Kapitel 8 - Arrangiertes Abendessen

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Der erste Tag war anstrengend. Ich kannte mich beim Supermarkt nicht so toll aus, was zur Folge hatte, dass ich immer wieder nachfragen musste, wo was lag. Ein wenig peinlich war mir das schon, aber sie waren alle sehr verständnisvoll, was es erleichterte. Am Ende des Tages wollte ich einfach nur noch in die Dusche und ins Bett. Ich war einfach erledigt.

Zuhause angekommen, wartete auch schon Sam am Mittagstisch und hatte etwas kleines vorbereitet. Ich sah ihn schmunzelnd an. Er hatte tatsächlich das Abendessen arrangiert. An diesen Anblick konnte ich mich echt gewöhnen.
"Hey Devin. Ich dachte, da du mich so früh morgens geweckt hast, revanchiere ich mich doch. Ich hab Abendessen gemacht. Ich hoffe es schmeckt dir." Ich lächelte ihn an. Rot angelaufen schaute er auf den Boden. Echt süss. Ich mochte Sam sehr. Wahrscheinlich zu sehr, wenn man bedenkt, wie lange wir uns überhaupt kannten. Nicht lange, das stand fest. Und überhaupt nicht gut. Wir hatten bisher kein Gespräch, welches ein Wenig tiefer war, als Smalltalk. Ich mochte ihn, ja, aber ich kannte ihn nicht so gut. Sam sprach nicht so gerne über sich. Was ich ausserdem toll an ihm fand, aber so war es schwierig, ein ernstes Thema anzufangen und sich besser kennen zu lernen. Ich beschloss jedenfalls, irgendwann der erste Schritt zu machen. Ob das heute war, wusste ich nicht. Es kam, wie es kam. Und ich liess mich so drauf ein. Ohne Druck, ohne Stress. Wir hatten ja schliesslich alle Zeit der Welt.

"Sam das ist ech lieb von dir. Aber du hättest das nicht tun müssen." "Ich weiss. Aber ich wollte es so. Immerhin darf ich bei dir wohnen." Ich nickte. Ja, das stimmte, aber ich hatte ihn auch echt gerne bei mir. Er konnte solange bleiben, wie er wollte. Für immer, wenns geht.

Wieder herrschte Stille. Im Radio lief irgendein französisches Lied, welches ich von früher kannte und drum, ohne es zu merken, mitsummte. Ich bemerkte es erst, als mich Sam grinsend ansah. Als ich begriff, dass ich sogar mitgesungen hatte, lachte ich los. Sam stieg ein. Ich liebte sein Lachen. Es war wie ein Klang der Engel. Mein Herz blühte auf und ich genoss das Gefühl einfach.

"Du hast ne schöne Stimme. Wie lange singst du denn schon?", fragte mich Sam. Okay, darauf war ich nicht gefasst. "Seit ich in der Grundschule bin, war ich eigentlich immer in einem Chor. Aber ich habe dies aufgegeben, als ich in die High School kam." "Und warum?" Interessierte er sich wirklich dafür? Ich meine, wir hatten noch nie ein so langes Gespräch. Wollte er sich einfach nur anfreunden?
"Naja, das war halt nicht cool für die High School.", antwortete ich schulterzuckend. Er nickte. Wieder herrschte diese Stille, die ich hasste. Ich wollte mit ihm über seine Familie reden, doch ich wusste, dass dies keine gute Idee war. Wenn ich mir die Familie so ansah, dann liess ich es wirklich lieber bleiben.

Ich ass die Spaghetti, die auf dem Tisch gekocht da lagen. Sie schmeckten wirklich gut. Er konnte definitiv kochen. Zum Glück. Ich war eine Niete in der Küche, so gab es nicht immer nur Pizza oder etwas bestelltes vom Chinesen.

"Ich weiss, du fragst dich sicher, warum ich überhaupt für dich koche. Und wieso das ganze. Wie gesagt, ich wollte mich bei dir bedanken, einfach für alles. Aber ich wollte mich auch entschuldigen, dafür, dass ich mich so scheisse dir gegenüber verhalten hatte, als ich dich kennen lernte. Ich war angepisst, dass da plötzlich dieser Lehrer an der Tür stand. Ich wusste genau, was da passieren würde. Dafür kannte ich ihn zu gut. Jedenfalls hoffe ich, du nimmst es mir nicht allzu ernst." Sein Blick war bei den Spaghetti festgenagelt. Er sah zerstör aus. Ich hasste diesen Anblick. "Ich weiss, du hast es nicht leicht im Moment. Und ich habe es dir nie böse genommen, was da passiert war. Also keine Sorge. Ich nehme dir gar nichts übel." Jetzt hob er seinen Blick und schaute mir tief in die Augen. Seine Lippen bildeten ein Dankeschön. Ich wusste es, auch wenn seine Stimme versagte. Ich nickte ihm leicht zu und wendete mich wieder dem Essen zu.

"Du kochst echt toll. Wäre es dir recht, wenn du mir irgendwann ein Bisschen Nachhilfe geben könntest? Ich bin für nichts zu gebrauchen in der Küche.", fragte ich ihn. Seine Augen leuchteten und irgendwas verriet mir, dass er Feuer und Flamme dafür war. "Ja sicher, sehr gerne. Ich koche wirklich für mein Leben gerne." Ich lächelte ihn an. Das hatte ich mir schon gedacht. "Aber ich warne dich wirklich vor, ich bin eine Katastrophe.", kicherte ich. "Damit werde ich schon fertig.", antwortete er und zwinkerte mir zu. Hatte er das wirklich gerade getan? Hatte er mir echt zugezwinkert? Meinte er dies denn freundschaftlich oder hatte er gerade wirklich mit mir geflirtet?

"Sam, ich weiss, wir hatten einen komischen Start. Aber du kannst mir wirklich glauben, wenn ich dir sage, dass ich dir nichts übel nehme. Ich mag dich. Auch, wenn wir bisher nicht wirklich viel miteinander geredet haben." Wenn er versteckt flirten konnte, konnte ich das auch. Er lächelte mich an. Dieses charmante Lächeln. Mein Herz machte einen Sprung vor Freude. Er sollte nie mehr weg gehen. Er konnte für immer bleiben. Meine Eltern kamen ja schliesslich auch nicht zurück, was er jedoch noch nicht wusste. Und vielleicht auch nie erfahren würde. Gut, irgendwann würde es auffallen, aber bis dahin würde er nichts erfahren.

"Hör zu, ich würde dir wirklich gerne alles erzählen und erklären, was da zwischen meinem Bruder, dieser Frau oder meiner Mutter ist, aber ich bin noch nicht bereit dazu. Irgendwann werde ich es dir vielleicht erzählen, aber nicht jetzt. Nicht hier." Nickend blieb ich in seinen Augen gefangen. Diesen herrlichen blauen Augen, in denen ich mich zu schnell verlor. "Das ist kein Problem. Ich habe Zeit. Alle Zeit der Welt." Dankbar atmete er tief durch. Sam war wirklich etwas aussergewöhnliches, welches nie verletzt werden dürfte. Dafür würde ich sorgen, auch wenn es mein Leben kosten würde.

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