Kapitel 15 - Marco diLaurentis

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Die Nacht verbrachte ich schlaflos. Was, wenn er wirklich zu seinem Ex gefahren ist und alte Gefühle wieder hochkamen? Immerhin hatte ich ihm wirklich weh getan und sein Ex war vielleicht ein ganz lieber gewesen und sonst etwas hatte sie auseinander gebracht. Ach, was hatte ich nur getan? Ich war immerhin kurz davor mit seiner Schwester zu schlafen. Aber ich war nicht nur in dieser Situation das Arschloch gewesen. Am Tag nach unserer gemeinsamen Nacht war ich abweisend zu ihm gewesen. Ich hatte ihm nicht mal richtig in die Augen schauen können. Natürlich war das nicht mein erstes Mal, aber ich konnte mich einfach nicht mehr ganz an die Nacht erinnern. Ich hatte nur noch Teilstücke in meinem Hirn, weswegen ich mich einfach nur schlecht fühlte. Er hatte es doch verdient, dass sich jemand an die Nacht mit ihm erinnern konnte. Und sich jedes Mal freut, wenn derjenige sich daran erinnert.
Ja, da war ich ein Arsch gewesen, aber ich wollte doch nur, dass er geschützt vor mir war. Ich war eine Zeitbombe. Noch nie hatte ich eine ernsthafte Beziehung lange führen können. Egal ob Mann oder Frau. In der High School war ich mit einem Mädchen zusammen, welche ich wirklich mochte. Aber ich begriff da noch nicht, dass es rein Freundschaftlich zwischen uns war. Jedenfalls hatte ich es kaputt gemacht, wie schon so oft.

Immer machte ich alles kaputt. So auch bei Devin. Er lässt mich in seinem Haus wohnen. Und was mache ich? Ich meine, er hat sogar Mason, meinen Bruder, hier übernachten lassen und der ist wirklich kein Engel. Nach unserem Streit hatte er unser Haus verlassen, worüber ich wirklich froh war. Mason war nicht so ein anständiger Typ, wie alle immer dachten. Natürlich, er arbeitete in einer Bank und sah stets gepflegt aus, kein Wunder also. Aber hinter dieser Fassade war ein schrecklicher Mensch, welcher ich nicht kannte, bis zu dem Tag, an dem mich meine Mutter das erste Mal geschlagen hatte. Andere Geschwister wären mit ihrem Bruder einfach verschwunden. Mason allerdings lief gerade auf sie zu und prügelte sie krankenhausreif. Als meine Mutter mich schlug, war sie alkoholisiert, als Mason sie schlug, war er nüchtern. Der Arzt fragte, wie das passiert sei und Mason gab nur zur Antwort, dass sie sich selber geschlagen hat, nachdem sie mir eine kommen liess. Natürlich glaubte man eher einem süssen, unschuldigen Jungen, anstatt einer alkoholisierten Frau, die dazu noch ihr Kind schlug. Natürlich wurden wir zu einem Sozialarbeiter gebracht, der half uns aber nicht wirklich. Meine Mutter wusste halt, wie man einen Mann dazu brachte die Dokumente positiv für sie aussehen zu lassen.

Deswegen mussten wir in eine Therapie, die von der Sozialarbeit gezahlt wurde. Weder meinem Bruder noch mir brachte das alles etwas. Deswegen liess meine Mutter verordnen, dass wir nicht mehr in die Therapie gehen sollten. Der öffentliche Grund war, dass wir nicht psychisch gestört seien, doch sie hatte wohl nur Angst, wir könnten etwas erzählen. Sie war keine Heilige, sie hatte genug Schaden angerichtet, um ins Gefängnis zu wandern und das für gut drei Jahre. Ich hatte mich da erkundigt. Jedenfalls war meine Kindheit nicht wirklich prickelnd gewesen, was vielleicht erklärte, dass ich alles kaputt mache, was gut in meinem Leben läuft.

Seufzend stand ich langsam auf und hatte Angst, in sein Zimmer zu gehen. Ich wusste wie ich es auffinden würde. Leer. Und trotzdem musste ich mich vergewissen, dass es ihm gut ging und er vielleicht nachhause gekommen war. Dann könnten wir immer noch über alles reden. Zusammen und in aller Ruhe. Doch der liebe Gott meinte es nicht gut mit mir. Ich betrat sein Zimmer nach achtmaligen Klopfen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich stellte mir vor, wie er mich wütend ansah, als er die Tür öffnen würde. Wie ich ihm das ganze Drama erklären und er mich langsam verstehen würde. Wie er nicke und mich schliesslich in seinen Arm nehme. Ich stellte mir vor, wie es weitergehen würde. Wie wir zwei zusammen heiraten und kurz darauf ein Kind adoptieren würden. Wir würden zusammen altern, ohne es richtig zu merken. Und irgendwann würden wir zwei alt zusammen auf der Couch liegen und uns tief in die Augen schauen. Ja, ich stellte mir eindeutig zu viel vor.

Ich öffnete also die Tür und es war alles noch so, wie er es verlassen hatte. Devin war also nicht nachhause gekommen. Hatte er etwa bei seinem Ex übernachtet? Wut stieg in mir hoch. Wir hatten uns zwar gestritten und ich war auch nicht immer so zu ihm gewesen, wie er es verdient hatte, aber das hiess doch noch lange nicht, dass er uns einfach aufgeben konnte und sich zurück zu seinem Ex verkriechen konnte. Nein, denn sowas war echt mies.

Meine Wut kaum in den Griff bekommend, zog ich mich schnell um, richtete mir meine Haare und nahm den Schlüssel, welcher immer auf meinem Pult ruhte zur Hand. Es war mein Autoschlüssel. Noch immer wutendbrannt stampfte ich aus dem Haus in mein Auto. Ich liess den Motor aufheulen und ohne einen Atemzug zu machen fuhr ich auch schon wild drauflos. Ich wusste nicht genau, wo er wohnte, doch Devin hatte mir mal etwas von seiner alten Schule erzählt. Die dort wussten sicher, wo sich dieser elender Mistkerl befand.

Die Schule, eher der Palast, war einen ganzen Tag entfernt gewesen. Saint Jules College. Man, mir bangte es richtig. Ob hier wohl jemand Devin kannte? Die Schule war gerade vorüber und ich wartete einfach im Garten, bis die Schüler aus dem Gebäude spaziert kamen. Ohne gross nachzudenken, fragte ich den ersten, der mir entgegen kam: "Hey, kennst du vielleicht Devin? Er hat hier studiert.." Der junge Mann, den ich angesprochen hatte, schaute mich an und schüttelte den Kopf. Na gut. Und so versuchte ich es immer wieder. Ich gab meinen Mut und vor Allem nicht meine Wut auf und so fragte ich beinahe jeden Einzelnen. Bis mir jemand auf die Schulter tippte.
Ich drehte mich um und schaute in zwei grüne Augen. Er war zirka gleich gross wie ich und hatte braune Haare. "Ich kenne Devin. Ist was passiert?", fragte der Junge. "Nein, aber ich suche seinen Expartner.", erklärte ich ihm. Er nickte und reichte mir schliesslich die Hand: "Marco DiLaurentis, freut mich sehr."

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