Kapitel 6 - Pizzen und Geheimnisse

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"Du musst doch wissen, was er hat? Ihr wart den ganzen Tag zusammen." Mason bettelte schon fast, dass ich ihm von dieser Frau erzählte. Aber ich wusste einfach nicht wie. Solange ich nicht wusste, was es mit ihr auf sich hatte, wollte ich ihm nichts sagen. Wenn ich jetzt etwas falsches sagte, könnte das schlussendlich auf Sam zurückfallen und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Ich wollte ihn glücklich und ohne Sorgen. Nicht das Gegenteil. Immerhin war er mir sehr wichtig und das sollte auch so bleiben.
"Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Aber am besten ist es, du sprichst mit ihm." Er nickte leicht und lief dann in die Nähe meines Zimmers.

Während sie sich unterhalten wollten, verliess ich das Haus. Ich wollte ihre Privatsphäre nicht stören und so wie es aussah hatten sie wirklich viel zu klären.
Draussen angekommen nahm ich eine Zigarette heraus und zündete sie an. Ich rauchte nicht oft, meistens nur dann, wenn mich etwas beschäftigte oder wütend machte. Es war eine schlechte Gewohnheit, aber es wirkte. Und das war die Hauptsache.

Das Gespräch würde lange gehen. Was mache ich am besten bis dahin? Ich beschloss, in die nächste Pizzeria zu gehen. Immerhin war schon fünf Uhr abends und irgendwann sollten wir auch Nachtessen.
In der Pizzeria angekommen setzte ich mich an den ersten freien Platz und bestellte drei Pizza prosciutto. Meine Lieblingspizza. Und eigentlich mochten die beinahe alle Menschen. Die Serviererin kam auf mich zu und lächelte mich süss an.

"Hast du deine Freundin zuhause gelassen, das du alleine in eine Pizzeria kommst." Ich schaute ihr in die braunen Augen. Flirtete sie gerade mit mir? "Naja, ich möchte drei Pizza prosciutto zum mitnehmen. Zeit habe ich allerdings genug." Verwirrt schaute sie mich an, schrieb meine Bestellung auf und lächelte mir ein letztes Mal zu, bevor sie wieder verschwand.

Hatte ich sie jetzt in irgendeiner Form beleidigt oder was war das gerade gewesen? Hatte ich was falsches gesagt?
Ich nahm mein Handy raus und schrieb jemanden, den ich schon lange nicht mehr gesprochen hatte. Jonah.

Ich: hey! Ich weiss wir haben schon länger keinen Kontakt mehr, aber ich wollte mal hören, wie es dir so geht?

Es dauerte nicht lange und die Antwort war schon da.

Jonah: hallo. Es geht mir gut, ich hoffe dir auch? Hab gehört, Sam ist bei dir eingezogen. Darf ich fragen warum?
Ich: ja, das ist er. Komplizierte Geschichte. Aber es ist nicht so, dass wir zusammen sind, wenn du das wissen willst.
Jonah: ah okay. Nein, das wollte ich nicht andeuten, aber gut zu wissen. Ich hätte trotzdem nichts, wenn ihr zusammen wärt. Ich finde, er hat jemanden anständiges im Leben verdient und nicht nochmal so jemanden wie mich, den ihn nur kaputt gemacht hat. Ich weiss, du hast dich verändert. Du hast eingesehen, dass du schwul bist und gibst es ehrlich zu. Das ist unglaublich. Ich denke, du bist bereit für jemanden wie Sam. Aber behandele ihn gut!
Ich: das werde ich, mach dir keine Sorgen.
Jonah: danke.

Damit ging ich offline.

Die Serviererin brachte mir meine Bestellung, kassierte ein und lächelte mich nochmals zuckersüss an, bevor sie mich alleine liess.

Ich nahm die Pizzen auf den Arm und machte mich auf den Weg nachhause. Hatten sie wohl schon fertig diskutiert? Durfte ich schon hereingehen und was würde mich dort erwarten? Verdammt noch eins.

Als ich vor meiner Haustür ankam, atmete ich einmal tief durch und ging ins Haus. Überraschenderweise erwartete mich keineswegs streitende Brüder. Nein. Es war einfach nur still. Sehr still. War das ein gutes Zeichen?

"Hallo?", rief ich durch das Haus. Keine Antwort. Okay? Langsam und angsterfüllt schlich ich leise im Haus herum. Gerade, als ich das Handy rausnahm, um Sam eine Nachricht zu hinterlassen, sah ich ihn auf der Terasse. Schnell stellte ich die Pizzen auf den Holztisch und ging zu ihm. Es war bereits dunkel geworden, was hiess, dass es auch kalt war. Immerhin hatten wir keinen Sommer.

Er sah total zerstört aus. Ich stand neben ihm und hielt mich, wie er, am Geländer fest. Wir starrten einfach so vor uns hin und sprachen kaum ein Wort. Eine Weile standen wir einfach nur so da. Ich bemerkte, wie er scheinbar anfinf zu frieren. Das passte mir gar nicht, also unterbrach ich die Stille zwischen uns.

"Willst du nicht reinkommen? Du musst doch frieren." Erschrocken blickte er mich an. Es war, als ob er gerade aus einer Trance aufgewacht war. Doch ich konnte ihn trotzdem nicht fragen, was los war. Er sollte sich nicht gedrängt fühlen und es mir dann sagen, wenn er bereit dazu wäre. Ich hoffte inständig, dass dies bald geschah, ich konnte es nicht ertragen, ihn so zu sehen. So, wie ich auch mal aussah. Stopp! Hier und jetzt geht es um Sam. Da gibt es keine Platz für dich und dein Selbstmitleid!

"Kommst du?", versuchte ich mehr mich abzulenken, als ihn. Er nickte leicht und nahm meine Hand, die ich ihm hingestreckt hatte, an. Ich öffnete die Terassentür und liess ihn passieren. Hinter mir schloss ich die Tür ab und schaltete das Licht ein.
Überrascht guckte er mich plötzlich mit grossen Augen an. "D.. Du ha.. hast Pizza geb.. gebracht?", stotterte er. Ach, er ist einfach zu süss.
"Nicht gut?", fragte ich ihn unsicher. "D.. Doch. Danke." Ich lächelte ihn kurz an und er erwiderte das Spiel. Jedoch nicht länger, beschämt schaute er auf den Boden und begann, die Pizzen auszupacken.

Ich brachte die Teller und Eistee. Trotz allem herrschte Stille. Was war wohl mit seinem Bruder geschehen? Er wird es dir irgendwann erzählen. Vergiss nicht, dass du nicht in alte Muster zurück fallen wolltest. Reiss dich zusammen.

Ich entschied also zur Ablenkung von uns beiden, Musik aufzulegen und einfach die Pizza zu geniessen. Es war schwierig mit ihm ein Thema anzufangen, also entschied ich mich für das einfachste von allen. Die Schule.

"Morgen ist Montag. Da hast du Schule, nicht?" Er nickte und schaute mir dabei tief in die Augen. "Ich geb dir wohl am besten später die Schlüssel, dann kannst du kommen, wann du möchtest. Ich meine, das ist auch einfacher für dich." Er nickte und lächelte dabei leicht. "Danke.", formten seine Lippen und schon herrschte wieder Stille. Was war da nur zwischen den Beiden gewesen?

Days like theseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt