Kapitel 1

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Zayn

Da stand ich nun also. Im Empfangssaal einer Nervenklinik. Hatte ich vorhin nicht etwas von krank gesagt? Na, danke für die Bestätigung. Meine Mutter füllte einige Formulare mit Informationen, während ich daneben stand. Ich war unruhig. Es waren zu viele Menschen hier. Da kam eine Familie herein, um ihre Tochter zu besuchen, und dort eilte ein Pfleger einem Patienten nach, der in die falsche Richtung gegangen war. Ausserdem war der Empfangsaal sehr klein, weshalb das Wort 'Empfangssaal' vielleicht etwas falsch war. Ein junger Pfleger mit Locken trat zur Dame am Empfangsschalter und streckte meiner Mutter die Hand hin: „Guten Tag, Mrs. Malik, ich bin Harry Styles, Pfleger in Ausbildung. Ich werde ihrem Sohn zeigen, wo was ist." Meine Mutter schüttelte lächelnd die Hand und wandte sich dann an mich. „Ich werde dann wohl gehen. Vergiss nie, dass ich dich liebe, Zayn, hörst du, ich werde dich immer lieben, egal was passiert." Ich zwang mich zu einem Lächeln: „Ich liebe dich auch, Ma." Sie lächelte leicht und stand etwas hilflos herum. Am liebsten hätte sie mich jetzt umarmt, das sah ich ihr an. Ich nahm meine ganze Willenskraft zusammen, beugte mich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Schnell entfernte ich mich wieder von ihr, während sie begann zu schluchzen. Meine Brust hob und senkte sich rasch und meine Nerven lagen blank. Ich stand kurz vor einer Panikattacke. „Einatmen, Ausatmen, ganz ruhig, niemand zwingt dich zu etwas", hörte ich Harrys Stimme. Ich versuchte es und beruhigte mich soweit, dass ich nicht gleich Gefahr lief, durchzudrehen. Ich konnte meiner Mutter also noch ein letztes gezwungenes Lächeln zuwerfen, bevor ich Harry folgte.

Niall

Ich war total aufgeregt. Ich würde einen neuen Mitbewohner bekommen! Seit Josh entlassen worden war, war ich alleine. „Beruhig dich!", sagte Liam lachend, „du kennst Zayn ja noch gar nicht." Ich grinste: „Darf ich mich nicht freuen? Warum ist er denn hier?" Liam seufzte: „Er hat eine Sozialstörung. Er kommt nicht mit Menschen klar. Seine Mutter sagte, dass er seit zwei Jahren fast nichts mehr spricht und Berührungsängste hat. Wird also nichts mit Horan-Hugs verteilen, tut mir leid." „Oh, naja, zum Horan-Hug verteilen habe ich ja dich", und mit diesen Worten schlang ich meine Arme um Liam, der darauf lachte. War es seltsam, dass ich so ein gutes Verhältnis zu meinem Pfleger hatte? Wenn ja, konnte mir das egal sein, denn Liam gab mir das Gefühl jemand zu sein und jemandem etwas zu bedeuten. Deshalb war ich hier. Ich bedeutete niemandem etwas. Nicht meinen Freunden, die sich von mir abgewandt hatten, als ich herausgefunden hatte, dass ich schwul war, und schon gar nicht meiner Familie. Wenn ich ihnen etwas bedeuten würde, hätten sie mich nicht hierher geschickt. Mit hierher meinte ich in DIESE Nervenklinik. Wenn man jemandem etwas bedeutete, wollte dieser einen doch in der Nähe haben, oder? Aber nein, ich war hier, in einer Nevenklink Englands, während meine Eltern, mein Bruder und der Rest meiner Familie in Mullingar, Irland, waren. Naja, vorbei mit diesen düsteren Gedanken, denn Liam bedeutete ich etwas. Und auch Harry und Josh und Louis und Dan und vielleicht auch Lydia.

Liam erhob sich von meinem Bett: „Ich gehe dann mal, Harry und Zayn kommen gleich und ich glaube du alleine wirst schon fast zu viel für Zayn sein, darum werden Harry und ich euch alleine lassen." Ich nickte, doch bevor Liam ganz ging, drehte er sich noch einmal um: „Ah und Niall, nimm es nicht als persönlich gegen dich, wenn er nicht mit dir sprechen will. Er hat nichts gegen dich, er ist nur nicht fähig, Sozialkontakt zu führen. Du bist jemand wundervolles, Nialler." Ich lächelte leicht. Ich glaubte ihm zwar nicht, dass ich wundervoll war, doch es tat gut, das zu hören, denn, auch wenn es vielleicht nicht stimmte, bemühte sich Liam. Die Tür fiel ins Schloss, doch bald darauf wurde sie wieder geöffnet. Von einem Jungen, mit leicht aussländischem Aussehen. Schwarze Haare, leicht dünklere Haut, Dreitagebart und wunderschöne dunkelbraune Augen, die er allerdings gleich zu Boden richtete. Vorsichtig betrat er das Zimmer. Ebenso vorsichtig sagte ich: „Hi, ich bin Niall." Er sagte so leise, dass es fast schon ein Flüstern war: „Zayn." Noch nie in meinem Leben hatte ich so eine schöne Stimme wie die von Zayn gehört.

Social DisorderedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt