Kapitel 25

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Schwarz.
Bedeutet das gleich, dass man leblos ist. Man kann nichts tun, denn die Dunkelheit frisst einen auf. Langsam von innen und dann breitet es sich immer weiter aus. Den Schmerz den man davor gefühlt hat schwindet, doch man fühlt sich leer als wäre man nichts.

Den Schmerz den ich gefühlt hatte, der mich von innen aufgefressen hat, wurde von der Dunkelheit eingenommen. Das bedeutete aber nicht das es ein besseres Gefühle war. Hier konnte man nichts tun ausser sich von innen auffressen zu lassen.
Ich wollte schreien.

Meine Wut, meine Trauer, meine Verzweiflung...
Meinen Schmerz.
Ich würde ihn zu gerne in die Arme nehmen. Den Schmerz, denn in der Dunkelheit zu sitzen und nichts zu fühlen, ist Linderung und sogleich dreifach so schlimm wie das davor gehende Leid.

Ein stechender Schmerz ging durch meine Kopf als ich ihn etwas bewegte. Schmerz der den davor gehenden Schmerz linderte.

Langsam öffnete ich meine Augen und sah die Decke meines Zimmers. Ich stöhnte vor Schmerz auf und drehte mich auf die rechte Seite.
Warme Tränen liefen mir die Wangen runter. Ich versuchte aufzustehen, doch ließ es sogleich ein neuer Stich durch meinen Kopf durchfuhr. Ich versuchte es noch einmal und dieser mal kam ich sogar so weit, dass ich auf allen vieren kniete.

Die Tränen, die mir die Wangen runter liefen landeten nun auf den Boden. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und schlug mit ihnen mehrmals auf den Boden ein. Frustriert schrie ich auf und drosch weiter auf den Boden ein.

Warum?

Warum lebe ich noch? Warum bin ich nicht gestorben?

Die Tabletten hätten mich umbringen sollen!
Ich riss mir an den Haaren und schrie meinen ganzen Frust raus, meine ganze Depression.

Ich weinte bitterlich und sank vor mich hin. Ich kroch bis ich an mein Bad ankam und öffnete kraftlos die Tür.

Ich hörte ein dumpfes Klopfen.

Was ist das?

Egal was es ist, es wird mir meinen Schmerz den ich verspüre nicht nehmen können. Das Klopfen wurde immer lauter und lauter bis Stimme dazu kamen.

Ich hielt meine Hände feste an meine Ohren und wippt mich vor und zurück.

Es sollte aufhören. Die Stimmen sollen verschwinden. Ich weinte wieder und schrie.

Warum gingen diese Stimmen nicht weg?!

Was wollten sie von mir?

Ich sank langsam vor mir hin auf den Boden und verfiel wieder einmal der Dunkelheit.

...

Als ich dieses Mal meine Augen öffnete waren die Schmerzen nicht mehr so immens wie vorher. Somit hatte ich auch keine Schwierigkeiten aufzustehen und mich im Spiegel zu betrachten.

Ich sah schrecklich aus. Alles war schrecklich.

Wie konnte ich nur?

Maman vergessen? Das zu vergessen, dass wichtigste die Stimme meiner eigenen Mutter?

Und jetzt auch noch Caner...
Alles hier...Es zerstört mich von innen es macht mich kaputt. Es ist wie ein Feuer, das sich immer weiter ausbreitet. Nicht gestillt bis alles in feinste Asche zerfallen ist.

Ich sah mich im Bad um alles fing sich an zu drehen und ich fühlte mich, als wäre ich in einen Rausch. Mir kam alles nur noch so surrreal vor.

Wie ich nach dem Fußstein im der Badewanne griff.
Wie ich ihn mit all meiner Kraft und einen lauten Schrei an den Spiegel warf.
Wie der Spiegel in kleine Splitter zerfiel.
Und wie ich mich in den Scherben nieder kniete, die dann meine zarte Haut durch drangen. Aber das bekam ich alles nicht mehr mit.
Mir kam es wie eine Ewigkeit vor bis ich mich dazu bewegen konnte aufzustehen und in die Dusche zu steigen.

Das heiße Wasser brannte in meinen offenen Wunden, doch selbst das war Genugtuung. Ich genoss den Schmerz. Er ließ mich wieder etwas lebendiger werden.

Ich ließ mich einfach nur berieseln bis ich nach meinem Duschgel griff und mich einseifte.
Und wieder brannte es höllisch, denn auch meine Hände waren mit Scherbenschnitten übersät.
Ich spürte jeden einzelnen Schnitt auf meiner Haut, bis ich plötzlich die das klingeln unserer Haustür wahrnahm.

Nein. Lieber Gott, bitte nicht! Lass es bitte den Postboten sein, aber nicht Derya! Das Klingeln wurde aber von Minute zu Minute schlimmer, genau so wie meine plötzlich auftretenden Kopfschmerzen. Völlig regungslos musste ich jetzt auch noch feststellen, dass es nicht Derya ist, die wie eine Irre unsere Klingel missbraucht. Caner, er steht vor unserer Haustür, ruft meinen Namen und hämmert wie wild gegen sie.

"Sahra, ich weiß das du da bist. Ich mache mir Sorgen." Der Schock saß so tief in mir drin, dass selbst das Atmen immer schwerer für mich wurde. "Wenn du in 10 Sekunden die Tür nicht öffnest, breche ich sie ein." Er ist ein Mann der zu seinen Worten steht. Keine 10 Sekunden später hörte ich nur noch wie er tatsächlich es geschafft hat unsere Wohnungstür aufzubrechen und in sie hinein stürmt. In der Zwischenzeit habe ich versucht mich mehrere Male aus meiner Starre zu lösen, erfolglos. Ich hörte den Schall seiner Schuhe auf unserem Parkett. Natürlich lief er direkt auf das Badezimmer zu, da er das Wassers, welches auf mich hinab prasselt, hörte. Der Windhauch, der entstand, als er die Tür mit einem Ruck geöffnet hat, traf auf meinen nackten Körper. Eigentlich sollte ich die Kälte der Luft auf meiner Haut spüren, doch ich nahm nichts mehr wahr. Nicht mal den Schmerz den die Scherben ausstrahlten weder das heiße Wasser welches meine Haut traf. Ich konnte mich nur noch auf Caner konzentrieren. Er war in binnen von Sekunden vor mir. Die Angst und Panik die seine Augen ausstrahlen, reicht mir als Bestätigung das ich ihm alles andere als egal bin. Jetzt ist es mir egal das er mich nackt sieht.

Dann tat er was, somit ich selber nie gerechnet hätte. Ich war davon ausgegangen das er direkt Derya oder Lina anruft, doch er tat es nicht. Mit einer fließenden Bewegung stand er auf und zog sein Sakko aus, damit er seine Arme besser bewegen kann. Sein warmes Braun schaute mich lange und intensiv an, bevor er zu mir unter die Dusche trat und mich mit federleichten Berührungen vom Blut und den Scherben reinigte. Er nahm ein frisches Handtuch und wickelte es um meinen Körper. Auf dem geschlossenen Toilettendeckel setzte er mich dann ab. Nachdem Caner meine Hände verarztet hatte, trug er mich in mein Zimmer und setzte mich dann auf meinem Bett ab. Es wäre mir bei jeder anderen Person unangenehm gewesen, die versucht hätte mir Unterwäsche anzuziehen, doch bei Caner war selbst dies für mich okay.

"Mach das nie wieder Sahra! Ich kann es nicht ertragen dich so verletzt zu sehen. Du kommst jetzt mit zu mir." Caner nahm sich eine meiner Taschen und packte sie provisorisch mit eigenen meiner Anziehsachen. Dann nahm er mich wieder in seine Arme und trug mich in sein Auto. Bei ihm Zuhause angekommen, legte er mich ins Bett und kam auch mit unter die Decke. Seine Arme fassten mich sanft um die Hüfte und wie als wäre es einstudiert, presste ich meinen Kopf auf seine schützende Brust.

"Denk nicht das ich dich jemals wieder alleine lassen werde. Dafür bedeutest du mir zuviel."

Schon allein die Tatsache das er geblieben ist, obwohl andere an seiner Stelle geflüchtet wären genügt mir.

Schicksalsschlag [#Wattys2016]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt