Valentina

27 2 1
                                    

Die Legende handelte von einer jungen Göttin. Sie war die Herrscherin über das Reich der Toten. Daphne, so hieß die Göttin, sorgte gut für die Seelen der Verstorbenen Menschen, die noch nichts über Götter wussten. Sie war gütig und freundlich. Eines Tages starb der Sohn eines Händlers. Sein Name war Hector.
Als er vor die Göttin trat, geschah etwas. Ihre Seelen erkannten einander, weil sie schon immer zusammen gehört hatten und sofort verliebten sich die beiden ineinander. Es war eine Liebe, die durch nichts gebrochen werden sollte.
Mit der Bitte, den Jungen und sie zu vermählen, trat die junge Göttin vor den Thron ihres Vaters, den Gott der Götter. Obwohl er seine Tochter schon dem Gott der Nacht versprochen hatte, stimmte er zu und ließ Hector, den Sohn des Händlers zu einem Gott werden.
Meine Augenlider wurden, während ich den Text las immer schwerer und der Text immer verschwommener. Die Müdigkeit überkam mich und ohne gemerkt zu haben, dass ich eingeschlafen war, fand ich mich plötzlich in einem Traum wieder:

Ein langes, goldenes Kleid umspielte meine Beine und ein Kranz aus Blüten zierte mein Haar, als ich langsam auf den Mann zuschritt, den ich mit meinem Herzen, meiner Seele und meinem ganzen Körper liebte. In dem ersten Moment, in dem ich ihn gesehen hatte, wusste ich es. Unsere Seelen waren eins.
Einen Moment stutzte ich, wieso konnte ich sein Gesicht nicht erkennen? Aber er war es. Seine bloße Nähe ließ mein Herz höher schlagen, als wäre ich ein kleines Mädchen und keine Göttin. Hectors Handfläche lag auf meinem Gesicht und sorgte dafür, dass mein Körper sich anfühlte als würde er in Flammen stehen. Ich öffnete gerade den Mund, um die Worte zu sprechen, die uns auf ewig verbunden hätten, als
ein Lauter Ruf die Zeremonie unterbrach und ein hellblonder Mann, dessen Augen dunkel wie die Nacht waren, in goldener Rüstung den Weg hinaufkam. Sein Gesicht war von Wut und Schmerz gezeichnet und dunkle Schatten wanderten über seine Haut, als wären es dunkle Seelen, die über seine Haut krochen.
Schützend stellte ich mich vor Hector, da er als neugeborener Gott nicht über halb so viel Macht verfügte, wie ich. Der Mann versuchte an mir vorbei zu kommen, um Hector zu schaden, doch meine Macht ließ ihn, wie an einer Mauer abprallen. Wutentbrannt murmelte er Worte, die ich nicht verstand und schlagartig wurde mir es mir bewusst. Er war der Dunkelheit verfallen. Angsterfüllt schaute ich zu meinem Vater. Ich war mächtig, aber meine Macht reichte nicht aus, um gegen die Dunkelheit zu gewinnen. Noch nicht. Entschlossen nickte er mir zu und begann eine Schutzformel zu sprechen, doch zu spät. Hector und ich stürzten schon.
Tiefer. Immer tiefer. Wir durften uns nicht los lassen. Niemals.

Mit einem Schrecken erwachte ich aus dem Traum. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und meine Fingernägel gruben sich tief in meine Handflächen, sodass Blut hervorquoll. „Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Es war nur ein Traum. Nur wieso fühlte er sich so real an?", dachte ich und versuchte meinen Herzschlag durch bewusstes atmen zu beruhigen. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Laptop noch an war. Die Legende ging noch weiter:
Während der Vermählung der Göttin und des ehemaligen Händlersohns, stürmte der Gott der Nacht die Zeremonie und sprach einen mächtigen Fluch aus. Das Paar solle von seinem Platz in der Welt der Götter verstoßen werden und das Schicksal solle verhindern, dass sie jemals ein gemeinsames Leben führen können. Das Paar stürzte tief aus der Welt der Götter, bis sie auf der Erde ankamen und zwei riesige Krater hinterließen.
Der Vater der Göttin verbannte den Gott der Nacht ebenfalls auf die Erde und nahm diesem seine gesamte göttliche Macht, außer seiner Unsterblichkeit, sodass er auf ewig machtlos auf der Erde leben und niemals Liebe finden würde.
Den Fluch, der nun auf seiner Tochter und dem jungen Gott lag konnte er zwar nicht aufheben, jedoch vermindern. Er gab ihnen ein Halb-Sterbliches Leben, sodass sie zwar sterben können, aber immer wiedergeboren werden. Außerdem konnte er den Fluch für 31 Tage aufheben, sodass sie, wenn sie wiedergeboren wurden, die Chance hatten einen Monat miteinander zu verbringen, bevor der Fluch sie voneinander trennen würde. Das letzte, was er für seine Tochter schuf, war ein Ort, der jede Dunkelheit zerstörte, in der Hoffnung, sie würde diesen finden und den Fluch brechen können.

In mir tat sich ein komisches Gefühl auf. „Hatte ich das nicht gerade geträumt?", murmelte ich leise vor mich hin, doch mein Verstand wehrte das vehement ab.
„So ein Blödsinn. Bestimmt hatte ich nur einen Film mit einer ähnlichen Handlung gesehen und mein Unterbewusstsein hat den Film und die Legende miteinander verknüpft."

UnhurtableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt