11. Akt - Die Abmachung

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Verträumt starrte ich aus dem Fenster. An Konzentration war nicht zu denken. In der Theoriestunden schrieben wir heute an dem Stück weiter und ich hörte nur mit halben Ohr zu. Ab und zu nickte ich, um Sven zu zeigen, dass ich aufpasste. Doch von dem Inhalt bekam ich nicht wirklich etwas mit. Erst als Sven mich direkt ansprach und fragte, was ich denn von dieser Idee halte, merkte ich, dass es keine gute Idee gewesen war, nicht zu zuhören. „I-Ich finde sie g-gut", stotterte ich und lächelte anschließend. „Was findest du daran gut?", bohrte Sven nach und verschränkte die Arme abwartend vor der Brust. „Alles", sagte ich und die Klasse fing an zu lachen. Am lautesten lachte Tess, was meine Laune noch weiter in den Keller beförderte. „Danke Robin", hörte ich plötzlich Nick sagen. Ich drehte meinen Kopf ängstlich zu ihm. Er grinste selbstsicher und lehnte sich im Stuhl zurück. „Es freut mich, dass du meine Idee so toll findest." Na toll, ich hatte also Nicks Idee befürwortete. Ich sollte wirklich und unbedingt zuhören.

Nach der Stunde war ich noch mehr durcheinander, als am Morgen und ich wollte einfach nur in mein Bett und schlafen. Doch nun stand die Praxisstunde an. Schlecht gelaunt schlurfte ich zu den Stühlen, die noch immer vor der Außenbühne standen. Dort ließ ich mich nieder und verschränkte die Arme vor der Brust, während ich auf die Bühne starrte. „Robin?" Julies Stimme riss mich aus der Erstarrung. Sie setzte sich neben mich und lächelte schüchtern. „Alles klar bei dir?", fragte sie. „Soweit." Ich richtete mich auf und lächelte ebenfalls. „Hast du schon von der Party am Wochenende gehört?", wollte sie wissen. Ich runzelte die Stirn. „Nein, es gibt eine Party?" „Ja, eine Halbzeitparty sozusagen", erklärte Julie grinsend. „Cool, oder?" Ich schreckte zusammen und drehte mich zur anderen Seite um. Dort hatte Riley sich unbemerkt hingesetzt und unser Gespräch belauscht. Neben ihm saß Lewis, der mich kurz anlächelte. „Ja, toll", meinte ich wenig überzeugend. Julie sah mich ein bisschen enttäuscht an. „Gehst du nicht hin?" Ich bekam sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich sie auf der einen Seite nicht enttäuschen wollte und auf der anderen Seite wollte ich ihr keine Hoffnungen machen. Es wäre nicht gut, wenn sie sich in mich verlieben würde. „Doch, doch", sagte ich schnell ohne zu wissen, ob das jetzt die richtige Entscheidung war oder nicht. Da fiel mir auf, dass Julie und ich seit dem Bühnenkuss nicht mehr miteinander geredet hatten. Ich wurde plötzlich nervöser und war froh, als Lewis fragte, welche Szene wir heute üben würden. Ich beteiligte mich nicht an dem Gespräch und wäre am liebsten klatschend aufgesprungen, als Sven endlich auf die Bühne trat und meinte, dass wir nun beginnen würden. Da das aber ziemlich bescheuert ausgesehen hätte, erhob ich mich lässig von meinem Stuhl und atmete erleichtert aus, als ich an der kleinen Bühnentreppe stand. Julie hatte mich förmlich mit ihrem Blick festgenagelt, weswegen ich froh war, nicht mehr neben ihr sitzen zu müssen. Doch die Freude hielt nicht lange an, denn Julie stand plötzlich wieder neben mir. Ich lächelte sie flüchtig an. Ein wenig Mitleid hatte ich schon mit ihr, aber was sollte ich denn tun? Ihr sagen, dass ich schwul bin? Damit sollte ich lieber noch warten.

Wir betraten die Bühne und hinter uns erschienen Riley und Tess. Wir sollten heute eine Szene zu viert proben. Tess spielte einen Vampir, der sich in Riley - einen Vampirjäger und Freund von mir - verliebt hat. Wir stellten uns auf unsere Positionen und warteten auf Svens Signal. Julie, alias Lexi, und ich kamen gerade vom Mittagessen und erwischten nun Tess und Riley. Mit einem unwohlen Gefühl im Magen betrachtete ich Tess und Riley, die sich langsam näher kamen, bis sich ihre Lippen berührten. Das erste Wort hatte nun ich. „Jake?", fragte ich verwundert und starrte zu Tess und Riley, die sich gerade von ihrem Kuss lösten. „Was zum...", fing ich an, doch ich wurde von der aufgebrachten Julie unterbrochen. „Jake! Ist das dein Ernst? Sie ist ein Vampir! Wie kannst du nur?" Tess baute sich wütend und bedrohlich vor Julie auf. „Du hast doch keine Ahnung!", brummte Tess wütend. Riley stellte sich zwischen die beiden Mädchen und warf mir einen flehenden Blick zu. Gott, diese Augen. „Zack, bitte. Mila ist nicht so wie die anderen Vampire. Wenn dies nicht der Fall wäre, hätte ich mich nicht in sie verliebt." „Ich glaube es nicht", meinte Julie und schüttelte verständnislos den Kopf. Riley wandte sich an sie. „Ich weiß, dass du das nicht verstehen kannst, aber ich wäre dir dankbar, wenn du es wenigstens versuchst." Julie griff meine Hand ohne auf Riley einzugehen. „Das muss ich mir nicht antun. Kommst du?", fragte sie mich und sah mich eindringlich an. Ich erwiderte ihren Blick ruhig. „Nein, ich will mit Jake reden. Es ist mein Freund. Ich vertraue ihm." Julie starrte mich entgeistert an, ließ meine Hand jedoch los und entfernte sich mit schnellen Schritten von uns. Riley legte seine Hand auf meine Schulter. „Danke, Kumpel." Ich schaute lächelnd zu ihm und wir verharrten einen Moment in dieser Position.

If I Were A BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt