Lucie saß seit mehreren Minuten unbewegt auf ihrem Bett und starrte mich an, während ich meine Eltern anrief und fragte, ob ich bei ihr übernachten dürfe.
Natürlich sagten sie ja, immerhin wohnte ich sowieso schon fast bei Lucie. Meine Hände zitterten immer noch und mein Herz raste, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Zu meinem Glück hatten meine Eltern meine zittrige Stimme nicht bemerkt. Bei dem Gedanken zurückzugehen, um meine Sachen zu holen wurde mir flau im Magen. „Bist du so ne Art Superwoman? Oder ein Vampir, Werwolf, Fee?", fragte sie mich, nachdem ich aufgelegt hatte. „Ich weiß es nicht Luce. Es ist für mich auch das erste mal, dass ich umgebracht wurde und wieder von den Toten auferstanden bin." Aufgeregt lief ich im Zimmer hin und her und versuchte mindestens einen klaren Gedanken zu fassen, doch in meinem Kopf sah es so aus wie frische Spaghetti Carbonara. „Hast du dich als Kind jemals verletzt? Oder reagierst du empfindlich bei grünen Steinen?", fragte mich Lucie und ging an ihren Laptop, um Phänomene wie mich zu googlen. „LUCE! Ich bin NICHT Superwoman und wenn ich das wäre, wüsstest du als erstes davon. Aber nein, nein ich hab mich tatsächlich noch nie wirklich verletzt. Ich hatte nie auch nur einen blauen Fleck."
Lucie sprang von ihrem Schreibtischstuhl auf. „Dann testen wir das mal", sagte sie und zog mich in die Küche. Da ich um einiges kleiner war, hatte sie damit wirklich keine große Arbeit. „Luce, was soll das? Ich glaube nicht, dass wir die Antwort in der Küche finden", sagte ich, doch Lucie widersprach mir. „Vertraust du mir Val?"
„Kl...", setzte ich an. Weiter kam ich jedoch nicht, weil Lucie mir ein großes Messer an das Handgelenk hielt und hineinschnitt.
„Aua, was soll das?", rief ich und schlug ihre Hand weg. Ein brennender Schmerz jagte durch meinen Arm und Blut lief aus der Wunde. „Spinnst du? Das tut abartig weh", schniefte ich und Tränen liefen mir die Wangen hinunter.
„Val, schau dir deinen Arm mal an", sagte Lucie und tatsächlich. Die Wunde verschloss sich und gleichzeitig verschwand auch der Schmerz. Es blieb nicht mal eine Narbe. Ich fühlte mich etwas ausgelaugt und taumelte leicht, aber der Schmerz war weg. „Was bin ich?", fragte ich verzweifelt und fühlte mich plötzlich ziemlich einsam.
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Unhurtable
FantasyWenn du jemanden siehst, den du liebst, bleibt dein Herz nicht einen Moment lang stehen. Du spürst es nur kurz nicht mehr, weil alles nebensächlich wird, außer diese eine Person. Das lernte ich, als mein Herz das erste mal nicht mehr schlug. ...