Robin
„Lass mich raten. Ein Vampir?" Abwartend betrachtete ich Lewis. Er trug einen schwarzen, langen Mantel mit roten Stoff im Inneren. Darunter ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose mit (Wer hätte es gedacht?) schwarzen Lackschuhen. Seine Augen waren dunkel umrandet und sein Gesicht blass geschminkt. Es war ein dezentes und trotzdem Eindruck schindendes Kostüm.
„Richtig", meinte Lewis schmunzelnd. „Und wer hat dich denn so beeindruckend geschminkt?", fuhr er staunend fort. „Das war Alice", verkündete ich stolz. Ja, meine Freundin war wirklich künstlerisch begabt. Sie hatte mein Gesicht in einen Totenkopfschädel verwandelt, was im Nachhinein, heißer aussah, als ich es mir hätte vorstellen können. Ansonsten trug ich ein schlichtes, schwarzes Kleid mit Spitzenbesatz. Meine kurzen, blonden Locken standen wirr von meinem Kopf ab.
„Wow, Robin", kam es da plötzlich von Julie. Mit großen Augen kam sie auf uns zu. In ihrer Hand hielt sie bereits ein Glas. Ich sah, dass sie sich kurzzeitig von der Gruppe Freundinnen, mit denen sie am Buffet stand, gelöst hatte. Ich nickte ihr grinsend zu und begutachte ihr Kostüm. Auch meine Augen weiteten sich bei ihrem Anblick. Ihre braunen Locken hatte sie zu zwei seitlichen, hohen Zöpfen zusammengebunden und ihr Outfit war eine zerrissene Schuluniform mit Kunstblutflecken und hohen Kniestrümpfen. Außerdem hatte sie sich offensichtlich von unseren Requisiten bedient. Weiße Kontaktlinsen machten ihren Look komplett. Sie ging also als Zombie-Schülerin.„Das kann ich nur zurückgeben." Ich zwinkerte Julie zu. „Wenn ich eine Junge wäre, würde ich dich definitiv nehmen", neckte ich sie. Julie bekam rosa Wangen und schüttelte leise kichernd den Kopf. Ich war furchtbar erleichtert, dass es zwischen uns nie komisch gewesen war, seitdem ich ihr meine wahre Identität eröffnete hatte. Lewis und ich gesellten uns mit Julie zu der Gruppe Mädchen. Ich bekam die Gespräche nur halb mit. Mein Blick schweifte ständig zur Eingangstür der Halle. Ich erwartete jeden Moment, dass Riley durch die Tür trat. Lewis entging meine Unaufmerksamkeit nicht. „Wartest du auf jemanden?" Ich hatte ihm nicht erzählt, dass ich auf die glorreiche Idee gekommen war, Riley einzuladen. Als ich dies nun nachholte, sah Lewis mich mit einem unergründlichen Ausdruck an. „Robin, du bist doch nicht ...", begann er und warf einen Seitenblick auf Julie und ihre Freundinnen. Sie beachteten uns gar nicht. Lewis beugte sich trotzdem zu mir vor und legte die Hand auf meine Schulter. „Stehst du auf Riley?" Beinah hätte ich lachend abgewinkt. Aber dann würde ich Lewis belügen. Trotz meiner großen Klappe, bekam ich nun kein Wort heraus. Zögerlich zuckte ich mit den Schultern. Lewis legte den Kopf schief und betrachtete mich mitleidig. „Ich will Riley nicht schlecht machen, aber du weißt doch, wie er zu Mädchen steht." „Ja, natürlich", beschwichtigte ich. „Deshalb werde ich mir auch keine großen Hoffnungen machen." Ermutigend lächelte ich und erklärte Lewis, dass ich mal schnell zur Toilette müsse.
Als ich vor dem Spiegel des WCs stand, gewährte ich mir, einen verzweifelten Seufzer herauszulassen. Momentan waren meine Gefühle für Riley tatsächlich nur Schwärmerei. Okay, ein wenig mehr als Schwärmerei. Aber es hielt sich noch in Grenzen und wenn ich Glück hatte, würde sich das wieder legen. Ich musste bloß aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr hineinsteigerte, was meine Beziehung zu Riley anging. Wir sind nur Freunde. Diesen Satz weiderholte ich wie ein Mantra in meinem Kopf, während ich die Toilette wieder verließ. Es war vielleicht wirklich keine gute Idee gewesen, Riley einzuladen. Aber jetzt war es zu spät und so schlimm würde es schon nicht werden.
Zuversichtlich schlenderte ich auf Lewis, Julie und die anderen für mich noch fremden Mädchen zu. Auf halber Strecke hielten mich plötzlich zwei Arme auf meiner Schulter zurück. Perplex blieb ich stehen und wollte mich zu der unbekannten Person umdrehen, als flüsternde Worte an mein Ohr drangen. „Nicht bewegen. Das könnte tödlich enden." Ich erkannte die Stimme sofort. Sie jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. Mit einem fetten Grinsen drehte ich mich zu Riley um. Zumindest hatte ich das vor, doch er verhinderte es, indem er den Druck auf meinen Schultern verstärkte. „Da du nicht als Junge verkleidet bist, nehme ich mal an, dass du doch lieber ein Mädchen sein willst", hauchte er. „Ja", antwortete ich atemlos. Wenn er so weiter machte, würde ich meine Selbstbeherrschung komplett verlieren. Das Kribbeln in meinem Magen wollte gar nicht mehr aufhören. Mit einem Ruck drehte Riley mich zu sich um. Noch immer außer Atem begutachtete ich ihn. Seine Augen lagen im Schatten einer Kapuze, die er nun langsam abnahm. „Nein, nein, nein. Lass die auf", protestierte ich und streckte meine Hände danach aus. Riley schnappte sich meine Handgelenke und ließ sie ein paar Zentimeter vor seinem Gesicht inne halten. „Wow", staunte er. Offenbar meinte er mein geschminktes Gesicht. „Das war Alice. Sieht klasse aus, nicht wahr?" Riley legte die Stirn in Falten und zog die Kapuze wieder auf. „Los, ich will Lewis Hallo sagen." Ein wenig verwirrt führte ich ihn zu Julies Freunden, wo Lewis ihn fröhlich begrüßte. Aus irgendeinem Grund war ich plötzlich niedergeschlagen. Aber es gab keinen Grund dafür. All meine Freunde waren anwesend. Na gut, bis auf Alice. Sie wollte eigentlich mitkommen, aber ihre Periode hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Somit blieb sie lieber mit einer Wärmflasche zuhause. Und Sam war dann natürlich bei ihr geblieben. Aber die zwei sah ich sowieso jeden Tag.
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If I Were A Boy
Teen Fiction*Meine Schreibanfänge und nur zum Spaß geschrieben - nicht zu ernst nehmen* Für ihre Schauspielkarriere würde die 18-jährige Robin alles tun. Aus diesem Grund gibt sie sich als Junge aus, um an einem Schauspielprojekt teilzunehmen. Niemand ahnt, das...