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Andy McLary

Wir treffen uns heute vor dem Schulhaus, hatte Alex geschrieben und als ich dort ankam, war er bereits da und lehnte lässig an einer Säule am Eingang. Niemand konnte ihm ansehen, welche Veränderung er nur vor wenigen Stunden erlebt hatte, so gelassen, wie er dort stand. Ich beneidete ihn, denn mein Morgen war alles andere als entspannt gelaufen. Er trug ein weißes T-Shirt und Jeans, die an mehreren Stellen Risse hatte. Ich fragte mich ob das beabsichtigt war oder ob er sie selbst nach längerem Tragen so zugerichtet hatte.

„Warum siehst du so fit aus?", fragte ich, als wir uns mit einem Handschlag begrüßten.

„Ich war eine Stunde joggen heute morgen", erwiderte er und fuhr sich mit der Hand durch seine blonden Strähnen. „Hat richtig gut getan."

„Warum bin ich nicht darauf gekommen", murmelte ich grimmig.

„Hast du schlafen können?"

„Nicht wirklich. Eine halbe Stunde bin ich weg gedöst, dann war ich auch schon wieder wach." Wie auf Knopfdruck musste ich gähnen.

Alex sah nachdenklich in die Ferne. „Hast du eine Ahnung, wie wir jetzt weitermachen sollen?"

Überrascht blickte ich ihn an. „Was meinst du?"

„Na, können wir einfach so weitermachen, wie zuvor? Nach allem was mit uns passiert ist? Ich habe heute beim Joggen viel Zeit zum Nachdenken gehabt und-"

„Hey, Leute!", unterbrach uns Tyler, der durch die vielen Schüler auf uns zu kam. Er überragte sie fast um einen ganzen Kopf, so riesig wie er war. Nur wenige erreichten so eine Größe, wie wir. Schon von Weitem sah ich, dass er ähnlich erschöpft zu sein schien, wie ich.

„Wow, Andy, du siehst scheiße aus", sagte er, nachdem er uns begrüßt hatte.

„Danke, kann ich nur zurückgeben", gab ich unbeeindruckt zurück.

„Jungs, ich muss euch etwas erzählen", sagte er, während wir in das Schulgebäude schlenderten.

„Vielleicht lieber nicht hier", kam Alex ihm dazwischen. „Wenn uns andere hier hören, glauben die noch, dass wir verrückt geworden sind."

„Das Gefühl habe ich selber auch", sagte ich nachdrücklich. „Aber vermutlich hast du recht."

Wir erreichten das Klassenzimmer, in dem der Mathekurs stattfand.

„Oh Shit", murmelte Tyler und bevor ich fragen konnte, was er meinte, sah ich sein Problem schon auf ihn zu stampfen.

Lucy hatte ein wutentbranntes Gesicht aufgesetzt und als sie mit ihren hochhackigen Schuhen vor ihm stehen blieb, war sie immer noch einen über einen Kopf kleiner als er. „Du bist der letzte Arsch, Tyler!", schrie sie und die anderen aus dem Klassenzimmer drehten sich verwundert in unsere Richtung.

„Ähm, ja," sagte ich und kratzte mich nervös am Hinterkopf. „Ich lass euch zwei dann lieber mal alleine." Dann ging ich zu meinem Platz in der zweitletzten Reihe, Alex tat es mir nach und setzte sich hinter mich. Mitleidig beobachtete ich die Szenerie, die sich am Eingang abspielte, denn Lucy war außer sich. Tyler jedoch schien gar nicht erst zu versuchen, zu Wort zu kommen. Ihn schien das ganze nicht die Bohne zu interessieren und genervt schob er sie einfach zur Seite, um an ihr vorbeizulaufen.

„Tyler Houston!", schrie sie und stöckelte ihm hinterher.

„Alter, kannst du's jetzt einfach dabei belassen?" Tylers Stimme war wütend und er drehte sich heftig zu ihr um. Der Ton in seiner Stimme ließ sie verstummen. „Ich hab dich versetzt und fertig!" Mit diesen Worten ließ er sich neben Alex nieder. „Boah ey, nur Stress hier!"

Hellguys - Die Erben des AdlersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt