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Alex Carter

„Verschmelzen nennt ihr dieses Phänomen also?", fragte ich, und ließ die Tatsache aus, dass nicht ich es gewesen war, der den Cadillac demoliert hatte.

Beide nickten.

„Wir sind gekommen, um dich aufzuklären", sagte Nelio mit erhobener Stimme. „Sicherlich hast du keine Ahnung, was mit dir geschehen ist." Dann stockte er einen Moment. „Wie ist dein Name überhaupt?"

„Alex", erwiderte ich.

„Also gut... Alex. Wie du sind Lexin und ich ebenfalls Hybrids... So nennt man jene, die mit einem Tier verschmolzen wurden", fügte er hinzu, als er meinen fragenden Blick bemerkte.

„Hast du schon herausgefunden mit welchem Adler du verschmolzen wurdest?", fragte mich Lexin, die sich auf einen naheliegenden Stein setzte und die Beine übereinander schlug.

„Naja", begann ich und kratzte mich nervös am Hinterkopf. „Dieser Adler war enorm riesig und Vögel dieser Größe gibt es überhaupt nicht. Nicht mehr jedenfalls."

Nelio nickte heftig. „Die Riesenadler sind vor langer Zeit ausgestorben", bestätigte er. „Es war der Haastadler, dem du begegnet bist. Sagt dir der Name etwas?"

„Ja, wir haben Internetrecherchen angestellt, da sind wir auch auf diese Art gestoßen."

„Wir?", hakte Lexin nach.

„Meine Freunde und ich."

„Du solltest lieber nicht anderen davon-"

„Moment, darauf kommen wir später zurück, Schwesterherz", unterbrach sie Nelio mit einem Handwink. „Eins nach dem anderen. Der arme Junge ist ohnehin schon komplett verwirrt, siehst du das denn nicht? Und wir sind gerade erst beim Anfang unserer Erzählungen."

„Dann erzähl weiter und quatsch keinen Blödsinn", fiel sie ihm mit rollenden Augen ins Wort.

„Verzeih mir ihren frechen Ton", sagte Nelio an mich gewandt. „Ich habe es bisher noch nicht geschafft, ihn ihr abzugewöhnen."

„Tu mal nicht so, als seist du die Höflichkeit in Person!"

„Immerhin bin ich zu neuen Bekanntschaften nicht so frech!"

„Ich bin doch auch nicht frech zu ihm, nur du gehst mir wieder auf die Nerven!"

Nelio sah sie fassungslos an. Dann schüttelte er nur den Kopf und sah wieder mich an. „Okay, also weiter geht's... äh wo waren wir noch gleich stehen geblieben?"

„Bei dem Haastadler", antwortete ich und kam mir plötzlich merkwürdig vor. Wie hatte sich die Situation nur so schnell wenden können? Gerade eben war ich noch in einer hetzenden Verfolgungsjagd verwickelt, wurde kurz darauf auch noch angegriffen und beinahe getötet und nun saß ich mit meiner Angreiferin und ihrem Kumpanen zusammen am Waldrand und hörte mir ihre Streitereien an.

„Ach ja", erinnerte Nelio sich wieder und lehnte sich an eine Tanne. „Hast dich bestimmt gefragt, warum ein ausgestorbenes Tier in deinem Städtchen herumflog, oder?"

„Nein, natürlich nicht, kommt doch dauernd vor, dass Mammuts und Dinosaurier ab und an hier vorbeischauen", erwiderte ich sarkastisch.

Lexin grunzte.

„Witziges Bürschchen", sagte Nelio nur. „Selbstverständlich lebt der Haastadler nicht mehr auf der Erde, genauso wie alle anderen ausgestorbenen Tiere. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht an einem anderen Ort noch immer lebt."

„Ahaa", erwiderte ich langgezogen und versuchte ernst zu bleiben.

Er bemerkte meinen spöttischen Tonfall und zog die Augenbrauen zusammen. „Tja, du wirst dich vielleicht wundern, aber die Erde ist nicht der einzige Ort, an dem es Leben gibt." Nelios Stimme nahm plötzlich einen geheimnisvollen Ton an. „Es gibt eine weitere Welt, jenseits derer, die du kennst. Eine Welt, in der Tiere, die auf dieser Erde ausgestorben sind, weiterleben. Wir selbst wissen nicht vieles über diese Welt, wir glauben, dass sie vermutlich als eine Art zweite Chance für die Arten, die hier ausgestorben sind, fungiert. Dein Haastadler kam ebenfalls von dort. Es gibt Tiere, die es auf spirituelle Weise in unsere Welt schaffen. Aber nur mit dem Preis, dass sie dafür mit ihrem Leben bezahlen."

Hellguys - Die Erben des AdlersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt