Kapitel 2

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Ständig huscht mein Blick zur Tür, mit der Hoffnung das meine Beste Freundin jeden Moment hindurch schreitet. Ein Blick auf die Uhr, die über der Theke und somit über dem Logo des Cafés hängt, verrät mir das ich in 7 Minuten meine Schicht beenden darf. Da es gerade ziemlich ruhig im Laden ist, fange ich an meinen Arbeitsplatz zu reinigen. Schnell räume ich noch das letzte dreckige Geschirr in die Maschine und betätige den grünen Knopf um die Maschine anzustellen. "Hallo Sahra, wie geht's dir?" Die süße Stimme meiner gleichaltrigen Kollegin ertönt im Raum, und kündigt sogleich ihr Anwesenheit an. "Hey Anna. Gut und dir? Deine Schicht beginnt erst in 5 Minuten wenn du willst kann ich dir einen Kaffee machen". Anna gehört zu den wenigen Leuten mit denen ich im Kontakt stehe, was nicht heißen soll das ich ein Außenseiter bin. "Auch, danke der Nachfrage. Gerne" schnell zog sie wieder meine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Mit gekonnten Handbewegungen bereite ich ihr den Kaffee zu, und lege ihr ihre Lieblingskekse auf die Untertasse, rechts neben ihren Löffel. Mit einem warmen Lächeln bedankt sie sich für den Kaffee. Ein letztes mal huscht mein Blick auf die Analog Uhr. 21:30 - Feierabend. Nach einer Verabschiedung von Anna bewege ich mich in Richtung Personalraum um meine Arbeitskleidung abzulegen und mir meine Alltagskleidung anzuziehen. Vor dem Eingang sehe ich Derya die schon sehnsüchtig in der eisigen Kälte auf mich wartet. Ich sehe wie ihr zierlicher Körper unter der Kälte anfängt zu zittern, und sie sich ihre zarten Hände aneinander reibt um etwas Wärme zu produzieren. Mit schnellen Schritten verringerte ich die Distanz von einigen Metern die zwischen uns liegen. Nach einer kurzen Umarmung gehen wir in die Richtung wo ich mein Auto geparkt habe. "Ich dachte mir wir könnten in eine Shisha Bar wenn du einverstanden damit bist". "Wenn du nichts dagegen hast würde ich gerne erst zu meiner Mutter, bevor wir dorthin fahren". Traurig lächelte sie mir zur Bestätigung zu. Derya weiß immer wie es in mir aussieht. Sie ist schüchtern, dennoch ist sie immer freundlich auch wenn ihr etwas nicht passt. Wir brauchen nicht Worte zu benutzten um miteinander zu kommunizieren, ein Blick genügt und der gegenüber weiß wie man sich fühlt. Mithilfe der Fernbedienung die an meinen Autoschlüssel integriert ist, entriegel ich die Türen, um Eintritt in mein Auto zu bekommen. Während Derya und ich uns über belanglose Themen unterhalten, navigiere ich das Auto in Richtung Friedhof. Ich schließe kurz meine Augen, atme einmal tief ein und wieder aus. Ich lasse meine Augen kurz geschlossen und lasse mir die Verabschiedung von meiner Mutter einmal Revue passieren.

