Kapitel 11

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Zayn

Irgendwie ging das Gespräch heute nicht so gut wie gestern. Liam beruhigte mich, indem er behauptete, schlechtere und bessere Tage seien normal und dass ich schon auf gutem Wege war, schneller als irgendwer gedacht hatte. Als es einfach gar nicht mehr ging, begleitete mich Liam auf mein Zimmer, da ich es sonst nicht gefunden hätte und ich ging hinein. Das erste, was ich sah, war, dass Niall am Schreibtisch sass und einige Blätter hin und her schob. Dann fiel mir auf, was auf den Blättern drauf war und ich erstarrte. Hatte ich die nicht verräumt? Niall drehte sich um. „Wow!", war alles, was er sagte. Ich stand einfach nur erstarrt da. Sofort wechselte sein Gesichtsausdruck zu besorgt: „Was ist los?" Ich schüttelte den Kopf, ging langsam zu meinem Bett und liess mich darauf fallen. „Zayn", fragte Niall mit immer besorgterer Stimme, „ist was wegen mir? Hätte ich die nicht ansehen dürfen?" Alles, was ich hinbekam, war ein leichtes Kopfschütteln und ein geflüstertes: „Nicht wegen dir." „Oh!", sagte Niall und, wenn ich nicht täuschte, schwang Erleichterung in seiner Stimme mit, „du kannst einfach nicht." Ein leichtes Nicken. Kaum merklich, doch Niall registrierte es. Ich hätte gern mit ihm gesprochen, doch es hatte sich eine Art Berriere aufgebaut, die schon des Öfteren aufgetaucht war. Ich hatte keine Ahnung warum und wann genau, doch sie war manchmal da und dann dauerte es eine Weile, bis sie wieder verschwand. Villeicht hatte ich sie einmal selber errichtet zu meinem Schutz. Schon möglich. Jedes andere Mal hatte ich mich dann auch geistlich zurückgezogen, sodass ich völlig zurückgezogen war und überhaupt nicht mehr ansprechbar war, doch nun stemmte ich mich gegen die Barriere. Es war, als wäre ich in einem Raum gefangen und versuchte die Wände zum Einstürtzen zu bringen. Hoffnungslos ohne Superkräfte oder Türe und ich hatte beides gerade nicht zur Verfügung. So starrte ich einfach an die Decke und versuchte die Barriere zu zerstören, auch wenn ich wusste, dass es nicht klappen würde.

Auf einmal erschien Nialls Gesicht in meinem Blickfeld. Ich versank im Ozean seiner Augen. Er kam immer nähern. Es machte mir nichts aus. Es machte mir auch nichts aus, dass er mit seiner Hand über meine Wange strich. Und es machte mir nichts aus, dass er in diesem Moment seine Lippen auf meine legte. Nur ganz kurz spürte ich einen Hauch Nervosität, doch dann vergrub ich meine Hände in seinen Haaren und zog ihn noch näher an mich. Er lag nun halb auf mir. Seine Lippen war warm und weich. Meine Augen waren geschlossen und meine Muskeln entspannter als jemals in den letzten zwei Jahren in Anwesenheit von irgendjemandem. Es war das schönste Gefühl überhaupt und ich wollte Niall nie mehr loslassen, doch plötzlich verschwand seine Wärme wieder und ich schlug die Augen auf. Verwirrt sah ich an die Decke. Es war dunkel. Ich wandte den Kopf, doch Niall war nirgends. Mein Blick fiel auf die Uhr. Abendessenszeit. Ich hatte den Kuss also nur geträumt. Warum träumte ich, dass wir uns küssten? Das war genau so verwirrend wie die Zeichnungen. Oder war es ganz einfach und ich sah die Antwort einfach nicht? Jemand versuchte die Tür aufzumachen und zuerst wollte ich aus dem Bett springen, um ihm zu helfen, doch als er es selber schaffte, stellte ich mich schnell schlafend, behielt die Augen allerdings einen Spalt offen. Wie schwer ist es, sich schlafend zu stellen, wenn man in Anwesenheit anderer nervös wird? Ich versuchte mir einzureden, dass es nur Niall sei. Fast brach ich in Gelächter aus. Nur Niall, erzähl mir einen besseren Witz. Er stellte mein Abendessen auf den Schreibtisch und griff dann nach etwas, was auf dem Tablett lag. Er griff ebenfalls nach einer meiner Zeichnungen und ging zu seinem Bett. Er kniete sich darauf und begann die Zeichnungen aufzuhängen. Alle Zeichnungen, die ich vorhin gezeichnet hatte, fanden ihren Platz. Eine Niall-Collage. Welcher war der schönste? Genau, der Original Niall, der lächelnd sein Werk betrachtete. Dieses Lächeln konnte die ganze Welt zum Strahlen bringen.

Niall

Zayn war eingeschlafen und mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es Zeit fürs Abendessen war. Ich strich ihm kurz über die Wange, worauf er sich anspannte, jedoch nicht so sehr, wie ich erwartet hatte. Ausserdem enspannte er sich gleich wieder und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Offenbar hatte er einen schönen Traum. In der Cafeteria setzte ich mich an meinen gewohnten Platz und erst als Dan mich umarmte, fiel mir wieder ein, was am Morgen passiert war. Der leichte Schmerz am Unterarm war schon Kontinuität geworden. Als er sich von mir löste, deutete er auf meinen Verband: „Wer hat dir denn den gemacht?" Mit einem leichten Lächeln erwiderte ich: „Zayn." Dan begann immer breiter zu grinsen, bis er schliesslich in Gelächter ausbrach. Ich lächelte und wandte mich wieder dem Essen zu. „Liam?", fragte ich, „oder Harry? Habt ihr per Zufall Reissnägel?" „Reissnägel?", fragte Liam verwirrt. Ich nickte: „Reissnägel, Zayn hat heute morgen gezeichnet und ich möchte sie aufhängen." „Aha", war alles, was Liam dazu einfiel, „ich sollte irgendwo haben, komm nach dem Essen einfach noch kurz zu meinem Arbeitszimmer."

Nach dem Essen gingen wir also da hin und er musste zuerst ungefähr die Hälfte der Schubladen durchwühlen, bis er tatsächlich Reissnägel fand. Vor unserem Zimmer hatte ich erst einen Kampf mit der Türe, doch es gelang mir, sie zu öffnen. Ich stellte Zayns Abendessen ab, griff nach den Reissnägeln und begann sie aufzuhängen. Es gab eine tolle Collage über meinem Bett und ich entschied, dass ich, wenn ich hier entlassen wurde, jede einzelne mitnehmen würde. Als ich mich umdrehte, fiel mir auf, dass Zayn mich betrachtete. „Warum hast du mich gezeichnet?", fragte ich gerade heraus. Er zuckte mit den Schultern: „Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ich habe einfach gezeichnet und dann ist mir irgendwann aufgefallen, dass das du bist. Das Unlogischste ist, dass, als ich versucht habe, dich zu zeichnen, es nicht ging. Frag nicht warum, ich weiss es auch nicht." Ich runzelte die Stirn. Das ergab wirklich keinen Sinn. Zayns Augen waren immernoch auf mich gerichtet. Mein Herz schien gerade etwas durcheinander. Es schlug schneller und setzte dann wieder einen Schlag aus und das in total unregelmässigen Abständen. Es war nicht möglich, es zu ignorieren, obwohl ich darin schon länger euserst trainiert war. Was stellte dieser Junge verdammt noch 'mal mit mir an?!

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