Kapitel 2

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Vermutlich würde man Samara als durchschnittlich bezeichnen. Mittelgroße Nase, blaue Augen, ein etwas zu breiter Mund und kleine Ohren. Durchschnittlich groß und einigermaßen schlank. Dass einzig Auffällige an ihr waren ihre blauen Haare. Es war eine Art Rebellion gegen die Natur gewesen. Dank dieser wurden sie und ihre Zwillingsschwester Amely nämlich andauernd verwechselt. Durch Samaras blaue Haare hatte sich das allerdings geändert. Dabei war sie ihrer Schwester eigentlich wirklich nicht ähnlich. Sam war eher introviert, zog sich unscheibar an, hatte so gut wie keine Freunde, spielte Klavier und war im Schwimmverein. Das einzige was sie wirklich von ihrer Schwester abhob, war ihre außergewöhnliche Stimme. Doch sie war nicht selbstbewusst genug, um für jemand anderen außer sich selbst zu Singen. Amely hingegen war extroviert, direkt, sakastisch, beliebt, ging oft feiern und war im Cheerleader Team. Trotz dieser unterschiedlichen Persönlichkeiten, liebten sich die beiden heiß und innig, konnten aber auch ganz streiten. Trozdem hatte niemand Samaras Verwandlung mitbekommen. Den Punkt ab dem sie nicht mehr damit glücklich war, im Schatten ihrer beliebten Schwester zu leben. Plötzlich bagann sie sich zu schminken und coole Kleidung anzuziehen. Trotzdem tat sich nicht viel. Ihr Umfeld begann erst sie richtig zu registrieren, als sie ihre langen brünetten Haare knall Blau färbt. Plötzlich war sie nicht mehr "Amys Zwillingsschwester" sondern "Samara, die mit dem blauen Haaren"    Man könnte sich jetzt fragen, inwiefern dass eine positive Veränderung war, aber für Samara war es ein großer Schritt hinter Amelys Rücken hervor.  Plötzlich hatte sie eigene Freunde, war in einer der coolsten Cliquen der Schule. Was jedoch keiner, nicht mal sie selbst, merkte war, dass ihre Freund sie immer mehr manipulierten, und sie in kleinen Schritten Richtung Abgrund schubsten.

Manchmal kam Samara sich hier drinnen vor, wie ein Tier im Zoo. Die Eltern, die hier regelmäßig ihre Kinder besuchten, starrten alle anderen immer mit großen Augen an. Ihr war klar das es keiner böse meinte, es war natürliches menschliches Verhalten das man Menschen die ‚anders' waren interessant fand. Allerdings konnte sie oft ihre Gedanken förmlich hören. 'Was hat die angestellt? Warum ist der hier? Ist die gefährlich?' - dann ja einige Besucher fürchteten sich direkt wenn sie das erste mal hier herkamen. Nichts war nerviger als ständiges angegafft werden. Und meist kannten die Leute auch keinen Scham. Verrückte durfte man schließlich anglotzen solang man will. Einmal wäre sie fast ausgerastet, weil ein Bruder eines anderen Jugendlichen ihr die ganze Zeit auf den Busen gestarrte hatte. Sam selbst hatte nut selten Besuch. Ihr Onkel kam einmal wöchentlich vorbei, aber sie wussten einfach nicht über was sie reden sollten, schließlich kannten sie sich kaum. Nach ihrer Entlassung würde sie zum ihm ziehen müssen. Beziehungsweise ihre Sachen waren wohl schon in seine Wohnung gebracht worden. Doch im Moment saßen sie sich einfach eine Stunde lang schweigend gegenüber. Sam war schon gespannt wie das werden sollte, wenn sie sich erst mal jeden Tag sehen mussten. Sie wusste dass ihr Onkel nicht viel mit Kindern, erst recht nicht mit Jugendlichen, anfangen konnte. Trotzdem war er immer sehr nett zu ihnen gewesen. Doch mit ihm unter einem Dach leben, konnte sie sich irgendwie nicht vorstellen. Angesichts ihrer aktuellen Situation musste sie sich aber damit arrangieren. Schließlich würde niemand einer 15jährigen eine Wohnung vermieten. Davon abgesehen dass sie es sich nicht leisten konnte.

Es war Nachmittag. Heute stand für sie Physiotherapie am Plan. Warum man Physiotherapie in einer Psychiatrie machen musste, war Samara immer noch unklar. Allerdings verstand sie sich mit der Physiotherapeutin Jenna sehr gut, weshalb sie sich immer auf die Stunden freute. Auch heute war es eine sehr lustige Stunde. Jennas Stunden waren die, in den Samara auch lachte. Dass kam sonst nie vor, doch der Humor der Physiotherapeutin brachte sie immer wieder zum lachen.
Am nächsten Tag hatte sie ein Gespräch mit dem Stationspsychoater Dr. Eder. "Weißt du, wir sind sehr zufrieden mit deinem Fortschritten, dir scheints echt gut zu gehen..." Ja klar! Ihr gings blendend, "... darum haben wir gedacht" fuhr der Psychiater fort "dass wir dich eventuell nächste Woche entlassen können." "Dass ist... schön" stammelte sie. Sie hätte nie gedacht dass sie schon so bald gehen dürfte. Anscheinend hatte ihre Täuschungsmasche funktioniert. Mit gemischten Gefühlen machte sie sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer wo sie sich auf das weiße Bett fallen ließ. Ihre Zimmerkollegin Anne sah nur kurz auf als Sam wieder auf die Füße sprang und anfing ihre Sachen zusammenzupacken. Auch wenn es noch nicht hundertprozentig spruchreif war, freute sie sich endlich hier rauszukommen. Ihrer Meinung nach hatte sie ja auch nie hier hergehört.

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