Kapitel 24

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"Meld' dich sobald du in Köln angekommen bist, ja?" Ein letztes mal zieht mich meine Pflegefamilie in ihre Arme, bevor sie mich loslassen und ich losfahre.

Ich habe ziemlich oft mit Lina und Derya telefoniert. Auch zu Yasir habe ich seit unserem letzten Telefonat einen besseren Draht bekommen. Die von ihm erhoffte Zusage hat er bis heute nicht von mir bekommen. Er meinte das ich bis zum Ende meiner dreiwöchigen Semesterferien Zeit habe mich zu entscheiden.

Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, aber ich denke es wäre das beste vorerst, als seine Sekretärin zu arbeiten.
Ich bereue es zutiefst Caners Anruf an dem Tag betrunken, abgehoben zu haben.
Möglicherweise hat sich das falsch angehört

'Warum sie Caner ?'

Wer sonst? Ich?
Zu einer bestimmten Hinsicht war es peinlich.

Auf dem Weg wieder zurück in unsere kleine Wohnung, machte ich mir noch viele Gedanken.

Ja, ich wollte meine Mutter besuchen, aber nein ich habe sie nicht besucht.
Ich hab es nicht geschafft vor ihrem Grab zu stehen, mit ihr zu sprechen, ohne dass ich mich noch an ihre Stimme oder ihr Erscheinungsbild erinnern kann.

Viele verstehen das nicht, verstehen meine Lage nicht, aber es ist einfach das schlimmste Gefühl. Nicht mal meinem größtem Feind würde ich so einen großen und schweren Verlust wünschen.

.

Ich öffnete langsam die Tür und schloss sie wieder hinter mir.
Es war ziemlich ruhig und somit wusste ich das Derya nicht Zuhause war. Entweder hat sie eine längere Vorlesung oder sie ist mit Lina draußen.
Ich setze mich auf mein Bett und starre Löcher in die Luft.
Ich weiß echt nicht wohin mit mein Kopf.
Das einzige was ich wollte war meine Mutter stolz zu machen, doch wie es aussieht habe ich mal wieder versagt. Alles und jeder wird mir zu viel.
Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angekommen wo ich sage, du hast versagt.

Ich bekomme meine Arbeit nicht auf die Reihe, ich kann den Wunsch meiner Mutter nicht zu Ende führen, ich vernachlässige die Universität und meine Freunde und das was mich komplett aus dem Ruder bringt :
Ich weiß nicht was das zwischen mir und Caner ist.
Ich weiß nicht wie ich ihm gegenüber fühle, ja er ist oder war mein bester Freund, aber ...Uff .

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mein Magen anfing zu knurren.

Mit einem Teller Nudeln, setzte ich muss auf die Couch. Ich schaltete den Fernseher an und guckte irgendetwas, was im Fernseher lief.
Nach einer Zeit kam Derya und schaute überrascht, als sie mich sah.

"Sahra"
"Hey"
Sie umarmte much stürmisch und ich erwiderte es.

"Ich hab mir solche Sorgen gemacht"

Auf ihre Aussage antwortete ich jedoch nicht.

Wir unterhielten uns eine Weile, sie erzählte mir von der Uni und dem Typen auf den sie aussversehen ihren Joghurt ausgekippt hatte.
Auch von Lina und Caner erzählte sie mir.
Caner hatte einige male nach mir gefragt.

"Derya ich geh in mein Zimmer, ich möchte eine Weile allein sein."

"Möchtest du wirklich nicht mit Lina und mir raus ? Sie hat dich echt schrecklich vermisst."

"Ein anderes mal Canım, ich bin wirklich müde."

Wir verabschiedeten uns noch kurz und ich legte mich zurück in mein Bett.

Da ich meinen Eltern versprochen hatten sie anzurufen sobald ich angekommen bin, kramte ich mein Handy aus meiner Tasche und wählte ihre Nummer.

Das Telefonat ging über eine Stunde, was echt viel war für unsere Verhältnisse. Meine Mutter erzählte mir,dass meine Cousine, die Nichte meiner leiblichen Mutter, sich bei ihr gemeldet hat. Sie hinterließ sogar ihre Nummer damit ich sie kontaktieren sollte.

Ohne viel Zeit zu verlieren wählte ich mit zittrigen Hände ihre Nummer.
Dies war ein riesen großer Schritt für mich. Da ich aber angst hatte meine Meinung zu ändern, wenn ich weiter darüber nachdachte, drückte ich auf den grünen Button.

"Hallo?" Ihre Stimme klang klar. Für einen kurzen Moment zog ich es in Betracht einfach wieder aufzulegen, doch das wäre einfach nur feige gewesen.

"Hallo Enissa. Ich bin's, Sahra." Innerlich hoffte ich natürlich, dass sie mir helfen würde, meinen leiblichen Vater zu finden, doch ich musste realistisch bleiben. "Freut mich dich kennenzulernen. Ich hoffe wir kommen mal dazu uns persönlich zu treffen." Erst freute ich mich darüber, dass meine Cousine mich sehr nett begrüßt hat, doch dann kam ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ihre Familie hat mich alleine gelassen. Nachdem meine Mutter verstorben ist, hat sich niemand mehr bei mir gemeldet. In all den Jahren hatte ich niemanden mehr. Mit jedem weiteren Gedanken beschleunige sich meine Atmung.

"Wieso hatten wir die letzten 20 Jahre keine Zeit uns kennenzulernen? Seit dem Tot meiner Mutter hat sich niemand mehr bei mir gemeldet. Ich hatte von heute auf morgen niemanden mehr!" "Es tut mir so leid Sahra! Ich konnte mich nicht bei dir melden. Denk bitte nicht, dass ich es nicht versucht hätte aber.." Ihre Stimme brach ab.

"Was aber Enissa? Was für eine ausweichende Ausrede hast du?" "Ich habe es versucht, verstehst du? Doch meine Eltern und alle anderen wollten dich nicht. Als unsere Familie erfahren hat, dass deine Mutter schwanger ist und ihr Freund keine Verantwortung für dich aufnehmen wollte, waren sie gegen die Geburt. Jeder war der Meinung das sie abtreiben sollte, doch sie tat es nicht. Und als deine Mutter verstorben ist wollte niemand mehr etwas mit dem unehelichen Kind zutun haben. Dich wollte niemand. Und ich konnte meine Eltern nicht überreden Kontakt zu dir aufzubauen."

Niemand wollte mich. Ich war der Grund dafür, dass eine komplette Familie auseinander gegangen ist. Ich war allein. Nur dieses mal war es nicht nur das Gefühl allein zu sein, sondern heute wurde es mir auch gesagt. Mein Smartphone landete auf den Boden und ich hinterher.

Tränen. So viele Tränen. Panik. Und Wut. So viel Wut. Mehrere Gefühle auf einmal prasselten auf mich ein. Eins war klar, ich musste ein Ende setzten. Ich stand auf und ging in den Flur, wo eine Kommode stand in der wir all unsere Medikamente aufbewahren. Mir fiel ein das Derya eine Gerinnungsstörung hat und deswegen Cyklokapron regelmäßig einnehmen muss. Ihr Arzt meinte mal, das man dieses Medikament nur nach der genauen Anweisungen des Arztes nehmen muss. Schon ein kleiner Fehler bei der Einnahme kann zum Herzstillstand führen.

Ich nahm mir zwei dieser Tabletten in die Hand und schluckte sie ohne Wasser hinunter.

Langsam, Schritt für Schritt, bewegte ich mich in Richtung meines Bettes. Ich legte ich auf mein Bett und dachte über alles nach. Die Tränen flossen unaufhaltsam meine Wangen hinunter. Das klingeln meines Handys veranlasst mich den Boden danach abzusuchen. Caner. Zwei Anrufe in Abwesenheit von Caner. Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, wurde mir schwarz vor Augen.

Ich wurde bewusstlos.

Und, zu viel versprochen? :b
Was könnte als nächstes passieren?

Schicksalsschlag [#Wattys2016]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt