Kapitel 32

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Zayn

Nach einiger Zeit beschloss meine Familie, essen zu gehen, und ich wollte versuchen, mit ihnen in ein Restaurant zu gehen. Natürlich kam Niall mit, denn ohne ihn hätte ich mich geweigert irgendwohin zu gehen.

Wir verliessen also die Nervenklinik und stiegen ins Auto. Glücklicherweise waren sie mit dem Familienauto gekommen, sodass wir alle bequem darin Platz fanden. Dad fuhr zu einem kleinen, gemütlichaussehenden Restaurant und wir betraten es.

Der Raum, den wir betraten, hatte kleine Fenster, dunklen Holzboden und Täferwände aus dem selben Holz. Die Lampen an der Decke verströhmten warmes Licht und ein köstlicher Duft lag in der Luft. An einem Tisch sass eine Familie mit zwei Kindern, an einem eine grössere Gruppe und an einem ein älteres Paar, sonst war das Restaurant leer. Eine Kellnerin kam und wies uns einen Tisch im hinteren Teil zu. Ihr Blick fiel auf mein und Nialls Handgelenk und sie fragte: „Blau steht für Sozialstörung und orange für Selbstgefährdung, richtig? Inwiefern sollten wir darauf Rücksicht nehmen?" Offenbar waren wir nicht die ersten Besucher aus der Nervenklinik. „Vermeiden sie Berührungen mit ihm, sonst nicht spezielles", antwortete Niall für uns beide.

Die Kellnerin nickte und ging, um dem älteren Paar das Essen zu bringen. Wir setzten uns, während mein Blick durch den Raum glitt und dann nach unten glitt. Eine Hand schloss sich um meine und ohne hinzusehen wusste ich, dass es Nialls war. Ich verflocht unsere Finger miteinander und hob dann den Blick wieder. Niall lächelte mir warm und aufmunternd zu und wandte sich dann der Speisekarte zu, was ich ihm gleichtat.

Ich entschied mich für Schnipo und kurz darauf bestellte Niall für mich, da ich kein Wort herausgebracht hätte. Während des Essens hörte ich vor allem zu und suchte immerwieder Nialls Hand unter dem Tisch. Er sass links von mir und da er Links- und ich Rechtshänder war, konnten wir unsere Hände häufig verschlungen lassen.

Es schien immer lauter zu werden, sodass ich irgendwann in Nialls Ohr flüsterte: „Ich muss kurz raus, bleib ruhig, ich komm gleich wieder." Besorgt antwortete Niall: „Sicher? Ich kann auch mitkommen." „Schon okay", erwiderte ich, „ich brauch nur kurz etwas Ruhe." Niall nickte, während ich aufstand und das Restaurant verliess. Draussen stand direkt neben der Tür eine Bank, auf die ich mich setzte. Ich schloss die Augen und mein Herzschlag, der drinnen abnormal hoch war, beruhigte sich wieder. Ich öffnete meine Augen wieder, als ich Schritte auf dem Kies, der vor dem Restaurant den Platz bedeckte, hörte. Eine Frau kam direkt auf mich zu. Nein.

„Hey, Süsser", begann sie, „was machst du denn so allein hier draussen?" Ich verkrampfte mich wieder. Sie kam näher: „Ein hübscher Junge wie du sollte nicht allein hier draussen sitzen." Ich wich an die Rückenlehne der Bank zurück. „Schüchtern?", fragte die Frau mit zuckersüsser Stimme, „unerfahren? Das lässt sich ändern!" Ich schüttelte den Kopf, doch sie streckte eine Hand aus und strich mir über die Wange. Ich zuckte heftig zusammen und rutschte auf der Bank von ihr weg. Sie folgte mir: „Willst du nicht ein bisschen Spass haben? Ich kann dir alles geben was du willst." Als sie mich wieder berühren wollte, stand ich auf und stolperte zurück. „Willst du nicht wissen, wie es sich anfühlt?", fragte die Frau, die mir folgte und mich gegen die Hausmauer drängte. Sie platzierte ihre Hände links und rechts von mir, sodass ich nicht mehr ausweichen konnte, und die Panik überrollte mich.

Mein Herz raste, in meinem Kopf schien sich alles zu drehen.

Gerade als sie wieder eine Hand an meine Wange legen wollte, ging die Tür auf.

Niall

Zayn hatte zwar gesagt, er käme gleich wieder, aber ich entschied mich, zu ihm rauszugehen. Als ich aus dem Restaurant trat, bot sich mir ein unerwarteter Anblick. Zayn wurde von einer wildfremden Frau an die Hausmauer gedrängt. Sie strich ihm über die Wange, während er ganz offensichtlich eine Panikattacke hatte.

„Hey!", rief ich, „lassen Sie meinen Freund in Ruhe." Wütend stapfte ich auf die beiden zu, während sich die Frau überrascht umdrehte. „Verschwinden Sie oder ich rufe die Polizei wegen sexueller Belästigung", drohte ich. Als die Frau keine Anstalten zu gehen machte, kramte ich mein Handy hervor, worauf sie schnell murmelte: „Geh ja schon.& Offenbar hatte ich sie ziemlich überrumpelt, was gut war, denn ich hätte sonst keine Ahnung, was zu machen wäre. Nachdem die Frau in einem Auto davonraste, ging ich zu Zayn, der an der Hausmauer zu Boden gesunken war. „Zayn?", fragte ich leise, während ich einen Arm ausstreckte, „darf ich?" Er bewegte den Kopf, den er zwischen den Knien in den Armen vergraben hatte, leicht auf und ab. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und strich über seinen Arm. Als ich bei seiner Hand ankam, griff Zayn nach meiner und es schien nicht so, dass er sie jemals wieder loslassen würde. Mit der anderen Hand fuhr ich ihm durch seine Haare. Ich setzte mich näher zu ihm und schlang meinen freien Arm um ihn, während ich ihn auf den Kopf küsste und murmelte: „Shhh, alles gut, ich bin da, sonst niemand." Zayn zitterte, doch in meinen Armen beruhigte er sich. Sein Atem ging stockend, doch er wurde wieder regelmässig. Er legte seinen Kopf an meine Schulter und atmete tief ein und aus. „Alles ist gut, Zayn", murmelte ich, „alles ist gut."

Social DisorderedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt