Kapitel 16

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Zayn

Was sollte ich jetzt mit dieser Erkenntnis tun? Irgendwas musste ich ja tun. Früher wäre ich zu Sandy, einem Freund von mir, dem ich wirklich alles anvertrauen konnte und sicher sein konnte, dass niemand davon erfahren würde, gegangen, doch jetzt...warum eigentlich nicht? Ich konnte nicht zu ihm nach Hause, aber es gab ja moderne Kommunikation. Ich wählte also seine Nummer und wartete, bis er abnahm. „Zayn? Spielt mein Handy jetzt verrückt oder ruft mich wirklich gerade ein sogenannt bester Freund an, der seit eineinhalb Jahren verschollen ist?", erklang auch schon seine aufgeregte Stimme durch den Hörer. Ich lachte: „Ja, ich bin es wirklich." „Mum!", rief Sandy, „Zayn ist von den Toten auferstanden." Im Hintergrund hörte ich seine Mutter lachen. Sandy wandte sich wieder an mich: „Du warst wirklich wie tot, mein Lieber, wie geht es dir? Ist das Berührungszeug besser geworden? Wo bist du? Was machtst du?" Ich lachte: „Stopp, ich kann ja gar nicht antworten. Das 'Berührungszeugs' ist nicht besser geworden. Also ja, inzwischen schon, aber dazwischen nicht. Ich bin in einer Nerveklinik. Wie läufts bei dir so?" „Oho", erwiderte Sandy, „bei mir war's viel unspektakulärer, ich bin auf's Collage, um Musik und Physik zu studieren und bin gerade mal wieder auf Besuch bei meiner Familie. Wie kam's denn dazu, dass mein kleiner Zaynie in einer Nervenklinik gebracht wird?" „Nenn mich nicht so", sagte ich reflexartig, es war doch immer dasselbe, er nannte mich Zaynie, was ich nicht ausstehen konnte, und er wusste das, „meiner Mutter ist es irgendwann zu viel geworden und dann hat sie mich hierher geschickt. Und es hilft wirklich." „Oho", das war Sandys Lieblingswort, „und jetzt hast du ein Problem." „Was?", fragte ich verwirrt. „Na, darum rufst du ja an", erklärte er, „du hast meistens angerufen, wenn du ein Problem hattest, und ich glaube kaum, dass es jetzt anders ist." „Ja, okay, du hast recht", gab ich zu, „ich habe ein Problem und darum kam ich überhaupt auf die Idee, dich anzurufen, aber das war doch auch umgekehrt meistens der Fall." Sandy lachte, denn das war wahr. „Also?," forderte er mich auf. Ich holte Luft und sagte: „Ich bin verliebt." „Oho, dass jetzt sowas kommt habe ich nicht gedacht, aber wie auch immer, wie heisst denn die Glückliche?", sagte er. „Kein Mädchen", erwiderte ich und das so leise, dass ich bezeifelte, dass er es hörte. Sandy hörte es: „Oho, also dann, wie heisst er?" Ich wusste, ich könnte mich auf Sandy verlassen. „Niall", sagte ich. Sandy lachte: „An der Art, wie du seinen Namen sagst, schliesse ich, dass es dich recht erwischt hat. Beschreib ihn mir." Ich holte Luft, als würde ich einen Marathon laufen wollen, und begann: „Die schönsten blauen Augen der Welt, blondierte Haare, das schönste Lächeln und das schönste Lachen, kleiner als ich, und seine Persönlichkeit...ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll. Sunshine trifft zu." „Ein Sonnenschein, nur schon darum mag ich ihn. Du bist definitv verliebt, aber sowas von. Wie habt ihr euch denn kennengelerent?", sagte Sandy und ich konnte sein Grinsen durch das Telefon hören. „Wir teilen uns ein Zimmer", antwortete ich. „Nadann, sags ihm", schlug Sandy vor. „Das geht nicht", erwiderte ich, weshalb Sandy verwirrt fragte: „Wieso denn nicht?" „Erstens, weil ich immernoch nicht wirklich über die Sozialstörung hinweg bin, obwohl es mit ihm mit Abstand am besten geht" „Sweet", kommentierte Sandy. „Zweitens, habe ich Angst." „Wovor denn?", fragte Sandy, „davor, dass er nicht das selbe fühlt?" „Ja", sagte ich und es hörte sich irgendwie gequält an. „Ist er schwul?" fragte Sandy. „Ja", erwiderte ich. „Gut, erster Punkt abgehakt. Jetzt achte dich auf sein Verhalten, wenn er bei dir ist. Vielleicht hat er sich auch in dich verliebt, du musst es nur erkennen", auf Sandy war immer Verlass. Ich seufzte: „Leichter gesagt als getan. Es wird genug schwer, mich zu konzentrieren, wenn er in der Nähe ist." Sandy lachte: „Ich glaube, wir hören besser auf, mir wird schon ganz anders von deinem Gequatsche." Ich lachte auch: „Warte, noch etwas, wie stehts so bei dir?" „Glücklich Singel", erwiderte Sandy, „ich will dich sehen." „Abrupten Themenwechsel hast du drauf, ne? Ja, ich dich auch, wie das hier mit Besuch aussieht, weiss ich allerdings immernoch nicht." „Ehm, entschuldige meine total abwegige Idee, aber wie wär's mit Fragen?", scherzte Sandy. „Warte kurz, dazu müsste ich erst mal Liam oder Harry hierher dirigieren und das geht...so", sagte ich, während ich auf einen grünen Knopf drückte. Der grüne war für Fragen, Unklarheiten etc. und der rote für Notfälle. Nach kurzer Zeit klopfte es und Liam kam herein. „Warte kurz", sagte ich ins Telefon und wandte mich dann an Liam: „Ich wollte fragen, wie das hier ist mit Besuch." Liam lächelte: „Ganz einfach. Man kann einfach zum Empfang spazieren, wenn man Lust hat, dann wird ein Pfleger benachrichtigt und der benachrichtigt dann den Patienten. Man braucht sich nicht anzumelden und solange es nicht zwischen acht Uhr abends und acht Uhr morgens ist, kann man zu jeder Zeit kommen. Ein Besucher darf auch mit aufs Zimmer genommen werden. Mehr aus Sicherheitsgründen nicht. In Begleitung des Besuchs, darf der Patient auch die Klinik verlassen." Ich lächelte Liam dankend zu, der fragte: „Sonst noch was?" Ich schüttelte den Kopf, er lächelte noch einmal und ging dann. Ich hob mein Handy wieder ans Ohr: „Du könntest jederzeit kommen." „Toll! Wie wär's mit gleich? Ich wollte eigentlich bald wieder in meine WG, aber ein kleiner Abstecher wäre doch toll." Ich lachte: „Du warst schon immer so total spontan. Nur ja nie zu weit planen. Klar, warum nicht?" „Okay, dann bin ich in einer Stunde da. Oder ist dann gerade Mittagszeit?" „Das ist kein Problem, du kannst dir ja vorstellen, dass ich nicht in der Cafeteria esse." „Ja, stimmt", lachte er, „also bis dann." „Warte", hielt ich ihn noch einmal auf, „du weisst ja gar nicht, wohin du musst." Sandy lachte: „Ich Idiot!"

