T10~Eine Erklärung für Lorent

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Während der Fahrt zur Hütte schweigen wir beide. Wie soll ich das alles Lorent erklären? Und noch viel wichtiger: Wird er mitspielen? Oder wird er Aiden auffliegen lassen? Ich weiß es nicht. Ich kann ihn nicht einschätzen. Und im diesem Moment wird mir bewusst, dass ich ihn nicht wirklich kenne. Ein schmerzlicher Gedanke. Ich liebe ihn und trotzdem kenne ich ihn kaum. Ich fasse es nicht. Dass mir das ausgerechnet jetzt auffällt! Diese beiden Tage sind wohl sehr aufschlussreich. Erst komme ich mit dem Jungen meiner Träume zusammen und dann merke ich, dass er vielleicht gar nicht der Junge meiner Träume ist, schließlich kenne ich ihn kaum... Das ist erst toll und dann erschreckend! Während ich noch über diese Tatsache nachdenke, kommen wir bei der Hütte an. "Los geht's. Du gehst rein und ich warte hier im Auto. Wenn du Lorent alles gesagt hast, kommt ihr raus und dann fahren wir nach Hause.", teilt Aiden mir mit. Er gibt mir einen Schlüssel, dann steige ich aus. Langsam gehe ich zur Hütte. Ich schließe auf, öffne die Tür und gehe hinein. Lorent liegt in dem Bett und - schläft er? Ich gehe zu ihm. Er ist wach. "Lorent?" Er erschrickt und fährt zu mir herum. "Wir können nach Hause, aber unter einer Bedingung." - "Die da wäre?" - "Du darfst niemandem erzählen, dass Aiden uns entführt hat. Auch deine Wunde darfst du niemandem zeigen." - "Warum?", fragt er. Verständlich. Er versteht vermutlich gar nichts.

POV Lorent:

Wovon redet Emma bloß? Warum darf ich niemandem die Wahrheit sagen? Ich frage sie und sie sagt mir, dass sie vor ihrer Mutter gelogen hat und den ganzen Rest erklärt sie mir auch. Ich fasse es nicht. "Für diesen Scheißkerl soll ich lügen?"

POV Emma:

Wie kann er sowas nur sagen?!? Aiden ist kein Scheißkerl - denke ich, wenn man mal davon absieht, dass er uns entführt und Lorent angeschossen hat. Aber ich spreche es nicht aus. Ich glaube, dass würde Lorent nur noch wütender machen. "Nein. Für mich." Ich hoffe mal, dass er für mich lügen wird. "Und was bekomme ich dafür?", fragt er kalt. Wie kann man nur so gefühlskalt sein?

POV Lorent:

Emma macht mich fertig! Es zerreißt mich innerlich. Ich will Aiden nicht davonkommen lassen. Er ist ein Krimineller! Vielleicht nur ein Kleinkrimineller, mit einer einzelnen Straftat, aber kriminell ist kriminell. Finde ich. Und jetzt bittet sie mich genau darum. Ich soll Aiden decken. In mir sträubt sich alles, bei diesem Gedanken. Aber noch weniger kann ich ihr wehtun oder ihr eine Bitte abschlagen. Denn in den letzten beiden Tagen ist mir klar geworden, dass ich sie liebe. Und zwar sehr. Vorher waren diese Gefühle zwar auch schon vorhanden, doch ich habe sie verdrängt, wollte es nicht wahrhaben. Dass ich sie verdrängt habe, liegt vermutlich daran, dass ich mich gar nicht auf was Neues habe einlassen wollen, ich hing noch zu sehr an Annie. In sie war ich mal verliebt. Glaube ich zumindest... "Lorent? Hast du mir überhaupt zugehört?" - "Nein, tut mir leid.", sage ich leise. "Na super!", sagt sie genervt. "Ich weiß ja, dass du Aiden nicht leiden kannst, aber bitte, verrate ihn nicht. Bitte." Wer könnte da noch nein sagen?
Also ich nicht. "Ist gut. Ich mach's ja." - "Danke. Weißt du, wenn du das durchziehst und Aiden nicht auffliegt, dann musst du nicht mit mir zusammen bleiben. Ich wollte dir zwar sowieso mitteilen, dass du nicht bis zum Schuljahresende bei mir bleiben musst. Ich finde das nicht fair, so gegen deinen Willen." So wie sie schaut, sollte ich mich jetzt wohl freuen. Verzweifelt versuche ich zu lächeln, doch der Kloß in meinem Hals macht das unmöglich und so kommt nur eine seltsame Grimasse zustande.

POV Emma:

Was ist denn mit ihm los. Er sieht aus, als hätte ich ihn soeben geschlagen und nicht ihm seine 'Freiheit' wiedergegeben. "Emma.", sagt er leise. Er schluchzt. Schnell laufe ich zu ihm und lege vorsichtig eine Hand auf seine Schulter.

POV Lorent:

"Was ist los?", fragt sie mich. Aber ich antworte nicht, ziehe sie lediglich zu mir, sie kniet zwischen meinen Beinen, mein Kopf lehnt an ihrer Brust, sie hat ihre Hände in meinem Haar. "Ich, ich, ich,...", stottere ich. "Shshsh, beruhige dich. Wein doch nicht. Shshsh.", sagt sie. Es sind just die Worte, die ich gestern zu ihr gesagt habe um sie zu trösten. Langsam höre ich auf zu zittern. Was bin ich nur für ein Schwächling! Ich heule - vor einem Mädchen! "Also: Was ist los?", fragt sie erneut, als ich mich wieder beruhigt habe. "Ich, was ist wenn, wenn ich gar nicht von dir weggehen möchte?" - "Wie meinst du das?" Sie schaut mich verständnislos an. "Emma,ichglaubichhabemichindichverliebt.", nuschele ich undeutlich. Sie schiebt mich ein Stück von sich weg. Dann blickt sie mir kurz in die Augen. "Komm.", sagt sie und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ein Kuss auf die Stirn. Warum küsst sie mich nur auf die Stirn? Es macht mich rasend. Warum? Was bedeutet das? Bedeutet es überhaupt etwas? "Gehen wir nach Hause. Und danke Lorent, dass du Aiden nicht verrätst."

Mein Leben - schlimmer als ein AlptraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt