Ich gehe in meinen absoluten Lieblingsladen. Ich gehe meistens erst abends hin. So auch heute. Tagsüber ist immer so viel los, während man abends die Ware besser bestaunen kann. Es gibt dort sehr schöne Ringe und Ketten, Armbänder, Schlüsselanhänger,Haarreifen und sonstigen Schmuck. Ich bestaune gerade ein wunderschönes Armband, das in Blau- und Grüntönen gehalten ist. Es ist geknüpft, in einem wunderschönen Muster, welches ich noch gar nicht kenne.
(Ich knüpfe auch selbst und nehme mir aus diesem Laden immer wieder neue Ideen mit, denn, und das macht diesen Laden so besonders, hier werden die Armbänder, Ketten, Ringe und alles andere in mühevoller Handarbeit einzeln hergestellt. Es ist ein alter Familienbetrieb. Nur die, die zur Familie gehören dürfen dort arbeiten. Und sie verdienen gut mit dem Laden. Die alte Frau hinter der Ladentheke hat mich einmal gefragt, ob ich nicht in ihre Familie einheiraten möchte, denn dann könnte ich später einmal den Laden übernehmen. Ich habe gesagt dass ich es für eher unwahrscheinlich halte und sie hat nur gelächelt und gesagt: "Man weiß ja nie. Was noch nicht ist kann ja noch werden." Ich glaube, sie hat mich wirklich gern)
Jedenfalls bestaune ich gerade dieses Armband, als plötzlich die Tür aufgeht. "Hände hoch!", ruft eine Stimme. Ich drehe mich langsam um, die Hände über meinen Kopf hebend und schaue direkt in die Mündung einer Pistole. Ich atme erschrocken ein und denke: scheiße, ich werde sterben!Ich habe noch viel mehr gedacht, allerdings war der Gedanke an meinen Tod viel präsenter als die anderen. Und ich dachte wirklich, dass das der Schock meines Lebens gewesen wäre. Ach, wie naiv ich doch war. Als ich heute Morgen losging, zur Schule, da dachte ich noch nicht daran, dass der Tag so verlaufen würde. Doch der Reihe nach:
Ich bin heute Morgen um halb sieben aufgestanden. Alles war normal. Soweit man das sagen kann. Ich habe ein Müsli gegessen, Zähne geputzt und mich angezogen. Ich brauche nicht lange, um mich zu entscheiden, wir haben an unserer Schule eine Uniform. Es ist keine wirkliche Pflicht, aber viele tragen sie. Und mir gefällt es, sie zu tragen. Erstens habe ich keinen Stress beim morgendlichen Ankleiden und außerdem fühle ich mich gut, wenn ich sie trage. Sie zeigt, auf welche Schule ich gehe. Wo ich hingehöre. Zudem habe ich auch das Gefühl, unsichtbar zu sein. Naja, nicht wirklich, aber so im übertragenen Sinne. Ich brenne nicht so sehr darauf, im Mittelpunkt zu stehen. Die Uniform gibt mir auch ein Gefühl der Geborgenheit.
Ich bin heute gut drauf, denn in vier Tagen (heute nicht mitgezählt) hat Lorent Geburtstag. Ich werde ihm zwar nicht gratulieren, trotzdem werde ich bei dem Gedanken, dass ich ihm die Hand geben könnte, ganz hibbelig. Ich schaue auf die Uhr. Shit! Das kommt davon, wenn man so mit offenen Augen durch die Gegend träumt...Ich hänge mir meine Tasche um, haste aus der Wohnung und sprinte zur Bahnhaltestelle. Ich bekomme die Bahn gerade noch so. Schwer atmend setze ich mich hin. Wilkommen in meinem Alltag! Zehn Minuten später verlasse ich die Bahn wieder und laufe das letzte Stück zur Schule. Auf meinem Weg zum Vertretungsplan kommt mir Lorent entgegen. Wie immer grüßt er mich nicht, ich grüße ihn inzwischen auch nicht mehr. Seit damals redet er nur noch mit mir, wenn es sich gar nicht verhindern lässt. Ich denke zurück an 'damals', während ich zum Klassenzimmer gehe.
Wir waren gerade in die achte Klasse gekommen. Wir wurden 'frisch zusammengemischt', da wir für dieses Jahr hatten wählen müssen. Tja, und so kam Lorent in meine Klasse, oder ich in seine, wie man es sehen will. Schon im Jahr zuvor waren wir beide in einer AG. Motivationscoaching. Ich glaube, dass ich mich schon damals in ihn verliebt habe...
Jedenfalls, als wir in die Achte kamen, gab ich ihm - Anfang Dezember - einen Liebesbrief. Im Nachhinein das absolut Dümmste, was ich je getan habe. Aber: Alle machen Fehler. Naja, was vielleicht noch ein wenig dümmer war, war, dass ich meinen Namen darunter geschrieben hatte. Danach hatte er eine Woche nicht mit mir geredet. Dieses 'In-der-Luft-hängen' hat mich fertig gemacht. Nach einer Woche sagte er dann zu mir, dass er mich zwar mag, aber nicht lieben würde. Ich war total enttäuscht. Und dann hörte er langsam damit auf, mit mir zu reden.So war das damals. Und ich, ja, ich liebe ihn immer noch. Ich wünsche mir, dass wir uns irgendwie näherkommen können. Mir ist auch ganz egal, wie. Ich betrete das Klassenzimmer, gehe zu meienem Platz umarme meine Freundin, stelle meine Tasche ab und setze mich hin. Fünf Minuten später kommt auch schon Herr Jordan ins Zimmer. Die erste Stunde haben wir Latein. Ich bin ganz gut in diesem Fach, beschließe, heute nichts zu machen, sondern fange an, vor mich hinzudösen. Danach haben wir eine Stunde Erdkunde. Dazu müssen wir in das Schulgebäude (Unser Klassenzimmer ist ein Container, da die Schule momentan umgebaut wird.) und dann in den Keller. Doch soweit kommen wir gar nicht. Wir haben gerade das Foyer betreten, da hören wir die Durchsage: "Frau Koma, bitte ins Sekretariat. Frau Koma, bitte ins Sekretariat." Die Mädchen fangen an zu kreischen, auch die Jungs werfen sich besorgte Blicke zu. Ich 'verstecke' mich hinter einer Säule. Also ein Amokläufer! An unserer Schule!
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Mein Leben - schlimmer als ein Alptraum
Teen FictionEmma wurde schon einmal mit einer Pistole bedroht. Das ist nichts Positives, aber es macht sie dennoch zu etwas Besonderem. Emma glaubt außerdem, dass ihr jetzt nichts Schlimmes mehr passieren kann. Als allerdings ein Amokläufer an ihre Schule kommt...