Niall

Alles hatte einen Grund. Absolut alles. Sie hatten mich nach England geschickt, weil sie gehört hatten, dass die irischen Nervenkliniken nicht so gut waren und sie nur das Beste für mich wollten und sie waren nicht gekommen, wegen des Vulkanausbruchs, der den ganzen europäischen Flugverkehr lamgelegt hatte.

Ma holte eine Tasche heraus, woher wusste ich nicht. Wie hatte eine so grosse Tasche mir nicht auffallen können? Sie streckte sie mir hin: „Deine Weihnachtsgeschenke. Mit etwas Verspätung, das ist uns bewusst, aber wir konnten ja nicht kommen und die Post hat auch nicht gearbeitet, darum bringen wir sie dir erst jetzt." Schon wieder stand ich den Tränen nah. „Mach sie auf, wenn wir wieder gegangen sind, ich glaube, du wirst in Tränen ausbrechen und das kann ich nicht mitansehen", sagte Greg und für jeden anderen hätte das mies geklungen, doch Greg hatte eine Art Tränenphobie und immer, wenn jemand weinte, musste er ganz schnell den Raum verlassen. Ich umarmte alle der Reihe nach und da begann mein Magen zu knurren. Musste der wirklich immer stören? Greg lachte: „Was wäre mein Nialler ohne Hunger, ich hab dich lieb." „Willst du mit uns essen kommen?", fragte meine Mutter, „ich habe bei der Herfahrt ein hübsches Restaurant gesehen." Ich begann zu strahlen, sprang auf, öffnete die Tür des Besucherraums und sah per Zufall Liam im Empfangssaal. „Li? Darf ich mit meiner Familie essen gehen. Meine Güte, ich komme mir komisch vor, sowas zu fragen", sagte ich und Liam lachte: „Klar darfst du. Ich stell dir gleich das Ding aus, dessen Name ich immer vergesse. Wie heisst das noch gleich? Egal, jedenfalls das, was das Verlassen und Betreten der Klinik ermöglicht." Ich grinste ihn an und sah dann an mir hinunter: „Ich sollte mich vielleicht anziehen." Liam nickte grinsend: „Wenn du in dein Zimmer gehst, kannst du gleich Zayn mitnehmen? Er hat Besuch." Dabei klopfte er dem Jungen neben sich auf die Schulter, der mich interessiert grinsend musterte. Ich nickte, sagte meiner Familie, dass ich mich schnell anziehen ging, und eilte zu meinem Zimmer. Dort angekommen sprang ich Zayn in die Arme, der erschrocken zusammenzuckte und sich dann wieder entspannte. „Das war mehr als einmal heute", murmelte er in meine Haare. Ich sah zu ihm auf: „Stört es dich?" Er lächelte leicht und schüttelte den Kopf. Ich lächelte glücklich und vergrub den Kopf an seiner Brust. Dann löste ich mich von ihm: „Ich gehe mit meiner Familie auswärts essen und du hast Besuch." „Sandy!", sagte er erfreut und schien allerdings auch etwas nervös. „Ich zieh mich kurz an, dann können wir zusammen da hin", sagte ich und er nickte. Kurz verschwand ich im Bad und als ich zurück kam, hatte auch er sich umgezogen. Zusammen gingen wir in den Empfangsbereich und bevor ich die Türe öffnete, drehte ich mich um und umarmte Zayn. Ich wusste auch nicht warum. Es war einfach so ein Verlangen und zuerst erwiderte er die Umarmung, dann begann er sich zu verspannen. Ich löste mich von ihm und er lächelte mich entschuldigend an. Dann öffnete ich die Tür und Zayn folgte mir. Sobald er Sandy entdeckt hatte, erschien ein nervöses Lächeln auf seinen Lippen. Meine Familie wartete schon auf mich und schnell ging ich zu ihnen. Bevor ich das Gebäude verliess, drehte ich mich noch einmal um und sah zu Zayn, der mir zu lächelte. Ich erwiderte das Lächeln und dann schloss sich die Tür. Irgendwie war ich traurig, dass er nicht mehr bei mir war, aber es war ja nur für kurze Zeit, ausserdem hatte ich meine Familie.

„Wer war das?", fragte Greg. Ich antwortete lächelnd: „Zayn, mein Zimmermitbewohner. Er hat eine Sozialstörung." Greg lächelte wissend: „Du magst ihn. Ich nickte. „Sehr soga", fügte Denise hinzu und auch sie sah mich wissend an. Ich verdrehte die Augen. „Ja", murmelte ich, „ich habe mich in ihn verliebt." Greg legte grinsend einen Arm um meine Schulter: „Mein kleiner Nialler hat seine grosse Liebe gefunden." „Unerwidert", murmelte ich leise. „Woher willst du das wissen?", fragte meine Mutter, „hast du ihn denn gefragt?" Ich sah auf den Boden: „Nein, aber er ist hetero." „Was nicht ist, kann ja noch werden", sagte mein Vater und hatte genau wie der Rest meiner Familie einen wissenden Ausdruck. Naja alle ausser Theo, der schlief.

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