Kapitel 19

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Zayn

Seine Lippen legten sich auf meine. Wie automatisch schloss ich die Augen. Seine Lippen waren so warm und weich. Ich erwiderte den Kuss. Es war lange her, dass ich jemanden geküsst hatte und ich hatte ganz vergessen, was für ein unglaubliches Gefühl es war, jemanden zu küssen, den man liebte. Dieser Kuss sollte nie enden, doch wie jeder Kuss endete er. Niall löste sich von mir. Ich sah ihn an und bemerkte erst jetzt, dass mein Herz raste. Nicht nur, wegen meiner Sozialstörung, sondern weil ich gerade wirklich von Niall geküsst worden war. Niall lächelte und mein Zurücklächeln kam wohl etwas nervös 'raus. Ich schaute in seine Augen und die Zeit schien still zu stehen. Es gab nur ihn und mich und diesen Moment.

Abrupt wurde ich aus dieser Erstarrung heraugeholt, indem Louis begann zu klatschen. Ich zuckte zusammen, denn das mit dem wegdenken hatte ganz gut geklappt. Auch die anderen begannen zu klatschen und ich sah nervös zu Niall, der grinste.

Sie begannen wieder zu spielen, doch im Gegensatz zu vorher konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren, sondern musste ständig an den Kuss denken.

Auf einmal sagte Liam überrascht: „Schon so spät? Bald ist die Besucherzeit vorbei, Sandy. Soll ich dich zum Eingang begleiten?" Sandy nickte und sah mich an: „Es war toll, dich wieder mal zu sehen. Ich hoffe, ich kann wieder einmal vorbeikommen?" So wie er es formulierte, klang es wie eine Frage. Ich nickte und er grinste. „Es war toll mit euch", sagte Sandy an die anderen gewandt und erhob sich. „Wollen wir auch gleich gehen?", fragte Niall und ich nickte. Also verliessen wir das Zimmer und winkten den anderen zum Abschied. Liam sah mich und Sandy an: „Wollt ihr euch noch verabschieden? Unter vier Augen?" Sandy sah mich an und wir nickten gleichzeitig. „Komm Niall", sagte Liam, „gehen wir schon mal vor." Er und Niall liefen also schon weiter den Gang entlang, während Sandy und ich stehen blieben. „Wie war der Kuss?", fragte Sandy, sobald sie ausser Hörweite waren. „Unbeschreiblich", erwiderte ich und lächlte dabei so breit, dass es total bescheuert aussehen musste. „Ich finde, ihr wärt ein tolles Paar, sag es ihm", sagte Sandy lächelnd. Ich erwiderte: „Du weisst, dass das nicht so einfach ist, wie es klingt." Er nickte: „Aber auf mich hat er irgendwie einen verliebten Eindruck gemacht, allerdings einen seltsamen. Als würde er es mit aller Macht versuchen zu unterdrücken. Wahrscheinlich denkt er, dass du seine Gefühle nie erwiedern würdest." „Sicher, dass du nicht von mir redest?", fragte ich, worauf Sandy nur mit den Augen rollte. „Ich muss jetzt gehen. Wenn du willst, kann ich Niall ja sagen, dass du ihm etwas zu sagen hast." Panisch schüttelte ich den Kopf. Sandy lachte: „Keine Sorge, ich werds schon nicht machen. Deine Freunde sind überigens toll. Oder eben Nialls Freund. Jedenfalls hats Spass gemacht und ich komme gern wieder. Keine Sorge, nicht nur wegen dem Rest, auch wegen dir." Ich lächelte ihn an und wir gingen zusammen Liam und Niall hinterher. Auf halbem Weg fragte Sandy plötzlich: „Wirst du es jetzt tun?" Ich überlegte kurz: „Wenn ich es schaffe." „Schon mal ein Anfang", nickte Sandy und wir bogen um eine Ecke, um die zuvor Niall und Liam gebogen waren. Sie standen am Ende des Ganges und Liam hatte Niall die Hände auf die Schultern gelegt und schien ermutigend auf ihn einzureden. Niall nickte ab und zu, doch als wir näher kamen, verstummte Liam. Niall strahlte mich an und streckte mir eine Hand hin. Ich schloss kurz die Augen, um mich zu konzentrieren, und legte dann meine Hand in seine. Er strahlte mich noch breiter an und für dieses Strahlen hätte ich die ganze Welt geopfert, auch wenn ihn das höchstwahrscheinlich nicht zum Strahlen gebracht hätte. Liam und Sandy winkten uns noch zu und verschwanden dann, während Niall und ich langsam zu unserem Zimmer gingen. Die Stille um uns schien ausnahmsweise auch Niall nichts auszumachen. Ich glaubte, wenn wir jetzt gesprochen hätten, hätte ich keinen anständigen Satz 'rausgebracht, zu nervös machte mich Nialls Hand in meiner.

Niall

Während weitergespielt wurde, konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren, da der Kuss mir die ganze Zeit durch die Gedanken spukte. Deshalb war ich irgendwie froh, als Liam sagte, dass es für Sandy Zeit wäre zu gehen, und fragte Zayn, ob er auch käme. Wir verliessen also das Zimmer und Liam fragte Sandy und Zayn, ob sie sich unter vier Augen verabschieden wollten und sie stimmten zu. Liam und ich gingen also schon vor und, als wir ausser Hörweite waren, fragte Liam: „Du liebst ihn, oder?" Ich nickten, den Blick zu Boden gerichtet. „Und?", fragte Liam weiter, worauf ich ihn verwirrt ansah, „wann sagst du es ihm?" „Gar nicht", erwiderte ich, „wir haben sowas wie Freundschaft aufgebaut und das möchte ich nicht zerstören." Liam seufzte: „Niall, wenn man eins sieht, dann dass Zayn sich verliebt hat. Und das sieht man nur, wenn du in der Nähe bist." „Wirklich?", fragte ich. Liam nickte, drehte sich zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern: „Wirklich, Niall. Und, nur so nebenbei, wenn ich schwul wäre, hätte ich mich villeicht auch in dich verliebt. Sag das aber bloss nie Danielle." Ich grinste: „Werd ich nicht, aber Zayn ist genausowenig schwul wie du." Liam seufzte erneut: „Soll ich jetzt das klassische 'was nicht ist kann noch werden' zum Besten geben? Zayn hat nicht mit mir geredet, warum sollte er auch, aber ich bin mir ziemlich sichr, dass er mit Sandy darüber geredet hat und der hat euch beide die ganze Zeit mit so einem wissenden Grinsen angeschaut. Und als ihr euch geküsst habt, habt ihr nachher beide total glücklich ausgesehen. Nervös, aber glücklich. Und du hättest Sandys Gesicht sehen sollen. Ich hatte Angst, dass das Grinsen ihm demnächst aus dem Gesicht springen würde." Ich kicherte. Etwas weiter entfernt hörte ich Sandy und Zayn. „Niall, versprich mir, dass du es ihm sagen wirst", sagte Liam. Ich überlegte kurz: „Vielleicht nicht heute, aber okay ich werds ihm sagen." Liam lächelte und da waren Zayn und Sandy auch schon bei uns und ich streckte Zayn fragend eine Hand hin. Er nahm sie und ich strahlte. Sandy und Liam gingen in Richtung Empfangssaal und Zayn und ich liefen langsam zu unserem Zimmer. Ausnahmsweise machte mir die Stille nichts aus. Bei unserem Zimmer angekommen, konnte ich eigentlich gleich wieder umdrehen und in die Cafeteria gehen, um unser Essen zu holen. Wie schon einmal nahm ich mein Essen mit, denn ich konnte mir vorstellen, wie ich von Dan, Harry und Louis, falls er noch wach war, gelöchert wurde und darauf hatte ich keine Lust.

Zurück im Zimmer assen wir zusammen und Zayn schien die ganze Zeit mit sich zu ringen. Als ich ihn fragte, was denn sei, erwiderte er: „Nichts, alles okay." Sogar ein Blinder und Gehörloser hätte gemerkt, dass er log. Doch als ich weiterfragen wollte, schüttelte er den Kopf und ich beschloss, ihn in Ruhe zu lassen. Nach dem Essen machten wir uns bettfertig und löschten bald das Licht.

Ich lag in der Dunkelheit und versuchte einzuschlafen, doch meine Gedanke wollten sich nicht abschalten lassen. Sie kreisten um, wie könnte es anders sein, Zayn. Immer mehr begann ich daran zu zweifeln, dass Liam auch nur annähernd recht hatte. Warum sollte sich ein wundervoller, gut aussehender und kurzum perfekter Junge wie Zayn sich in mich verlieben? Ich meine, was war ich schon? Ich könnte tausend schlechte Eigenschaften von mir aufzählen, ich war zu schwach, um mit der Rizerei aufzuhören, und überhaupt könnte sich Zayn nie in einen Jungen und schon gar nicht in mich verlieben. Was bildete ich mir eigentlich ein, nur daran zu denken? Es war absurd und hoffnungslos. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich weinte, bis plötzlich Zayn fragte: „Weinst du etwa?"

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