Kapitel 11

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»Peeta«

Verwirrt schlage ich meine Augen auf und blicke in liebevolle eisgraue Augen.
Katniss.
»Ich hab dir Essen mitgebracht.«
Schwerfällig richte ich mich auf und reibe mir den Schlaf aus den Augen.
Bin ich tatsächlich weggenickt?
Der Duft von Reis und Hünchen steigt mir in die Nase. Mein Magen knurrt.
Doch die Bettseite neben mir ist leer.
»Wo ist Finnick?«, frage ich iritiert.
Sie lächelt.
»Annie war vorhin hier und hat ihn abgeholt.«
Ich nicke. Vielleicht ein wenig enttäuscht.
»Hier.«
Sie hält mir den Teller mit frischem Reis, Hünchen und einer weißen Cremesoße vor die Nase.
»Danke.«, erwidere ich und beginne das leckere Gericht am kleinen Tisch, direkt neben dem Fenster, zu essen. Draußen fängt es schon an leicht zu dämmern.
Gierig schlucke ich die Bissen hinunter und verbrenne mich an den heißen Soße.
»Hat da jemand Hunger, ja?«, zieht mich Katniss auf und lacht amüsiert.
Ich werfe ihr einen Blick zu. »Hmm.«
Grinsend verschwindet sie im Bad, während ich mein Essen in Rekordgeschwindigkeit verputze.
Zufrieden lehne ich mich zurück und bringe das Geschirr weg.
Als ich wiederkomme, steht Katniss nur in Handtuch bekleidet vor dem Kleiderschrank.
Ich räuspere mich. »Klopf klopf.«
Ein Schrei entfährt ihren Lippen. Beinahe lässt sie ihr Handtuch fallen, umklammert es aber noch in letzter Sekunde. Ihre Wangen laufen rot an.
»Peeta? Ich dachte du bist noch weg.«

Peinlich berührt versteckt sie sich hinter der Tür des Kleiderschrankes.
Ich schmunzele. »Dann komm ich ja im richtigen Moment, hm?«
Sie streckt ihren Kopf hervor. »Beim nächsten Mal könntest du anklopfen.«
»Hab ich doch!«
»Richtig anklopfen.«
Wenn sie möchte dass ich bei unserem eigenen Gästezimmer anklopfe, dann sei es eben so.
»Okay.«, seufze ich und fische mir ein Handtuch aus dem Schrank.
Katniss versucht ihre Verlegenheit zu überspielen, aber mir kann sie nichts vormachen.
»Ich geh duschen.«, teile ich ihr mit und verschwinde im Badezimmer.

Ein wenig unangenehm war die Situation schon ...

Ich entledige mich meiner Klamotten und steige unter die Dusche. Zwar besitzen wir in dem höchst modernen Bad auch eine Badewanne, aber ich bevorzuge es lieber zu duschen.
Das heiße Wasser tut mir gut. Es wirkt beruhigend und verschafft mir einen klaren Kopf. Pfeifend schäume ich meinen Körper mit Duschgel ein.

Nachdem ich fertig bin, steige ich aus der Dusche und trockne mich mit dem Handtuch ab. Meine Haare tropfen an mir herab und wirken, jetzt wo sie nass sind, beinahe schwarz.
Ich binde mir das weiße Handtuch lässig um die Hüften und betrete das Schlafzimmer. Meine Klamotten befinden sich im Schrank.
»Du warst aber schnell, ich-« Katniss hält inne, als sie mich sieht.
Ihr Blick wandert an mir herab und bleibt, letztenendes, auf meinem Oberkörper hängen.
Ihre Wangen färben sich abermals rot.
»D-du solltest dir etwas anziehen.«, stammelt sie und reißt ihren Blick von mir los.
»Bin ich gerade dabei.«, grinse ich und streife mir schnell was über.
Sie sieht schnell weg.
»Weißt du, wir teilen uns zwar ein Zimmer, aber das heißt nicht das wir hier nackt herumrennen müssen.«, sagt sie bestimmt, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
»Du hast doch gar nichts gesehen?«, entgegne ich.
»Ja, aber das ist schon frei genug.«, erklärt sie zögernd.
Ich schüttele schmunzelnd den Kopf. .

»Du darfst also halb nackt herumrennen und ich nicht?«

»Peeta-«

»Ist ja nicht so das ich viel gesehen hätte, aber wenn du dich freier und wohler damit fühlst-«

»Peeta!«, unterbricht sie mich empört und funkelt mich an. »Ich renne nicht halb nackt herum!«

»Und was war das dann vorhin?«

Sie schweigt und starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an.
»Können wir das Thema wechseln?«
Ich sehe ihr an wie unwohl sie sich fühlt.
Schade.
Ich hätte sie gerne noch weiterhin ein wenig aufgezogen.
»Okay.«, gebe ich mich wiederwillig geschlagen.
Sie seufzt und wirft einen kurzen Blick auf die Uhr.
»In einer Viertelstunde gibt es Abendessen.«
»So schnell schon?«
Sie lächelt. »Du hast ziemlich lange geschlafen, Mr. Mellark.«
Als sie mich beim Nachnamen nennt muss ich schmunzeln.
»Ach, ist das so, Mrs Everdeen?«

Ein leises Klopfen an der Tür unterbricht uns.
»Herein!«, rufen wir beide gleichzeitig.
Die Türklinke wird nach unten gedrückt und herein kommt, niemand anderes, als Haymitch. In der Hand eine halb volle Flasche Alkohol.
»Ich dachte du wärst auf Entzug?«, seufze ich enttäuscht.
Er zuckt mit den Schultern. »In Distrikt 12, ja. Im Kapitol, nein.«
Das war ja natürlich klar.
Ich trete nach draußen auf den Flur, schließlich fängt das Abendessen bald an. Zu dritt laufen wir zum großen Speisesaal und setzen uns auf unsere Plätze.
Annie und Finnick sind auch schon da.
Ein Lächeln huscht über mein Gesicht.
Der kleine Finnick quaselt aufgeregt als er mich bemerkt. Auf Babysprache, natürlich.
»Danke, übrigens. Ihr habt mir echt einen Gefallen getan.«, spricht Annie mich an und lächelt dankbar.
Ich winke ab. »Das ist doch klar. Wir passen gerne auf den Kleinen auf.«
Ihre Augen strahlen. »Ja? Das freut mich. Finnick scheint euch beide ziemlich zu mögen.«
Gerade als ich etwas ansetzen möchte, werde ich von Paylor unterbrochen.
»Darf ich kurz um eure Aufmerksamkeit bitten?«, ruft sie.
Am Tisch wird es still. Ein höfliches Lächeln kennzeichnet sich auf ihren Lippen ab.
»Ich möchte nur darauf hinweisen das morgen die Feier stattfindet. Um Punkt zwei Uhr. Wer vorher da sein möchte kann gerne kommen. Ich werde eine kleine Ansprache halten. Den Rest des Ablaufes seht ihr ja dann morgen.«

Feier. Menschen. Kameras.

Ich möchte das alles so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Es vergessen und wieder nach Distrikt zwölf zurückkehren. Auch wenn ich mich von Effie, Annie und Finnick verabschieden muss.
Ich werfe einen vorsichtigen Blick zu Katniss die in Gedanken versunken zu sein scheint.

»Peeta, Katniss«, fährt Paylor fort.  »Euch beide möchte ich später ganz kurz sprechen.«
Ich zwinge mir ein Lächeln auf die Lippen. Ein Gespräch mit Paylor.
Vermutlich möchte sie uns nur nochmal daran erinnern uns so höflich wie es geht vor den Kameras zu präsentieren.
Das ganze Essen über unterhalte ich mich mit Effie, die mir irgendeine neue Branche in der Mode erzählt.
Nur Katniss ist diejenige die schweigt.
Irgendetwas stimmt nicht.

Als das Essen fertig ist und der Speisesaal sich größtenteils leert, bis auf Plutarch, bittet uns Paylor in ihr Büro.
Katniss und ich folgen ihr in einen großen, mit Regalen versetzen Raum. Haufenweise Bücher und Mappen, die geordnet in den Regalen verstaut sind.
Präsidentin Paylor zeigt auf ein kleines rotes Sofa, auf dem wir Platz nehmen. In ihren Händen hält sie mehrere Papiere.
»Ich möchte mit euch über eine Kleinigkeit sprechen.«, fängt sie an zu reden und streicht sich ihren Rock glatt.
»Wenn wir auf der Feier irgendwelche Reden übernehmen müssen, dann willige ich nicht ein.«, murmelt Katniss und starrt grimmig auf ihre Hände.
Ich sehe sie an. »Ich kann die Reden übernehmen, Katniss.«
Sie sieht nicht auf. Keine Antwort.
Was ist denn auf einmal los?
»Nein, keine Reden.«, wirft Paylor ein. »Das verlange ich gar nicht von euch.«
»Sondern?«, erhebt Katniss und sieht sie herausfordernd an.
»Katniss.«, zische ich.
»Schon gut.«, lächelt Paylor nachsichtig. »Ich möchte euch nur um etwas bitten. Natürlich werden auch Kameras aufgestellt sein. Ihr müsst keine Reden oder Ansprachen halten, sondern einfach nur die Gäste begrüßen. Manche werden auf euch zukommen und Fragen stellen. Ich will nur dass ihr Bescheid wisst.«

Die Gäste begrüßen. Mehr nicht?
Ich hatte es mir wesentlich schlimmer vorgestellt.
»Können wir dann gehen?«, fragt Katniss missmutig.
»Eine Sache noch.«, hält uns Paylor auf.
Sie zieht die Brauen zusammen, legt die Papiere auf den kleinen Tisch vor dem Sofa ab und lehnt sich zurück.
Die Papiere zeigen Bilder. Wie Katniss und ich mit Finnick spazieren gegangen sind. Auf einem Bild halten Katniss und ich den Kleinen an den Händen. Links und rechts. Lachend.
Die Fotos sind aus einer anderen Perspektive geschossen worden. Versteckt, so, als wolle derjenige, der geschossen hat, nicht das wir ihn sehen.
»Die Bilder sind in den Medien aufgetaucht.« , erklärt Paylor. »Die Außenwelt hält Finnick für euren Sohn.«

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