Mary-Ann Chapter 1

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Mary-Ann p.o.v

"Hi, mein Name ist Mary-Ann, ich bin 17 Jahre alt und leide an Depressionen." Und schon wieder geht es los. Eine weitere Therapie, die mir helfen soll, endlich wieder gesund zu werden. Ich war schon bei etlichen Ärzten und Psychologen, manchmal auch bei Gruppentherapien, aber bisher hat mir noch niemand helfen können, also wird es wohl dieses mal auch nicht anders sein.

Ich leide seit etwa 3 Jahren an Depressionen, damals hat mich mein Vater verlassen und ist mit seiner neuen Freundin nach Amerika gezogen. Meine Mutter habe ich nicht wirklich kennengelernt, da sie bei einem Unfall gestorben ist, als ich noch ganz klein war. Ich kann mich kaum noch an sie erinnern, aber meine Tante Maggie sagt mir immer wieder, wie sehr ich ihr doch ähnlich sehe. Sie ist die Schwester meiner Mutter und hat mich damals aufgenommen, damit ich nicht ins Heim muss. Maggie hat es einfach nicht mehr sehen könne, wie sehr ich mich zurück ziehe und keine Freude mehr am Leben habe, also ist sie nach einiger Zeit mit mir zum Arzt gegangen und dieser hat das festgestellt, dass ich Depressionen habe. Seitdem werde ich von Psychologe zu Psychologe geschleppt, in der Hoffnung, dass ich wieder 'normal' werde, wie Maggie es gerne nennt. Aber sie hat Recht, ich bin nicht mehr wie früher. Ich war immer ein fröhliches Kind, habe viel mit meinen Freunden unternommen, nur leider habe ich nun keine me-

"Mary-Ann, würdest du uns bitte erzählen, wieso du heute bei uns bist?", holt mich eine Stimme wieder in die Gegenwart. Sie stammt von unserem Gruppenleiter, Dr. Johnson. Er ist etwa 45 Jahre alt, aber mit seinem langen weißen Bart sieht er viel älter aus und auch die große Brille auf seiner Nase verbessert das nicht gerade. Er sieht ziemlich streng aus und Leute, die ihn auf der Straße sehen, werden ihn vermutlich komisch angucken, da er einem echt Angst machen kann, aber eigentlich ist er doch ziemlich freundlich. Ich kenne ihn schon seit einiger Zeit, da ich bei ihm in Einzelbehandlung gewesen bin, aber er hielt es für sinnvoll, wenn ich auch vor anderen Leuten mein Problem darlege. Also sitze ich nun hier und muss nicht nur mit anderen Leuten über meine Situation reden sondern auch noch von Menschen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, die Probleme reinziehen.

"Natürlich. Meine Mutter ist vor langer Zeit gestorben und mein Vater ist vor drei Jahren einfach mit seiner Freundin nach Amerika abgehauen, seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen und er hat sich auch nicht einmal mehr gemeldet. Ich bin zu meiner Tante Maggie gezogen, welche versprochen hat, sich um mich zu kümmern, aber ich habe mich von ihr distanziert und nach und nach von allem abgeschottet.", antworte ich ihm und versuche dabei so freundlich wie möglich zu klingen und ein falsches Lächeln aufzusetzen. Diese Aussage war ganz und gar nicht neu, denn ich musste schon vielen von meiner Situation erzählen und habe diese Worte schon in- und auswendig gelernt. Früher fiel es mir sehr schwer über meinen Dad zu reden, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und Leier es immer ganz trocken runter.

"Und wieso hast du dich von allem abgeschottet?" Können diese doofen Fragen nicht mal aufhören? Ich habe das Gefühl, dass schon die halbe Stadt von meiner Geschichte weiß. Obwohl das natürlich nicht stimmt, da London sehr viele Einwohner hat. Ja, ich lebe in London. Aufgewachsen bin ich in Manchester, aber meine Tante wohnt in London, also musste ich hierher.

"Weil ich mich wertlos gefühlt habe, nachdem mein Vater mich verlassen hat. Ich hatte keine Freude mehr am Leben, habe niemandem mehr vertraut, weil ich Angst hatte, verletzt zu werden. Also habe ich die für mich einfachste Lösung gewählt und einfach niemandem mehr an mich heran gelassen."

"Nun Mary-Ann, ich verstehe dich da und die anderen hier im Raum vermutlich auch, aber ..." Und das ist der Moment, an dem ich abschalte und einfach nur vor mich hin starre. Ich habe langsam Erfahrung darin, alles andere zu ignorieren und außerdem kenne ich seine Antwort doch eh schon, denn bisher haben mir immer alle das gleiche gesagt: 'So kann das nicht weiter gehen, aber wir werden das schon in den Griff bekommen.' Blah, blah, blah…

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