Kapitel 33

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Peeta's POV



»Gale?«, frage ich geschockt und verharre augenblicklich in meiner Position.

Was macht er hier? Und wie zur Hölle kommt er hier rein?

»Peeta.« Seine Stimme klingt tief und rau.
Er ist größer geworden, stärker und erwachsener. Ich würde ihn auf Mitte zwanzig schätzen, auch wenn ich weiß, dass er gerade mal ein Jahr älter ist als ich.

»Was machst du hier?«, möchte ich wissen und mustere ihn prüfend.

Seine Aufmerksamkeit richtet sich auf etwas hinter mir und als ich mich umdrehe, blicke ich in das entsetzte Gesicht von Katniss.

»Gale?«, entfährt es ihr.

Seine Augen weiten sich, er blinzelt einige Male, bevor er sich wieder gesammelt hat.

»Ich wollte euch nicht ... wecken.« Seine Augen huschen zu mir und ich meine soetwas wie ... Neid in ihnen aufblitzen zu sehen?

Das Fenster steht offen, zerbrochenes Geschirr befindet sich auf dem Boden und frischer Wind weht hinein, der mich frösteln lässt.

»Nicht wecken?«, ruft Katniss und macht einen Schritt auf ihn zu. »Was hast du hier zu suchen, Gale?!«

Er fährt sich aufgebracht durch seine dunklen, beinahe schwarzen Haare und schließt leise das Fenster hinter sich.

»Ich musste dich sehen.«

Mein Kiefer spannt sich an und automatisch ziehe ich Katniss in meine Arme.
Ich muss zugeben, ich bin nicht sonderlich erfreut ihn zu sehen.
Vor allem mitten in der Nacht.

»Ein Jahr ist vergangen, Gale. Ein Jahr. Und jetzt tauchst du auf, obwohl ich dir damals deutlich gemacht habe, dich nicht mehr sehen zu wollen?« Ihre Stimme zittert und ihre Augen glänzen bedrohlich.

Sie versucht sich nichts anmerken zu lassen, aber ich sehe, wie sehr sie diese Situation zu schaffen macht.

»Es tut mir Leid, aber ich muss mit dir ... mit euch ... reden. Bevor es zu spät ist.«

Er kommt auf uns zu, bleibt unvermittelbar vor uns stehen und sieht Katniss intensiv an.

»Ich hatte keine Zeit mehr und es tut mir Leid dass ich mitten in der Nacht bei euch einbreche, aber den Umständen entsprechend bleibt mir keine andere Wahl.«, fügt er leise hinzu.

»Was für Umstände?«, frage ich kühl.

»Das ist ... kompliziert. Aber in Distrikt 2 gab es weitere Anschläge.«

»Anschläge?« Katniss sieht ihn entsetzt an, unterbewusst klammert sie sich an mir fest. »Aber in den Nachrichten ...«

»Das Kapitol verheimlicht euch viele Dinge, Katniss.«, unterbricht er sie harsch. »Sie wollen das Land nicht unnötig in Panik versetzen.«

»Was für Dinge? Was geht hier vor?« Aufgebracht stößt sie einen Seufzer aus und verschränkt ihre eiskalte Hand mit meiner.

»Können wir morgen darüber sprechen? Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, Gale. Dazu mitten in der Nacht.«, werfe ich ein.

Katniss wirft mir einen fassunglosen Blick zu. »Du willst bis morgen damit warten? Peeta, ich kann jetzt unmöglich schlafen, ich ...«

»Die Zeit rennt uns nicht davon.«, besänftige ich sie. »Zumindest was diese Sache angeht. Morgen können wir alles in Ruhe klären.«

Sie zögert, wirft einen kurzen Blick zu Gale, der uns stumm beobachtet, und nickt langsam. »Ja, vermutlich hast du Recht.«

»Möchtest du auf dem Sofa schlafen?«, wende ich mich an Gale und zwinge mich dazu, ihm fest in die Augen zu sehen.

Ich weiß nicht warum ich plötzlich so eine Abneigung gegen ihn empfinde.
Schon früher hatte ich ihn nicht sonderlich ausstehen können, aber nun, als er wie aus dem Nichts aufgetaucht ist, ist mir seine Nähe äußerst unangenehm.
Bin ich womöglich eifersüchtig?
Könnte gut sein, auch wenn ich weiß, dass es keinen Grund dazu gibt.

»Wenn es euch nichts ausmacht.«, reißt mich Gale's Stimme aus meinen Gedanken.

Katniss neben mir mustert ihn eingehend und schüttelt den Kopf, als würde sie irgendeinen Gedanken vertreiben.

»Ich gehe nach oben, entschuldigt mich bitte.«

Mit diesen Worten lässt sie uns stehen und verschwindet aus der Küche.
Besorgt blicke ich ihr nach, unschlüssig, ob ich ihr nachgehen soll.

»Wusste ich es doch.«, lacht Gale plötzlich und sieht mich an.

Verwirrt runzele ich die Stirn. »Was?«

Er seufzt. »Das sie nicht ohne dich kann.«

»Ich weiß nicht was du meinst.«

»Es überrascht mich nicht sonderlich dass ich dich in ihrem Haus antreffe. Es ist viel Zeit vergangen und mir ist klar, dass sie sich für dich entschieden hat, schon lange vorher.«

Ich werde aus seinen Worten nicht schlau. Warum fängt er plötzlich damit an?

»Es ist spät, Gale. Lass uns morgen weiterreden.«, beende ich abrupt das Thema und führe ihn ins Wohnzimmer.

Er folgt mir ohne Wiederworte.

»Hier kannst du die Nacht schlafen.« Ich zeige auf das Sofa.

Schweigend läuft er an mir vorbei, schält sich aus seiner Jacke und schmeißt sie irgendwo achtlos hin.
Kopfschüttelnd drehe ich mich um und laufe die Treppe hinauf nach oben.
Was passiert hier?
Momentan scheint das Glück definitiv nicht auf unserer Seite zu sein und ausgerechnet heute, mitten in der Nacht, taucht die Person auf, mit der ich am allerwenigsten gerechnet habe.



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