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Andy McLary

Zuerst spürte ich das warme Wasser. Ich stellte fest, wie hell es plötzlich war. Die Sonne schien bis auf den Grund und ich konnte die schillernde Oberfläche bereits erkennen. Ein helles türkisgrünes Farbenspiel umgab mich plötzlich, dass ab und an von gelben Sonnenstrahlen durchschienen wurde. Den Blick nach oben gerichtet, schwamm ich los. Alex hatte die Oberfläche schon erreicht. Ich konnte es einfach nicht fassen, wie klar das Wasser auf einmal geworden war, als wir durch das kleine Loch getaucht waren. Nicht zu vergleichen mit dem dreckigen See aus dem wir eben gekommen waren. Als ich einen kurzen Blick nach unten wagte, sah ich, wie sich das schmutzige Wasser durch das Loch stahl und sich am Grund dieses sauberen Sees absetzte. Lexin und Nelio kamen bereits ebenfalls durch den Eingang hindurch.

Mit kräftigen Hieben schwamm ich nach oben.

Mein Körper begann zu zucken und dunkle Punkte begannen langsam vor meinen Augen zu flattern. Meine Züge wurden immer schwächer, doch ich kämpfte weiter. Fast hatte ich es geschafft.

Und dann preschte ich endlich durch die Wasseroberfläche und sog gierig die Luft ein, um meine leere Lunge wieder zu füllen. Erschrocken stellte ich nach einigen Atemzügen fest, wie frisch sie war. Ganz anders als eben noch. Der Duft nach Gras und Bäumen stieg mir in die Nase und löste ein herrliches Gefühl in mir aus.

„Sind wir... ist das wirklich Pangäa?", stieß Tyler erstaunt aus. Er schwamm einige Meter neben mir und schien seinen eigenen Augen nicht zu glauben.

„Natürlich", sagte Lexin lachend, die mit Nelio gerade aus dem Wasser aufgetaucht war. „Schaut euch doch um."

Und das taten wir. Ich musste mehrmals um meine eigene Achse schwimmen, um auch wirklich alles zu sehen. Was ich nun erblickte, übertraf all meine Vorstellungen. Wir waren nicht mehr an dem See, in dem wir eben noch abgetaucht waren. Die Kiffer, die Laubbäume und das dunkelgrüne Seewasser waren verschwunden. Nun befanden wir uns im Herzen eines Tals. Paradiesisch und ruhig lag es inmitten von Bergen, die es wie ein Schutzwall majestätisch umgaben. Die Sonne strahlte warm und hell über uns und ließ das klare Seewasser glitzern, als würden tausende Diamanten an der Oberfläche treiben.

Auf der einen Seite grenzten uralte Tannen an, die in dem leichten Wind über dem Ufer raschelten. Auf der anderen zeichnete sich ein großer Hügel ab, der mit saftigem Gras bewachsen war. Ihre Halme wiegten sich sanft in der warmen Brise. Darauf grasten die faszinierendsten Geschöpfe, die ich noch nie gesehen hatte. Es waren Pferde. Doch es waren keine gewöhnlichen Pferde. Sie waren unglaublich klein. Die Größten von ihnen erreichten ein bisschen mehr als die Höhe meines Knies, schätzte ich von meiner Entfernung aus. Es waren keine Fohlen, sie waren alle ausgewachsen. Alle sahen aus wie Pferde, aber irgendwie auch wieder nicht.

„Mesohippus", sagte Lexin, die plötzlich neben mir schwamm und mein Erstaunen offenbar bemerkt hatte. „Vorfahren der heutigen Pferde."

„Das heißt...", stammelte ich und konnte meinen Blick von der grasenden Herde nicht abwenden. „Sie sind..."

„Ausgestorben, ja. Schon vor Millionen von Jahren. Aber hier haben sie eine zweite Chance und können weiterleben." Lexin lächelte mich an. „Komm mit. Lass uns ans Ufer schwimmen, dann kannst du sie dir näher ansehen."

Überrascht stellte ich fest, dass die anderen das Wasser bereits verlassen hatten. Tyler sprintete gerade auf die Herde zu, während Alex und Nelio ihm langsam folgten.

Als ich das Ufer erreichte und auf die Wiese trat, waren meine Schuhe voll mit Wasser. T-Shirt und Hose klebten kalt an meinem Körper und trieften das saftig grüne Gras zu meinen Füßen voll. Es war wirklich unangenehm mit den völlig durchnässten Sneakers den Hügel hinaufzulaufen, doch ich vergaß dieses Gefühl sofort wieder, sobald ich die kleinen Pferde erreicht hatte.

Hellguys - Die Erben des AdlersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt