Kapitel 5 - wer ist diese Frau?

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Eine Weile sassen wir noch da. Und schauten einfach nur aus dem Fenster. Bis der Tee wirkte und wir Arm in Arm einschliefen. An diesem Abend fragte ich ihn nicht, wieso seine Mutter so scheisse zu ihm war, oder warum sein Bruder seinen Tod vortäuschte. Ich war einfach nur für ihn da und hoffte, es ginge ihm bald besser.
Durch Sonnenstrahlen die zum Fenster hineinschienen wachte ich zärtlich auf. Ich schaute neben mir zu Sam, der sich in meinen Arm gekuschelt hatte und noch tief und fest schlief. Ihn so zu sehen war einfach zu süss.

Trotzdem musste ich aufstehen und mich wenigstens umziehen, bevor sein Bruder kommen würde und uns so sah. Ich hatte keine Ahnung, ob er wusste, dass Sam schwul war oder nicht. Ich für meinen Teil wollte es ihm nicht sagen. Das sollte Sam selber machen.

***

Ich kochte Kaffee, als Mason verschlafen aus dem Zimmer kam. Sobald er jedoch Sam auf dem Boden entdeckte, schien es mir, als sei er hellwach. Er schaute mich entgeistert an. "Was soll das?" Ich zuckte lässig mit den Schultern. "Ich hab ihn gestern Abend dort sitzen sehen und ihm einen Tee gemacht. Ich dachte er gehe danach zurück ins Bett. Hat es wohl nicht mehr geschafft.", erklärte ich ihm. Er musste ja nicht wissen, dass ich neben ihm geschlafen hatte.

Bevor Mason jedoch etwas entgegnen konnte, wachte Sam auf und schaute uns erschrocken an. "Bin ich hier eingeschlafen?" "Ja", antwortete ich, bevor Mason die Chance ergreifen konnte, "Ich gab dir gestern wahrscheinlich einen zu starken Tee. Ich dachte, es würde noch reichen, dass du ins Bett schlafen gingst. Naja, anscheinend nicht. Immerhin hat einer von uns beiden im Bett geschlafen." Ich zwinkerte ihm zu und er verstand direkt, was ich andeuten wollte. Er nickte nur stumm. Mason blickte von Sam zu mir und dann wieder zurück.

Wir sassen alle am Tisch und frühstückten, was es in diesem Haus schon lange nicht mehr gab. Ich genoss das Gefühl, eine richtige Familie zu haben.
"Was machen wir denn heute?", fragte Sam seinen grossen Bruder. Man merkte schnell, was für ein Vorbild er für ihn war. "Keine Ahnung was ihr macht, aber ich muss noch was in der Stadt erledigen." Autsch. Sam nickte. Bevor er traurig werden konnte, ergriff ich schnell das Wort: "Wir könnten was machen, wenn du willst." Schnell erhellte sich sein Gesicht und mein Herz machte Freudensprünge. "Gerne. Was denn?" "Keine Ahnung, doch etwas finden wir sicher." Begeistert nickte der blonde Junge neben mir.

Sobald Mason aus dem Haus war, schauten wir uns das Kinoprogramm an. "Wie wärs mit Jurassic World?", schlug ich vor. "Au ja! Den wollte ich mir eigentlich schon letzte Woche ansehen, habs aber vergessen." Ich grinste. Die Vorstellung begann um 14 Uhr, weswegen wir noch Zeit hatten. Gemütlich setzten wir uns vor den Fernseher und ich überliess ihm die Fernsehbedienung.

Gegen dreizehn Uhr dreissig liefen wir los und kamen gerade noch rechtzeitig in den Saal hinein. Der Film war schon im ersten Teil viel besser als die Anderen der Filmreihe. Als es Pause war, standen wir gemütlich auf und während er auf die Toilette ging, holte ich das Popkorn.

Ich stand an der Schlange an und entdeckte jemanden weiter hinten im Restaurant. Ich war mir nicht hundertpro sicher, doch ich glaubte ein Mädchen neben Mason gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatte er nur ein Date. Keine grosse Sache. Ich bezahlte das Essen und wartete im Kinosaal auf Sam. Er schaffte es noch knapp, bevor das Kino wieder dunkel wurde.

Der zweite Teil war genauso gut wie der erste. Ich genoss es, Sam ein Bisschen ablenken zu können und ihn entspannt sehen zu können. Die Zeit verging wie im Flug und schon war der Film zuende.
Als wir gesprächig das Kino verliessen, entdeckte ich Mason schon wieder. Jedoch war es nicht mehr dieselbe Frau bei ihm. Die vorhin hatte blondes Haar, diese hier war rothaarig. Anscheinend liess er es sich hier gut gehen.

"Willst du ihm Hallo sagen?", fragte ich Sam. Seine grossen Augen starrten mich an. Unauffällig schaute ich zu Mason. Er folgte meinem Blick und seine Miene änderte sich schlagartig. Er sah ein Wenig aggressiv aus, doch versuchte es zu unterdrücken. "Was ist los?", fragte ich ihn. "Nichts", zischte er zurück. Sofort verliessen wir das Kino und schlenderten nachhause.

"Sam, ich kann nicht anders. Ich muss dich fragen. Was ist los?", fragte ich ihn, als ich es nicht mehr aushalten konnte. "Ist okay. Nichts wichtiges.", bekam ich als Antwort. Was sollte diese Scheisse? Er konnte mir doch vertrauen! "Sam..", begann ich, doch ich wurde von ihm unterbrochen. "Nein, ist schon gut." Ich schaute ihn eindringlich an und hoffte inständig, er würde es mir endlich sagen. "Devin es ist schon gut. Ich will nicht darüber sprechen, also lass mich." Ich nickte. Okay, gut. Vielleicht würde er eines Tages bereit sein, mir davon zu erzählen. Eines Tages.

Wir kamen zuhause an und um Sam ein Wenig abzulenken, bot ich ihm an, eine Runde GTA zu zocken. Noch immer ein Wenig benommen und angepisst nickte er einfach. Ich installierte alles, solange er das Essen und Trinken holte. Ich hoffte inständig dass es auch klappte.

***

Es waren drei Stunden vergangen. Sam blühte langsam auf und war wirklich richtig abgelenkt, als es an der Tür klingelte. Wer konnte das denn sein? Ich lief zur Tür, öffnete sie und fand einen glücklichen Mason vor. Bevor ich ihn fragen konnte, weshalb er klingelte, gab er mir schon die Antwort. "Ich habe keinen Hausschlüssel und einfach hereinkommen wollte ich auch nicht." Ich nickte und rückte zur Seite, damit er eintreten konnte. War wohl keine gute Idee. Sobald Sam Mason sah, warf er den Controller hin stand auf, ging in mein Zimmer und schloss die Tür zu. Was zur Hölle war das für eine Frau und wieso ist es so wichtig, dass sie sich getroffen haben?

Mason schaute mich verwirrt an. Ich guckte ihn an und zog die Achseln hoch. "Schau mich nicht so an, ich habe keine Ahnung, was er hat." Beinahe die Wahrheit. Jedoch nur beinahe.

Days like theseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt