toll, absolut legitime Verschleppung."
Schnaubte sie.
Der Professor lächelte.

Was sagst du? Ich brauche deine Meinung!

Rebecca wäre am liebsten sofort mitgefahren. Zwar mochte sie Matthew und Logan und den Professor, aber das ganze Gespräch hatte sie angefixt.
Sollte das ein Trick sein, Rebecca für sich zu gewinnen, hatte er bestens funktioniert.

Naja, was kann groß schiefgehen?

Der Sarkasmus in seiner Stimme war schwer zu überhören.

Ich meine, Professor X scheint diesen Typen zu kennen, sonst wäre er schon längst hinausgeflogen.

Stimmt!

Rief Rebecca in Gedanken aus.

Wären die Absichten des Mannes schlecht würde Xavier niemals zulassen, dass ich gehe!

Sie machte weiter, sich selbst zu überzeugen, und fühlte sich schlussendlich sogar bestätigt, mitzukommen.
"Also?"
Knurrte Rogers.
"Immer mit der Ruhe. Ich muss mich noch verabschieden."
"Gut."
Seufzte der Mann.
"Ich erwarte dich in zwei Stunden auf dem Parkplatz."

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