Kapitel 10

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Verschlafen öffne ich meine Augen und werde von hellen Sonnenstrahlen geblendet.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr und muss erschrocken feststellen, dass wir  bereits zwölf Uhr haben.
Sonst schlafe ich nie so lange.
Ich höre ein Murmeln neben mir. Katniss windet sich in meinen Armen und blinzelt mir verwirrt entgegen.

»Guten Morgen.«, begrüße ich sie schmunzelnd.
»Wie viel Uhr haben wir?«
Als ich ihr die besagte Uhrzeit nenne, schlägt sie hektisch die Bettdecke beiseite und rennt ins Bad.
»So spät schon!?«

Lachend laufe ich zum Schrank und wechsele meine Jogginhose gegen eine schwarze Jeans und mein T-Shirt gegen einen dunkelblauen Pullover.
Draußen scheint bereits die Sonne, auch wenn der Himmel von einer grauen Wolkendecke überzogen ist.
Ich richte mir ein wenig meine verwuschelten Haare, die in alle Himmelsrichtungen abstehen und mache das Bett wieder ordentlich.
»Ich habe schon lange nicht mehr so tief und fest geschlafen.«, seufzt Katniss als sie aus dem Badezimmer kommt.
»Ging mir genauso.«, erwidere ich grinsend und verschwinde kurz im Bad um mir die Zähne zu putzen.
Ob die anderen auf uns warten?
Steht heute eigentlich überhaupt etwas auf unserer To-do-Liste?
Als ich fertig bin und Katniss bereits angezogen ist, verlassen wir unser Gästezimmer und begegnen, zufälligerweise, Annie auf dem Flur. In ihren Armen hält sie den kleinen Finnick, der schon putzmunter ist und mit ihren Haaren spielt.

»Einen guten Morgen euch zwei.«, begrüße ich die beiden und lächle Finnick an.
Sie seufzt erleichtert. »Guten Morgen. Zum Glück sehe ich euch! Ich muss unbedingt in die Stadt etwas besorgen. Könnt ihr derweilen auf Finnick aufpassen?«
Katniss sieht mich fragend an.
Wir haben nichts zu tun, weshalb ich mich freue auf den Kleinen aufzupassen.
»Na klar!«, entgegne ich und merke wie Annie sich sichtlich entspannt.
»Vielen Dank! Ihr seid zwei Schätze!«
Grinsend nehme ich den kleinen Finnick auf den Arm und schon wieder umhüllt mich sein Babyduft.

»In unserem Zimmer befindet sich eine blaue Tasche. Darin befinden sich Windeln, Schnuller, Tücher und Babybrei. Spielsachen liegen auf dem Tisch. Wenn etwas ist, meine Telefonnummer habe ich auf den Nachttisch hinterlassen.«, erklärt sie mir und gibt Finnick einen Kuss. »Bis dann, mein Süßer.«
Wir verabschieden uns lächelnd, bis auch Annie verschwunden ist.

»Was machen wir jetzt?«, fragt Katniss.
Ich werfe einen Blick zu Finnick, der mit dem Stoff meines Pullovers spielt.
»Wir könnten einen Spaziergang machen.«, schlage ich vor und sie nickt zustimmend.
Zusammen verlassen wir den riesen Präsidentenpalast und ich bin froh endlich wieder an die frische Luft treten zu können. Finnick haben wir noch geschwind eine Jacke übergezogen und eine Mütze, damit der Kleine sich keine Erkältung einfängt.

Wir laufen über den großen Platz. Immer wieder müssen wir anhalten, weil Finnick etwas ›interessantes‹ entdeckt, sei es ein Stein oder ein kleines Stöckchen.
»Er ist so süß!«, lacht Katniss und beobachtet ihn schmunzelnd.
Ich hebe seine Hand und helfe ihm bei den Schritten, da er ja noch nicht richtig laufen kann.
Er lässt meine Hand los, geht in die Knie und greift nach einem kleinen Stein. Ein wenig wackelig steht er wieder auf und streckt mir seine pummelige Hand entgegen. Seine grün-blauen Augen blicken mich erwartungsvoll an.

»Ist der für mich?«, frage ich.
Er lächelt und entblößt drei kleine weiße Zähnchen. Ich öffne meine Hand und er überreicht mir seinen eingesammelten Stein.
»Dankeschön!«, lächle ich und gebe ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.
Wir gehen weiter, Hand in Hand, während Katniss nebenher ebenfalls ein paar kleine Steine sammelt-, ganz zu Finnick's Begeisterung.

Irgendwann, als die Kälte bereits meinen Körper eingenommen hat und ich meine Zehen nicht mehr spüren kann, gehen wir wieder zurück. Der Spaziergang war wirklich schön und ich kann mir vorstellen öfters auf den Kleinen aufzupassen.

Auf dem Weg in unser Zimmer kommt uns Haymitch entgegen.
»Ich habe euch gesucht. Hab mich gefragt, wo ihr den ganzen Tag geblieben seid.«, begrüßt er uns und wirft einen Blick zu Finnick, der sich müde in meine Arme gekuschelt hat.
»Wir waren spazieren.«, antwortet Katniss.
Er nickt. »In zehn Minuten gibt es Essen.«
Mit diesen Worten verschwindet er wieder.
Stimmt.
Wir haben unser Frühstück ausfallen lassen. Dafür habe ich jetzt, nach dem Spaziergang, einen riesen Hunger.
Ich setze Finnick auf unser Bett ab, als dieser plötzlich anfängt zu weinen.
»Was ist denn los?«, fragt Katniss erschüttert.
Hilflos nehme ich ihn wieder auf den Arm und wiege ihn hin und her. Doch seine Schreie hören nicht auf.
»Warte, nimmst du ihn kurz?«, frage ich sie.
Sie nickt und ich übergebe den schreienden Finnick in ihre Arme.
Schnell verlasse ich unser Schlafzimmer und betrete das Gästezimmer von Annie und Finnick. Die Tasche.
Ich greife nach dem Babybrei, einem kleinen Teddy und einen grünen Schnuller.
Als ich mit vollen Armen wieder zurückkomme-, stutze ich. Katniss sitzt lächelnd auf dem Bett, wiegt den Kleinen in den Armen und summt leise vor sich hin. Ihr Blick ist so liebevoll. So weich.
Ein kleiner naiver Teil in meinem Gehirn fragt sich ob sie irgendwann, in ferner Zukunft, eines ihrer eigenen Kinder genauso in den Armen halten wird.

Moment. Was denke ich denn?

Ich schüttele schnell den Kopf um meine wirren Gedanken zu vertreiben und schließe die Tür hinter mir.
Katniss hebt den Kopf. Ein Schimmern in ihren Augen.
»Er schläft.«
Ich bin verwirrt.
Wie hat sie es geschafft ihn so schnell zu beruhigen?
Mit einem Lächeln auf den Lippen setze ich mich neben sie und betrachte den schlafenden Finnick. Er sieht so niedlich aus wenn er schläft.
»Ich lege ihn hin.«, murmelt sie und erhebt sich.
Vorsichtig legt sie den kleinen Finnick in unser Bett, bettet seinen zierlichen Kopf auf ein Kissen und deckt ihn zu.

Ob ich eines Tages auch Kinder haben werde?

Schluss jetzt.
Meine Gedanken sind völlig absurd und viel zu früh, da ich noch mein ganzes Leben vor mir habe.
Aber insgeheim wünsche ich mir Kinder.
Mit der richtigen Frau an meiner Seite.
Gedankenverloren werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Ich beobachte die Sonne, die hin und wieder mal zwischen den Wolken hindurch scheint.

»Peeta?«

Ihre Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.

»Hm?«

»Alles in Ordnung?«, fragt sie und sieht mich aufmerksam an.
»Ja klar, alles in Ordnung.«, winke ich lächelnd ab.
»Wir können nicht beide zum Mittagessen wenn Finnick hier schläft. Einer muss auf ihn auspassen.«
Stimmt. Ob Annie noch lange braucht?
Wir haben den ganzen Tag noch nichts gegessen und gerade jetzt brauche ich etwas Warmes in meinem Bauch.
Mir kommt ein verrückter Gedanke.

»Wir können Haymitch fragen.«, schlage ich vor.
»Haymitch?«, erwidert sie ungläubig.  »Der Haymitch? Das ist nicht dein Ernst, Peeta. Womöglich gibt er dem Kleinen Ausversehen noch Wodka anstatt Babybrei.«
Ich beiße mir unschlüssig auf die Lippe.
»Du hast Recht. Geh du Mittagessen, ich passe auf ihn auf.«
Sie bleibt missmutig vor mir stehen und zieht eine Augenbraue nach oben.
»Und du?«
»Ich kann danach noch etwas essen gehen.«
Sie gibt wiederwillig nach. »Na schön. Aber nur wenn es dir nichts ausmacht.«
Ich nicke bestätigend. Katniss scheint überzeugt zu sein.
»Bis gleich.«
Ich warte bis sie verschwunden ist, ehe ich mich neben den kleinen Finnick lege und mich unter die Decke kuschele.
Er seufzt im Schlaf immer mal wieder auf und gibt ein kleines süßes Schmatzen von sich.
Erschöpft schließe ich meine Augen und nehme nur am Rande wahr, wie mich die Müdigkeit überrollt ...

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