Kapitel 14 - wo bin ich hier?

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Das erste, was ich spüren konnte war die Kälte, die mich umgab. Das Zweite war irgendetwas hartes an meinen Handgelenken, welches mir Blut abschnürte und sich in meine Haut einschnitt. Langsam öffnete ich die Augen. Ich war in einem dunklen Raum an ein Bett gefesselt. Über mir sah ich etwas ähnliches wie einen Ventilator. Einen riesigen Ventilator. Ich musste wohl in irgendeinem Lüftungsraum sein. Nur wo genau war ich?

Langsam versuchte ich mich zu bewegen, als ich die Wunde an meinem Kopf spürte. Verdammt, tat das weh. Die Erinnerungen kamen allmählich zurück. Verdammt, warum musste ich mich immer so als Held aufspielen? Ich war noch nie einer gewesen. Warum also, musste ich dem Mädchen unbedingt helfen? Sie hatte mir schliesslich auch nicht den Arsch gerettet. Sie war einfach davon gerannt. Naja, wenigstens war sie in Sicherheit.

Je länger ich über sie nachdachte, desto bekannter kam mir ihr Gesicht vor. Woher wusste ich nur nicht.

Meine Stimmung änderte sich schlagartig, als die Tür überraschend geöffnet wurde und mich ein grelles Licht blendete.
"Na, seht mal! Unser Dornrösschen ist aufgewacht.", das war die Stimme meines Bekannten, von den Dreien. Was wollten die von mir? "W-Wie..", begann ich, doch aus meinem Mund kam keine Stimme. Ich hatte zu sehr Angst. Was war hier um Gotteswillen los? "Unser Schlag muss dich wohl sehr gut getroffen haben, du warst ne Woche bewusstlos. Wir dachten schon du würdest nicht mehr aufwachen.", scherzte der Typ mit der kalten Stimme.
Erst jetzt hatten sich meine Augen an das Licht gewöhnt und ich sah die drei zum ersten Mal richtig und undurchdringlich an. Einer hatte eine grosse Narbe neben seinem rechten Auge. Er war der kleine mit den unmenschlich vielen Muskeln. Kurze blonde Haare umspielten sein rundliches Gesicht. Der zweite, mein Bekannter, war etwas grösser, jedoch hatte er nicht so viele Muskeln. Seine schulterlangen, braunen Haare standen ihm gut. Er machte neben den anderen zweien bei weitem nicht so viel Angst.
Und der dritte war dieser Mann mit der eisigen Stimme. Sie passte zu seinen hellblauen und emotionslosen Augen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Er war gross und breit und übersäht mit Muskeln. Er war derjenige, der mir am meisten Angst machte. Vor ihm hatte ich wirklich extrem Schiss.
"Was schaust du uns so an?", fragte er. Oh shit, war das wirklich so offensichtlich gewesen? Verdammt.

"Sorry.", kam aus mir raus, ehe ich den Blick zu meinen Beinen richtete. Wie sahen die denn aus? Übersäht mit blauen und grünen Flecken und noch dazu waren sie weiss. Schneeweiss. Ich war mir nicht einmal mehr sicher,ob ich sie noch spüren konnte.

"Ach, der schaut dich so an, weil er auf Männer steht.", sprach plötzlich mein Bekannter aus. Alle Blicke waren ihm sicher, während er triumphierend lächelte. Woher wusste der das? "Er ist schwul?", fragte der Kleine geschockt. Mein Bekannter nickte nur während er die Augen nicht von mir liess. Wer zur Hölle war das?
Urplötzlich schnellten die Blicke der Anderen zwei zu mir. Was sie zu bedeuten hatten, konnte ich mir nicht erklären. Ich konnte es nicht sehen. Doch bei einer Sache war ich mir sicher: etwas Gutes war es definitiv nicht.

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Sam's Sicht

Er hatte mich mit diesem Blick angesehen. Ein Blick, den niemand gerne sieht. Er war kalt und zerstörend. Ich hatte ihm wirklich weh getan, obwohl alles anders war, als es aussah. Ja, Lydia sass in Unterwäsche auf mir. Und ja, ich liess es zu. Ich wollte doch nur sehen, ob ich vielleicht etwas verpasst hatte. Ich meine, noch nie war ich mit einem Mädchen zusammen. Hatte ich, was mein Schwulsein anging, vielleicht einen Fehler gemacht? Ich wollte es einfach herausfinden. Und als sie an der Tür geklingelt hatte, weil sie eigentlich Devin suchte, dauerte es nicht lange, bis sie mich mit ihrem Verführer-Blick ansah. Da hatte ich mir nicht viel gedacht. Es wäre mir im Leben nicht in den Sinn gekommen, ich könnte Devin damit verletzten. Das Traurige an der ganzen Geschichte ist, dass ich mich als Opfer aufgespielt hatte, als Sam dasselbe mit mir getan hat. Naja, er blieb wenigstens beim gleichen Geschlecht, was man von mir nicht behaupten kann und das macht alles noch schlimmer. Ich wollte ihn nie verletzen.

Mein schlechtes Gewissen machte mich fertig. Nachdem Devin so ausgeflippt war, stiess ich Lydia von mir. Doch ich konnte nichts sagen, ich hatte nicht gewusst, was ich sagen sollte. Ich sah ihm nur in die Augen und hoffte, er würde mir eines Tages verzeihen können und mich wieder als ein guter Freund betrachten. Als die Tür zugeschlossen war, herrschte eine Totenstille. Keiner von uns traute sich ein Wort zu sagen. Langsam drehte ich mich von der Tür weg, zu ihr in meinem Zimmer. Ich atmete tief durch. "Lydia, geh. Ich bin schwul.", war alles, was mir aus dem Mund kam. Ungläubig schaute sie mich an. Dann nickte sie einfach und packte ihre Sachen. Innerhalb von zwei Minuten war sie verschwunden.

Und ich, ich stand einfach nur da. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Sollte ich seiner Bitte nachgehen und verschwinden oder sollte ich um ihn kämpfen und warten bis er zurück kam? Wäre das zu aufdringlich wenn ich einfach hier warten würde?
Nach einer Minute, in der ich vor der Tür stand und sie ratlos beobachtete, während ich versuchte, mich zu entscheiden, gab ich mir selber einen Ruck. Ich würde, wenn ich jetzt abhauen würde, ihn nie wieder sehen und so diese Situation auch nie klären können. Und das wollte ich nicht. Ich wollte ihn zurück.

Ich räumte also zuerst die Wohnung auf, während ich mir einen Text zurecht legte, welcher diese ganze Situation aus meiner Seite erklärte. Ich wartete und wartete, doch er kam nicht nachhause. Komisch. Naja, vielleicht war er ja bei seinem Ex, um den Kopf freizubekommen. Bei diesem Gedanken zog sich mein Magen zusammen. Ich wollte nicht, dass ihn jemand anders küsste. Er sollte mir allein gehören.
Mit diesem Gedanken ging ich ins Bett, nachdem ich ihm einen von handgeschriebenen Brief vor seine Schlafzimmertür legte. Falls er ja über Nacht nachhause kommen würde.

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