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Alex Carter

Missmutig sahen wir Tyler hinterher, der mit immer noch angespannten Schultern davon trottete. Plötzlich fiel mir ein, dass ich noch seine Mütze in meiner Hand hielt. Ich sprintete ihm hinterher, worauf Andy mir mit nicht allzu flottem Schritt folgte.

„Tyler!", rief ich und kam mir auf einmal vor, wie eine Mutter, die ihrem Kind am ersten Schultag hinterherrannte, weil es seine Vesperdose vergessen hatte. Augenblicklich verlangsamte ich meinen Schritt. Zu meiner Überraschung blieb Tyler stehen und drehte sich zu mir um. Seine Wut schien um einiges verblassen zu sein, dennoch war sein Blick grimmig. Andy war inzwischen neben mir angelangt.

Als wir Tyler erreichten, fragte Andy, ohne wirkliches Interesse in der Stimme: „Was hat dir Daniel getan?" Er wusste, wie jeder andere, dass es sich um irgendetwas Unwichtiges gehandelt haben musste, über dass sich nur Tyler aufregen konnte. Und vielleicht noch die alte Mrs Sheppert aus meiner Nachbarschaft, die immer an der Jugend von heute herum zu nörgeln hatte.

„Der Idiot hat mich kurz nach Englisch, als die Pause anfing, angenießt!", antwortete Tyler aufgebracht. „Das gesamte Innenleben seiner Nase hat sich in meinem Gesicht verteilt! Das hat mich total angewidert und ich bin ihm hinterhergerannt bis ich ihn auf dem Pausenhof abgefangen hatte. Wusste gar nicht, wie schnell der rennen kann."

Ich seufzte. Das war also der Grund, weshalb er seine Mütze liegen lassen hatte.

„Was denn? Dich hätte das bestimmt auch angekotzt!"

„Natürlich hätte es das." Dennoch hätte ich Daniel nicht geschlagen deswegen. „Aber wie wäre es, wenn du dich zur Abwechslung mit jemandem in deiner Liga anlegst?"

„Mach ich doch oft genug", sagte er und sah mich an. „Mike O'Neill aus unserem Basketballteam zum Beispiel. Aber der legt's auch echt drauf an!"

„Du könntest deine Konflikte auch mal gewaltfrei lösen", warf Andy ein und schlug ihm kameradschaftlich in die Seite.

Als Antwort erhielt er nur einen ungläubigen Blick von Tyler und mir.

„Ach übrigens", erwähnte ich beiläufig und reichte Tyler seine schwarze Stoffmütze. „Den hast du vergessen."

„Oh... tatsächlich." Er sah mit undurchdringlicher Miene auf meine Hand, in der ich seine geliebte Mütze hielt. Er entnahm sie und zog sie sich über seine strubbeligen, braunen Haare, die von seinen vielen Freundinnen – oder soll ich eher sagen. „Verflossene"? -, immer durchgewuschelt wurden, da sie sie so knuffig fanden. „Danke", fügte er widerwillig hinzu. Er bedankte sich für gewöhnlich nicht gerne und überrascht hob ich die Augenbrauen, hielt aber den Mund, um einen unfreundlichen Kommentar seinerseits zu vermeiden.

Die Mütze hatte er damals nach seiner verstorbenen Hausratte benannt. Das klingt zuerst echt albern, aber eigentlich ist es das nicht, finde ich zumindest. Denn seine Ratte Helmut war früher einmal sein einziger Freund gewesen, der in schweren Zeiten immer für Tyler da gewesen war. Damals musste er viele Umzüge durchstehen und immer wieder neue Freunde finden, die er beim nächsten Umzug dann wieder verlassen musste, um wiederum Neue kennenzulernen. Irgendwann hatte er aufgehört, Freundschaften zu schließen, die er nach kurzer Zeit sowieso wieder aufgeben musste. Daher war er als Kind sehr einsam gewesen, da auch seine Eltern nie Zeit für ihn gehabt hatten. Denn die waren zu sehr mit ihrer Erfolgsfirma Houston's beschäftigt, eines der berühmtesten Sportgeschäfte, das sich inzwischen als Kette im ganzen Land verbreitet hatte. Seit Tyler auf die High School ging, hatte es zum Glück keine Umzüge mehr gegeben. Dort war er dann ins Basketballteam gekommen, da er für sein Alter damals schon überdurchschnittlich groß war und zuvor auch in der Freizeit viel gespielt hatte und daher ein großes Talent darin aufwies. Dort hatte er dann Andy und mich kennengelernt. Zugegeben, es war anfangs nicht einfach mit ihm, da er sehr verschlossen war, aber so ein Teamsport verbindet nach einiger Zeit. Und irgendwie hatte sich dann eine sehr enge Freundschaft zwischen uns drei entwickelt.

Hellguys - Die Erben des AdlersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt