„Ah, so pünktlich?" Herr Schröder nickte mir anerkennend zu und bat mich in sein Büro. Ich nahm auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz und sah abwartend zu ihm. „Wir müssen noch auf..." Herr Schröder konnte seinen Satz nicht mehr beende, denn da ging die Tür schwungvoll auf. Als ich sah, wer nun das Zimmer betrat, riss ich verblüfft meine Augen auf. „Riley?" „Du?", fragte Riley, nicht weniger entsetzt. „Ihr beiden wurdet bei Tess, Nicki und Julie erwischt und das verstößt gegen unsere Hausregeln", fuhr Herr Schröder unbeirrt fort. Ich warf Riley einen verwirrten Blick zu, den er jedoch nicht erwiderte. Er starrte stumm geradeaus und kreuzte die Arme vor der Brust.
Herr Schröder führte uns aus seinem Büro zur Aula. Wir sollten dort die Bühne putzen und die Requisiten für die nächste Szene am Montag aufbauen. Es gab schlimmere Strafarbeiten. Herr Schröder verabschiedete sich von uns und erklärte, dass er in der Mittagspause vorbeischauen würde. Nun war ich mit Riley allein.
„Wann warst du denn bei Tess?", fragte ich sofort. „Nachdem ich mit dir in der Nacht geredet habe", meinte er und schnappte sich einen Mopp. Er tauchte ihn einmal ins Wasser und fing schon an zu wischen. „Jetzt fang doch auch mal an", blaffte er wütend. Ich nahm mir den zweiten Mopp und machte es ihm nach. Eine Weile hörte man nur das Wischen der nassen Mopps auf dem Holzboden der Bühne. Riley war noch immer sauer auf mich, was mich so langsam selbst wütend machte. „Ich habe niemals gesagt, dass du nicht schauspielern kannst. Nicks Worte waren eine Lüge." Ich wischte ein wenig fester, als eigentlich nötig über eine Stelle am Boden. „Und kannst du das auch beweisen?", fragte Riley und steckte den Mopp in den Wassereimer. Ich wandte mich ruckartig zu ihm um. „Ich habe dir und Lewis erzählt, dass Nick mich erpresst. Wenn ich ihm nicht zugestimmt hätte, hätte er mich verprügelt. Oder er tut Julie wieder etwas an." „Ja, das weiß ich noch. Aber woher weiß ich, dass ich dir vertrauen kann? Du liebst es doch offenbar, zu lügen, nur damit du besser da stehst." Mir klappte der Mund auf. Ich liebte es ganz sicher nicht, jeden und vor allem Riley und Lewis, zu belügen. Aber es ging um meine Zukunft und ich wollte mir diese Chance einfach nicht entgehen lassen. Doch nun steckte ich so tief im Schlamassel, dass ich überlegte, ob ich die Perücke nicht einfach vom Kopf reißen sollte. „Du kennst mich doch gar nicht!", schrie ich und mein Mopp fiel klappernd auf den Boden. Riley ließ seinen ebenfalls fallen und kam bedrohlich auf mich zu. „Du lügst ja auch ständig! Außerdem kannst du mir sowieso egal sein. In zwei Wochen bin ich dich los." „Es tut mir Leid!", schrie ich wütend. Ich meinte es aber wirklich ernst. „Ich wollte nicht lügen. Ich hasse es. Aber in diesen Situationen ging es nicht anders." Riley winkte ab und hob seinen Mopp auf. „An dich verschwende ich keinen Atem mehr." Am liebsten wäre ich aus der Aula gestürmt. Stattdessen lief ich neben die Bühne, um die Requisiten nach oben zu holen. Schmerzlich stellte ich fest, dass es sich um eine Szene mit Riley und mir handeln würde. Riley half mir nun auch bei beim Aufbau. Er tat jedoch so, als sei ich gar nicht anwesend, was ich ein wenig kindisch fand. Ich schaffte es jedoch, meine Klappe zu halten.
In der Mittagspause kam Herr Schröder vorbei und lobte uns für die schnelle Arbeit. Wir durften ein paar Stunden früher gehen, was mich unheimlich freute. Noch länger hätte ich diese komische Situation zwischen Riley und mir nicht ausgehalten.
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Ich betrachtete mich im Spiegel. Sams altes, rot-kartiertes Hemd passte mir ziemlich gut. Für ein paar Minuten freute ich mich sogar auf die Party, die in einer halben Stunden beginnen würde. „Sieht gut aus", sagte Lewis und stellte sich lächelnd neben mich. Ich erwiderte es zaghaft. Riley hatte sich nur kurz im Zimmer fertig gemacht und war dann wieder hinausgestürmt. Offenbar fiel es ihm auch schwer, sich in meiner Nähe aufzuhalten.
Ich drehte mich zu Lewis um, der ebenfalls ein Hemd trug. Es war schwarz und hing offen über einem weißen T-Shirt. „Ich verstehe nicht, wieso du zu mir hältst", sagte ich besorgt. „Riley ist doch dein Freund." Lewis senkte den Blick. „Ich stehe auf keiner Seite." Er hob den Kopf und sah mich an. Ich hatte das Gefühl, dass er noch etwas hinzufügen wollte, doch er schwieg. Schließlich mussten wir uns auf den Weg zur Party machen. Noch immer schweigend liefen wir nebeneinander zur Aula, in der die Feier stattfinden würde. Die meisten hatten sich dort schon versammelt und Musik dröhnte aus zwei großen Boxen neben der Bühne. Ich sah ein paar Mädchen vor der Bühne tanzen und wünschte mir in dem Moment, nicht als Junge verkleidet auf dieser Party zu sein. Am liebsten würde ich mit meiner besten Freundin Alice die Tanzfläche rocken und all meine Probleme vergessen. Doch stattdessen stellte ich mich mit Lewis an den Rand und trank eine Cola. Gelangweilt ließ ich den Blick durch die Aula schweifen und unterdrückte ein Gähnen. Ein paar Meter vor uns entdeckte ich Julie und ihre Freundin, die sich zaghaft im Takt der Musik bewegten und währenddessen miteinander tuschelten. Julies Blick glitt plötzlich zu mir und ich sah schnell zu Lewis. „Wenn das nicht aufhört, muss ich Julie sagen, dass ich schwul bin", meinte ich. Lewis sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Weißt du was?", sagte er. „Ich bewundere dich dafür, dass du so locker damit umgehst. Ich kann das irgendwie nicht." Verwundert sah ich ihn an. Hatte er gerade indirekt zugeben, dass er schwul ist? Ich wusste das zwar schon, aber Lewis hatte keine Ahnung davon, dass Riley es mir schon erzählt hatte. Lewis schien nun auch zu begreifen, was er gerade gesagt hat. Er riss erschrocken die Augen auf und fuhr sich unwirsch durch die Haare. „Oh man. Du weißt es doch noch gar nicht", murmelte er unsicher und rieb sich die Schläfe. Ich lächelte ermutigend. „Kein Ding. Ist doch nichts Schlimmes." „Ja, das weiß ich", meinte Lewis. Er lächelte zaghaft und blickte mir in die Augen. Ich wandte den Blick ab und nahm einen Schluck Cola. Wenn Lewis nun auch noch Interesse an mir zeigt, dann ist das Chaos komplett. Julie steht auf mich, obwohl ich ein Mädchen bin und Lewis steht auf mich, obwohl ich kein schwuler Junge bin. Riley hasst mich und Nick kennt mein Geheimnis. Noch schlimmer konnte es wohl kaum kommen.
Erneut sah ich mich in der Aula um und entdeckte nun Riley und Tess, die miteinander tanzten. Riley konnte wirklich gut tanzen. Ich betrachtete ihn neugierig und versuchte die nervige Tess zu ignorieren, die sich aufreizend vor ihm bewegte. „Wieso steht Riley auf so etwas?", fragte ich Lewis. „Keine Ahnung. Aber ich glaube, sein Geschmack ist schuld daran, dass er bisher noch keine feste Beziehung hatte", meinte Lewis. Ich riss meinen Blick von den beiden los und sah direkt in Nicks Gesicht, das grinsend vor uns auftauchte. „Hallo Robin. Darf ich dich auf einen Drink einladen?", fragte er. „Verpiss dich", knurrte ich. „Das ist aber nicht nett", meinte Nick und sah mir warnend in die Augen. Ich verfluchte diese dumme Abmachung. Warum musste Nick bloß über meine Verkleidung Bescheid wissen? „Bitte lass mich in Ruhe", flehte ich.
„Willst du tanzen, Robin?" Ich hätte Julie in diesem Moment am liebsten geküsst. Sie hatte mich vor Nick gerettet. Erleichtert stürmte ich an dem verdutzten Nick vorbei. „Ja, gerne", sagte ich und schenkte Julie ein Lächeln. Sie erwiderte es schüchtern. Auf der Tanzfläche war ziemlich viel los, weswegen wir uns ein wenig durch die Menge drängeln mussten, um an eine freie Stelle zu gelangen. „Danke, dass du mich gerettet hast", meinte ich. „Kein Problem. Ich bin froh, wenn ich diesen Typen nie wieder sehen muss", antwortete Julie und schüttelte sich angewidert. Wir tanzten ein wenig, wobei ich darauf achten musste, mich nicht zu weiblich zu bewegen. Nach fünf Liedern begannen die Leute um uns herum plötzlich sich in eine Richtung zu bewegen. Verwirrt sah ich mich um. „Sie haben den Pool eröffnet", sagte Julie fröhlich. „Ein Pool?!", fragte ich erschrocken. Davon war doch nie die Rede gewesen. Und ich würde ganz sicher nicht in einen Pool steigen. Wie denn auch? Ich bin ein Mädchen, das sich als Junge verkleidet hat.
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If I Were A Boy
Teen Fiction*Meine Schreibanfänge und nur zum Spaß geschrieben - nicht zu ernst nehmen* Für ihre Schauspielkarriere würde die 18-jährige Robin alles tun. Aus diesem Grund gibt sie sich als Junge aus, um an einem Schauspielprojekt teilzunehmen. Niemand ahnt, das...