Kapitel 24

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Ich spüre wie mein Herz für einen kurzen Moment stehen bleibt, ehe die Panik vollständig Kontrolle über meinen Körper nimmt.

»Peeta!«, schreit Katniss.
Ich sehe nur noch ihr verängstigtes, tränenverschleiertes Gesicht, ehe sie vollständig aus meiner Sicht verschwindet. Ich versuche mich an den schreienden Menschen vorbeizudrängen, doch ich werde achtlos zur Seite geschubst und ein Mann rammt mir seinen Ellenbogen in die Seite. Ich schnappe nach Luft, werde jedoch immer mehr nach unten gedrückt.

Luft. Ich bekomme kaum Luft.

Meine Hände fangen an zu zittern. Als ich einen heftigen Stoß im Rücken spüre, verliere ich das Gleichgewicht und falle zu Boden. Füße trampeln über mich hinweg, verursachen kleine, aber brennende Wunden auf meinen Armen und Beinen und lassen mich vor Schmerz aufstöhnen.
Katniss. Ich muss sie irgendwie finden.
Noch ein Knall ertönt und erst jetzt bemerke ich das Feuer, dass sich um das Justizgebäude züngelt. Es steht in Flammen.
Beißender Rauch durchzieht die Luft und ich bekomme, mit jedem Atemzug, keine Luft mehr.

Du musst aufstehen, Peeta.

Schwerfällig versuche ich mich aufzurichten, doch immer wieder werde ich von der panischen Menge auf den Boden gedrückt.

Du schaffst das.

Plötzlich packt mich eine Hand am Kragen und zieht mich auf die Beine.
Verwirrt sehe ich auf und blicke in das rußbedeckte Gesicht eines jungen Mannes.
Für den Bruchteil einer Sekunde blicken wir uns einfach nur an, ehe er mir kaum merklich zunickt und in der Menge verschwindet.
Er hat mir geholfen, obwohl er mich nicht kannte und trotzdem konnte ich mich nicht mal bei ihm bedanken.

Von den Ereignissen noch immer erschüttert, laufe ich mit der Menschenmasse mit, halte Ausschau nach Katniss, doch ich kann sie nirgendswo finden. Der Rauch wird immer dichter und schon jetzt fühlt sich meine Lunge ausgetrocknet an.

Auf einmal spüre ich ein Beben unter mir.

Die ganze Erde erzittert und ehe ich mich versehe, brechen Teile des Justizgebäudes ab und fallen auf den rauen trockenen Asfalt. Schreie hallen durch die Luft und ein paar Leute werden unter den gefährlichen Trümmern begraben.
»Katniss!«
Mein Ruf geht in der Menge unter. Ganz egal, wie laut ich schreie.
Hilflos bleibe ich stehen, drehe mich im Kreis und versuche unter all den schreienden und weinenden Menschen Katniss' Gesicht auszumachen.

Keine Spur von ihr.

Mein Herz zieht sich zusammen. Sie muss irgendwo hier sein.
Ich renne weiter. Das Adrenalin in meinem Körper überlagert all meine Sinne. In diesem Moment ist es nur meine Aufgabe Katniss zu finden.
»Katniss!«
Die Menge löst sich langsam auf, die Flammen werden immer größer und auch die Schreie verstummen allmählich.

Katniss.

Panisch drehe ich mich abermals im Kreis, sehe in die Gesichter sterbender Menschen und weinender Kinder, die völlig hilflos am Boden knien.
Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich fahre herum, in der Hoffnung Katniss' Gesicht vor mir zu sehen, doch es ist nur ein älterer Mann dessen grauen Augen mich hilflos anblicken.
»Ich brauche Ihre Hilfe, bitte, meine Frau steckt in den Trümmern fest!«
Schweigend starre ich ihn an, unfähig mich zu bewegen.
»Bitte, helfen Sie mir!«
Schuldgefühle kommen in mir auf. Wie gerne ich diesem Mann helfen würde.
Aber ich muss Katniss finden. Sie ist das Einzige, was in diesem Moment zählt.

Und ich hasse mich selbst dafür, dass ich bloß den Kopf schüttele, mich umdrehe und den verzweifelt schreienden Mann hinter mir stehen lasse.
Tränen der Verzweiflung schießen mir in die Augen. Wie kann es sein dass innerhalb von Minuten solch ein grausames Szenario ausbricht?

Mit Tränen verschleierter Sicht blicke ich auf die vielen sterbenden Menschen und die Verletzten, die hilflos am Boden liegen.
Und noch immer fehlt jede Spur von Katniss. Was ist, wenn es zu spät ist? Sie bereits unter den Trümmern begraben liegt?

Nein, dass darf einfach nicht sein.

Schluchzend knie ich mich auf den Asfalt, ignoriere das Feuer und die vereinzelten hilflosen Schreie hinter mir und blicke in den grauen Himmel hinauf.
Regentropfen landen in mein Gesicht und in diesem Augenblick fühle ich mich schwach. Hilflos.
Der Platz hat sich in ein einziges Massengrab verwandelt.
Und noch immer fehlt jede Spur von Katniss.

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