Flashback
Meine Mutter liegt seit Wochen im Krankenhaus. Seitdem wohne ich im Heim, weil wir keine anderen Verwandten haben, bei denen ich untergebracht werden kann. Was mit meinem Vater und meinen Großeltern passiert ist weiß ich nicht. Mama spricht nie darüber. Ich liebe sie, ich brauche sie. Vor zwei Monaten habe ich erfahren das Mama krank ist. Sie sagt mir jeden Tag das sie wieder gesund wird, und das wir, sobald sie das Krankenhaus verlässt wieder zusammenziehen können. Sie muss wieder gesund werden. Außer sie habe ich niemanden. Sie allein ist meine Familie. Desto mehr Zeit vergeht desto schwächer wird sie. Sie hat keine 2 Monate mehr ausgehalten, und starb. Mit 8 Jahren wurde ich ein Waisenkind. Sie wollte schon immer das ich mein Abitur mache und danach Jura studiere, genauso wie sie. Jedoch hat sie ihr Studium abgebrochen ohne mir jemals den Grund dafür zu nennen. Ich versuche all das zu machen was sie für mich wollte. Mit 10 Jahren kam ich in eine persische Pflegefamilie. Das Ehepaar bei dem ich schon 12 Jahre Zuhause bin hat keine eigenen Kinder. Sie sehen mich wie ihr eigenes Kind, und behandeln mich auch dementsprechend. Ich danke Ihnen für alles was sie für mich gemacht haben. Derya habe ich einige Tage nach meinem Einzug kennengelernt. Sie saß auf dem Bordstein gegenüber dem Haus was ab dann mein Zuhause sein sollte, und weinte. Schon damals konnte ich es nicht ertragen Leute weinend zu sehen - eine Eigenschaft die ich von meiner Mutter geerbt habe. Mit schnellen Schritten lief ich auf das Mädchen zu, um ihr zu helfen. Das schüchterne kleine Mädchen erzählte mir ihr Problem und mit jedem Wort was ihre Lippen verließ, beruhigten sich die Tränen ihrer Topas braunen Augen. Seitdem Tag stehen wir Seite an Seite.

Ein Lächeln huscht über meine Lippen bei dem Gedanken an die kleine Derya die über einen verloren gegangenen Ohrring geweint hatte. Ich drehe meinen Kopf auf die linke Seite. Derya lächelt stumm vor sich hin. Anscheinend hatten wir den selben Gedanken. "Wird nicht lange dauern". Mit diesen Worten stieg ich aus dem Auto aus, um in Richtung Grabstein zu laufen. Lächelnd erreiche ich mein Ziel. Enissa Hassan. Stumm lese ich mir den Namen meiner Mutter durch. "Mama ich wurde angenommen. Ich werde im September mit meinem Jura Studium anfangen, alles wird so wie du es dir vorgestellt hast. Derya und ich wollen uns eine Wohnung zusammen mieten und die Familie, bei der ich lebe will mich finanziell unterstützen. Natürlich suche ich mir auch noch einen Nebenjob. Ich möchte auf niemanden angewiesen sein. Ich möchte irgendwann genauso eine tolle Frau werden wie du Maman (Mama auf persisch). Ich liebe und vermisse dich." Ich bin glücklich und fühle mich befreit. Endlich wird der Wunsch meiner Mutter wahr. Ich werde Jura studieren, ich werde das vollenden was sie Angefangen hat. Auch wenn sie es mir jetzt nicht sagen kann weiß ich wie Stolz meine Mutter auf mich ist. Ein letztes mal schaue ich mir das Grab an, bevor ich mich umdrehe und zum Auto gehe, wo mich meine beste Freundin erwartet. Ich bemerke die angenehme Wärme die sich im Auto befindet. Die Anzeige auf der Armatur zeigt an das sich angenehme 21° im Raum befinden. Mithilfe meines Zeigefingers übe ich etwas Druck auf den Play Button aus, und in binnen von Sekunden spielt sich mein Lieblingslied ab. Derya fängt an laut mitzusingen, was erst endet als wir beide lachend vor unserem Stammlokal anhalten. Vor der Bar angekommen reicht mir Derya meine Handtasche die sie freundlicherweise für mich gehalten hatte. "Los geht's" ruft Derya mir mit voller Vorfreude zu .Eins war klar, dieser Abend wird was ganz besonderes schließlich wurden wir beide an der selben Universität aufgenommen und somit wurde ein lang ersehnter Traum von uns erfüllt.

(1080 Wörter.)
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Schicksalsschlag [#Wattys2016]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt